Frankfurter „Fridays“ wollen die Mainova vergesellschaften

Die „Fridays for Future“ ziehen in Frankfurt gegen Kohle- und Gasverbrennung zum Heizkraftwerk. Aktivistinnen aus Kolumbien sind da und haben zwei Anliegen.
Frankfurt - Es ist ein vergleichsweise kleiner Demonstrationszug, der sich am Mittwochabend vom Willy-Brandt-Platz auf den Weg zum Heizkraftwerk im Gutleut macht. Eher klein für „Fridays-for-Future“-Verhältnisse. Aber es gibt Konkurrenz, weitere Kundgebungen in der Stadt – und es ist eben diesmal kein Freitag.
Einige Dutzend Leute sind es trotzdem und sie wollen darauf aufmerksam machen, dass die Energiewende klimafreundlich sein muss, wie eine Fridays-Sprecherin sagt: „Aber hier wird von der Mainova mit Kohle und Gas unsere Zukunft verheizt.“
Daher führt der Zug diesmal zum Kraftwerk der Energieversorgerin, daher gelte es, laut zu sein. „Jetzt noch fossile Strukturen aufzubauen, ist reiner Wahnsinn“, sagt die Sprecherin und meint den geplanten Umbau von der Kohle- zur Gasverbrennung. „Das bedeutet, dass der globale Süden weiter ausgebeutet wird“, sagt ein Sprecher.
Frankfurter „Fridays“ wollen Lage der Menschen in Kohleabbaugebieten verbessern
Gemeinsam mit Alexis Passadakis (Attac) fordert „Fridays für Future“, die Mainova zu vergesellschaften, um nur den Menschen zu dienen und nicht mehr den Profiten der Aktienbesitzer, und dass die Menschen entschädigt werden, die unter dem Rohstoffabbau zu leiden haben.
Aus Kolumbien sind Hilda Arrieta und Diana Alvarez nach Frankfurt gekommen – nicht nur, um an der Demo teilzunehmen und später im Saalbau Gutleut über Kohleabbau und Menschenrechte zu sprechen. Sie bereisen mehrere Städte in Europa. In Berlin werden sie Bundestagsabgeordnete treffen und am 25. Mai wollen sie mit Aktionärinnen und Aktionären des Schweizer Rohstoffhandelsgiganten Glencore ins Gespräch kommen.
Ihr Anliegen: die Lage der Menschen in den Kohleabbaugebieten verbessern. Im kolumbianischen Cesar, berichtet Hilda Arrieta, sei eine Mine 2020 abrupt geschlossen worden – wegen Corona, sinkender Weltmarktpreise, und weil eine indigene Bevölkerungsgruppe dagegen gekämpft habe, dass das Bergbauunternehmen Förderabfall in ihr Naturschutzgebiet kippt. Ein Sozialplan zur Schließung für die Jahre 2028 bis 2035 sei damit hinfällig geworden, sagt die Aktivistin und Mitgründerin eines Frauennetzwerks.
„Fridays for Future“ in Frankfurt: Neokolonialismus beklagt
Das übereilte Ende der Kohlemine habe katastrophale Folgen für Zehntausende in der Region, die direkt oder indirekt von Entlassungen betroffen seien. Die Frauen, oft alleinerziehende Mütter, hätten keine andere Wahl als die Prostitution; die Männer rutschten häufig in den Drogenkonsum ab. Hilda Arrieta und ihre Mitstreiterinnen wollen ein Frauenhaus eröffnen – sie hoffen auf Unterstützung auch aus Frankfurt.
Seit dem vergangenen Jahr sei eine Grundrechtsklage anhängig, sagt Diana Alvarez von der Menschenrechtsorganisation Tierra Digna. Ein runder Tisch mit Abgesandten von Politik, Gewerkschaften und Unternehmen sollte Wege suchen, das Ende des Kohleabbaus sozial zu gestalten. „Bisher hat der runde Tisch kein einziges Mal getagt“, sagt Alvarez. Die Mitglieder seien stattdessen bedroht worden – auch sie.
Was Kolumbiens Bergbauindustrie erlebe, sei Neokolonialismus, beklagen die Aktivistinnen gemeinsam mit Attac und „ Fridays for Future“. Die reichen Staaten beuteten die Ressourcen der armen aus – und wenn man sie nicht mehr benötige, würden die Menschen fallengelassen. Aber es gehe nicht nur darum, sagt Alvarez. „Wir verlieren den Bezug zur Natur.“ Die Menschen zögen der Erde auf der Jagd nach Profiten das Herz heraus. „Wir wollen die Herrschaft über das eigene Leben zurück“, sagt Alvarez, auch und gerade im sozialverträglichen Übergang von der Kohlenutzung hin zu erneuerbaren Energiequellen.
„Nur wenn wir zusammenhalten, können wir etwas erreichen“, sagt Hilda Arrieta. Eine Entschädigung seitens der Mainova für die Jahre, in denen sie kolumbianische Kohle genutzt habe, sei ein Schritt dorthin. (Thomas Stillbauer)