Frankfurter Fastnachtszug: Nicht nur Spaß auf der Gass

Der Frankfurter Fastnachtszug kehrt am Sonntag zurück in die Innenstadt, samt Bonbons, Musikzügen und einer dosierten Portion gesellschaftlichen Wandels.
Die Vorfreude ist ihnen deutlich anzumerken. Wie kleine Jungs führen sie am Dienstag durch ihre Pressekonferenz zum Fastnachtsumzug am kommenden Sonntag. Unruhig rutschen sie auf ihren Plätzen hin und her, werfen sich die metaphorischen Bälle zu und reißen auch mal einen schwächeren Witz. Es sei ihnen verziehen. Immerhin hat der Große Rat der Frankfurter Fastnacht, der Dachverband der hiesigen Vereine und selbst Ausrichter von Umzug und Veranstaltungen, seit fast drei Jahren nicht mehr richtig gefeiert. Nun setzt er sich aber wieder in Bewegung, der große Fastnachtszug durch die Innenstadt. Offizieller Start: Sonntag, 12.21 Uhr, am Westhafen.
Die Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH (FES) stellt für die Präsentation ihren Sitzungsraum am nördlichen Günthersburgpark zur Verfügung. Sie ist ja auch Teil des Spektakels am Sonntag. Dabei stellt sie nicht nur einen Motivwagen. „Wir haben ja einen Auftrag, Abfallberatung und Öffentlichkeitsarbeit zu machen“, erklärt FES-Geschäftsführer Benjamin Scheffler. Da biete ein großer Umzug eine gute Bühne. Die FES wird werben für Recycling, für Müllvermeidung, „für unsere Themen“. Den größten Auftritt hat sie aber am Ende des Zuges: „Ratzfatz die Gass wieder sauber machen“, sagt Scheffler.
Scheffler ist übrigens auch Teil der prinzlichen Allianz. So nennt sich der Pool der wichtigsten Sponsoren. Dazu zählen Pina Keffel vom Nordwestzentrum. „Wir fahren wieder mit dem großen Dinowagen mit“, schwärmt sie. Und die Festhalle Hausmann.
Den Wert der prinzlichen Allianz bringt Axel Heilmann, Präsident des Großen Rats, griffig auf den Punkt: „In Frankfurt muss der Zug nicht abgesagt werden, wie an manch anderem Ort.“ Die Bürgerinnen und Bürger hätten sich das verdient, vor allem die Kinder. Dafür biete man die größte Veranstaltung in Frankfurt, sagt Heilmann. „Da kommt kein Marathon und kein Iron Man heran.“
Ein Tusch für den Verkehr
Die Frankfurter Innenstadt ist am Sonntag, 19. Februar, von 9 bis 18 Uhr für den Fastnachtszug für Fahrzeuge gesperrt, auch für die der Anlieger. Das Halteverbot gilt für den ruhenden Verkehr bereits ab 5 Uhr in der Frühe, ab 5.30 Uhr schleppt die Polizei ab.
Der Zug formiert sich am Untermainkai, Unter der Friedensbrücke, Speicherstraße, Westhafen. Die Zugstrecke verläuft entlang der Route Untermainkai – Neue Mainzer Straße – Friedensstraße – Kaiserstraße – Roßmarkt – Katharinenpforte – Bleidenstraße – Töngesgasse – Fahrgasse – Battonnstraße – Kurt-Schumacher-Straße – Fahrgasse – Braubachstraße – Römerberg. Aufgelöst wird er dann am Mainkai (rechts und links).
Die meisten U-Bahn-Linien bieten von Donnerstag, 16., bis Dienstag, 21. Februar, mehr Platz durch zusätzliche Wagen. Am Sonntag, 19. Februar, fährt die U3 von 11 bis 19 Uhr im Viertelstundentakt vom Südbahnhof zur Oberurseler Hohemark. Die Tramlinie 12 verkehrt von etwa 11 bis 18 Uhr alle 7,5 Minuten zwischen Schwanheim und Willy-Brandt-Platz, die Linie 16 zwischen Offenbach und Hauptbahnhof. Auch die Buslinien 30 und 51 fahren ab 11 Uhr im dichteren Takt.
Wegen der Straßensperrungen in der Innenstadt werden einzelne Linien umgeleitet oder unterbrochen: Die Tramlinien 11, 12, 14 und 18 verkehren in der Innenstadt von etwa 6 bis 18 Uhr nur eingeschränkt, insbesondere die Altstadtstrecke kann nicht befahren werden. Die Linie 11 aus Fechenheim fährt ab Ostbahnhof als Linie 14 zum Ernst-May-Platz und zurück. Der Ebbelwei-Express bleibt im Depot. Die Metrobuslinie 36 fährt von etwa 6 bis 19 Uhr nur zwischen Hainer Weg und Südbahnhof sowie zwischen Westbahnhof und Konstablerwache. Die Linie 33 nimmt ihren Betrieb erst nach 16 Uhr auf. sky
Der Rat erwartet um die 320 000 bis 340 000 Zuschauerinnen und Zuschauer. Auch die anderen Zahlen sind durchaus beeindruckend. 195 Zugnummern wird es geben, 97 Gruppen, 40 Garden, 14 Kapellen, 29 Motivwagen. Die sind mitunter recht derb gestaltet. Nicht die mit Frankfurt-Bezug. Ex-OB Feldmann im Fettnapf wirkt recht possierlich, ebenso der Binding-Adler, der mit einem großen kupfernen Tank unterwegs ist. Beim Wagen der besten Mannschaft Europas geht einem sogar das Herz auf. Wobei Heilmann befürchtet, bei starkem Wind könnten die Ohren von Seppl Rode womöglich zu groß modelliert sein.
Weniger appetitlich dagegen: der russische Kriegsfürst Putin mit nacktem Oberkörper auf einem Panzer und Fifa-Boss Infantino, dem ein Fußballscheich den nackten Hintern tätschelt. Aber diese Figuren sind ja auch im echten Leben recht unappetitlich. Warum sollte es in der Fastnacht anders sein?
Die sei immerhin ein Spiegel des echten Lebens, sagt Uwe Forstmann, Pressesprecher des Rates. Und so gingen auch aktuelle gesellschaftliche Debatten nicht spurlos an der Frankfurter Fastnacht vorüber. Forstmann hat einen Wandel beobachtet. Nicht nur weil das Motto der Kampagne die Regenbogenflagge zitiert. So gebe es etwa immer mehr Frauen in verantwortlichen Positionen, als Vereinspräsidentinnen oder Vizes. „Vor 25 Jahren undenkbar.“ Nur gehe den einen der Wandel nicht schnell genug, den anderen zu schnell. Der Große Rat versuche, auf diesem Weg alle mitzunehmen. Zumindest habe die Corona-Pause eines gezeigt: dass den Menschen die Fastnacht gefehlt habe, sagt Axel Heilmann, das soziale Miteinander. Der Zuspruch sei aktuell zumindest sehr groß.
Am Samstag, 12.11 Uhr, macht sich der Kinderumzug von der Hauptwache aus über Zeil und Hasengasse zum Römer auf. Dort ist dann Sturm aufs Rathaus. Weil gerade kein OB amtiert, werden Stadtverordnete in die Bresche springen. Wie in den Vorjahren verhaftet werden die aber nicht, das hätte dann wieder zu viel Bezug zur aktuellen Stadtpolitik.