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Frankfurter Feldhamster for Future

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Von: Thomas Stillbauer

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Auf geht’s, Ilse. Raus aus der Transportbox, rein ins Feld. Der Käfig ist gleich weg.
Auf geht’s, Ilse. Raus aus der Transportbox, rein ins Feld. Der Käfig ist gleich weg. © Renate Hoyer

Die Stadt und die Naturschutzorganisation HGON wildern 13 Nager aus, der Biodiversität zuliebe. Aber erst mal nach Geschlechtern getrennt – aus gutem Grund.

Feldhamsterauswilderung – eine spannende und wichtige Sache für die Artenvielfalt. Ein gutes Dutzend Menschen und sieben Feldhamsterdamen beteiligen sich am Montag, dem internationalen Tag der Biodiversität, daran. Erleben Sie es hier noch einmal mit.

Die These: Ein Feldhamster will frei sein. Nähert man ihn einem eigens gebohrten Loch auf einem eigens vom Landwirt bereitgestellten Feld, wird er unverzüglich darin verschwinden und fortan glücklich leben.

Feld und Loch gehören zum Bickelhof an der Grenze zwischen Bergen-Enkheim und den unendlichen Weiten der Wetterau. Die sieben Kandidatinnen bringt die AG Feldhamsterschutz der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) mit – gut gekühlt, witzelt jemand, denn es ist heiß. Volker Rothenburger, der Chef der Unteren Naturschutzbehörde, freut sich trotz der Hitze, „weil wir etwas für eine der Frankfurter Verantwortungsarten tun“. Es gelte, den Blick auf die biologische Vielfalt zu richten.

Zu dieser Vielfalt zählen zweifellos Lilly, Ilse, Marie, Frauke, Johanna, Rabea und Caro, die sieben Feldhamsterinnen. Wieso ein reines Frauenteam am ersten von zwei Auswilderungstagen? „Wir haben hier ein Männchen auf der Fläche“, sagt HGON-Tierärztin Julia Heinze, „das soll zum Zuge kommen, bevor wir die anderen bringen.“ Zumal der Herr Hamster der letzte Überlebende einer zuvor ordentlichen Population ist. Die Umstände sind ernst, der Lebensraum wird knapper. Wir müssen helfen.

Die Tat. Julia Heinze packt Lilly in eine Transportbox. Ihre Kollegin, die HGON-Biologin Valentina Baumtrog, nimmt Ilse in ihre Obhut. In zwei Gruppen ziehen Naturschützerinnen, Hamsterinnen und Presse ins Feld, immer im Gänsemarsch, um nicht zu viel Getreide plattzutreten.

BOTEN DER VIELFALT

Insgesamt 13 Feldhamster wildern die Stadt und die Naturschutzorganisation HGON auf Feldern des Bickelhofs in Bergen-Enkheim aus. Sieben sind bereits seit Montag dort, sechs folgen an diesem Dienstag.

Die Tiere sollen helfen, die Feldhamsterpopulation wieder zu stärken, für die Frankfurt wegen der hiesigen traditionellen Vorkommen eine besondere Verantwortung hat. Feldhamster sind wegen der oft intensiven Landwirtschaft vom Aussterben bedroht. ill

Ilse findet alles hochinteressant. Die vielen Leute, die sie anglotzen, ihren Käfig über dem Loch im Boden, die grünen Getreidehalme – nur nicht das Loch, in dem sie verschwinden soll. Valentina Baumtrog hat extra Futter hineingegeben, eine delikate Körnermischung, frisches Obst und Gemüse. Aber Ilse will nicht. Nach fünf Minuten Katz-und-Maus-, Pardon, Hamster-und-Mensch-Spiel taucht sie endlich in die Erde unter. Und eine Minute später wieder auf. Erst im Käfig, dann plötzlich außerhalb des Käfigs, dann ist Ilse weg, über alle Halme. Ein Hase galoppiert vorbei. Natur ist Sheriff.

Die Erkenntnis: Ja, Feldhamster wollen frei sein, aber sie wollen selbst bestimmen, wie. Lilly ist in der Parallelzeremonie ein paar Meter weiter nämlich ebenso ausgebüxt. Macht aber nichts. Die Tiere werden in nächster Zeit aufmerksam beobachtet, einige tragen Senderhalsbänder, einmal monatlich will die AG sie einfangen und wiegen (wenn die Hamster Lust dazu haben).

Ein Spaß ist das alles nicht. Nur Bergen-Enkheim hat in Frankfurt noch Feldhamster, sagt Rothenburger; Vorkommen am Riedberg, in Zeilsheim und Sindlingen seien zuletzt verlorengegangen. Eine Wiederansiedlung im Landkreis im vorigen Jahr macht aber Mut: Die zwölf ausgewilderten Tiere hätten inzwischen 46 Nachkommen – mindestens, meldet die HGON.

Na dann, Obacht vor dem Fuchs, liebe Frankfurter Hamster, und frisch ans Werk. Kandidatin Frauke schlüpft denn auch brav ins Loch. Flutsch – weg ist sie. „Hamster eingepflanzt“, sagt Valentina Baumtrog. Sechs weitere folgen an diesem Dienstag.

Tierärztin Julia Heinze und eine weitere Kandidatin.
Tierärztin Julia Heinze und eine weitere Kandidatin. © Renate Hoyer

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