Frankfurt zieht eine positive Energiebilanz – vorläufig

Unternehmen sparten in der Krisenzeit viel, die Bevölkerung zog mit, aber Daten gibt es bisher nur für 2022.
Es gibt immer welche, die mitziehen beim Energiesparen, und andere, die weiterhin schön behaglich im Warmen sitzen. Nashornbulle Kalusho beispielsweise hatte im Winter ein paar Grad weniger in der Bude, ebenso die Sumatra-Tiger Emas und Cinta im Katzendschungel des Frankfurter Zoos, genau wie die Giraffen in ihrem hohen Haus und die Affenbande im Borgori-Wald. Dagegen Dornschwanzagame und Riesen-Gürtelschweif, Mausmaki und Schlanklori: sauber durchgeheizt, als das Gas knapp wurde.
Aber was können sie dafür, dass sie in Frankfurt sitzen und nicht in den warmen Erdregionen, die sie hier als Botschafter vertreten. „Je kleiner, desto empfindlicher“, nennt Zoosprecherin Caroline Liefke die Faustregel. Und deshalb hat der Tierpark im Winter auch nur bei denen die Heizung runtergedreht, deren Gesundheit dadurch nicht bedroht wurde.
Energiesparen war das Motto in der (diesmal gar nicht so) kalten Jahreszeit. Alle, die etwas beitragen konnten, waren aufgerufen. Was es in Frankfurt gebracht hat, ist noch nicht ganz klar. Einerseits freut sich Klima- und Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (Grüne) darüber, dass die Einsparungen in den Privathaushalten bei etwa zehn Prozent lägen, bei den Großkunden – einschließlich der Stadt Frankfurt – offenbar klar darüber, sodass der im Herbst ausgegebene Zielwert der Politik von 20 Prozent „fast erreicht“ werde.
Aber: Die Zahlen seien bisher noch nicht witterungsbereinigt, schränkt Heilig ein, das heißt: unklar, wie viel das gewollte Sparen brachte und wie viel der milde Winter. Noch gravierender: In den Berechnungen fehlt noch das erste Quartal 2023 – also der allergrößte Teil des Winters.
Den „Löwenanteil der Einsparungen“ hat die Energieversorgerin Mainova – nein, nicht im Zoo, sondern bei den Unternehmen registriert, denen die Witterung ebenfalls half. Insgesamt sei sie mit dem Ergebnis sehr zufrieden, sagt Heilig: „Die hinter uns liegenden Monate waren ein großer Kraftakt für uns alle.“ In kurzer Zeit hätten ganze Abläufe geändert werden müssen. „Wir mussten entscheiden: Wo können wir wie Gas und Strom sparen, und welche Konsequenzen werden die Einsparungen haben?“ Ihr Dank gelte „allen Frankfurter:innen, die in ihrem Zuhause umsichtig waren, den Unternehmen in der Stadt, die ihren Energieverbrauch reduziert und damit auch wirtschaftliche Risiken auf sich genommen haben“, und allen Mitarbeiter:innen der Stadt.
Die Bundesregierung hatte im September 2022 mit einer Verordnung – abgekürzt EnSikuMaV – das Energiesparen ausgerufen; die Richtlinie lief am 15. April aus. Frankfurt senkte unter anderem die Raumtemperatur in öffentlichen Gebäuden und in der städtischen Verwaltung auf 19 Grad, beendete die nächtliche Außenbeleuchtung etwa am Römer, an Museen und Kirchen und dimmte die Hälfte der mehr als 60 000 Straßenlaternen.
Gute Noten verdienten sich die Bäderbetriebe, die 15 Prozent weniger Energie verbrauchten, und der Palmengarten, der in seinen heizintensiven Gewächshäusern etwa 20 Prozent weniger Wärmeenergie aufwendete als im Vorjahr. Die Pflanzen steckten die geringfügig niedrigeren Temperaturen – Stand jetzt – gut weg, daher wolle der Palmengarten an dem Konzept festhalten und es möglichst weiter optimieren.
Die Bevölkerung schließlich sei durch eine Informationskampagne zum Energiesparen sensibilisiert worden, betont Heilig. Das Sozialdezernat motivierte viele Menschen, ihren Heizkostenzuschuss an Bedürftige weiterzugeben – zusammen mehr als 112 000 Euro. Ordnungsdezernentin Annette Rinn (FDP) fügt hinzu, es habe nur wenige Beschwerden etwa wegen kühlerer Wassertemperaturen in den Schwimmbädern oder mangelnder Außenbeleuchtung gegeben. „Eher haben die Leute verlangt, dass noch mehr Straßenlaternen abgeschaltet werden“, berichtet sie. Das sei aber nur dort möglich, wo es die Sicherheit nicht beeinträchtige. Umweltschutzinitiativen dringen darauf, Außenbeleuchtung auch künftig zu unterlassen, der nächtlichen Tierwelt zuliebe.
Auch wegen der Klimakrise sei sparsamer Gasverbrauch „extrem wichtig“, sagt Heilig: „Die Reduzierung fossilen Energieverbrauchs ist aktiver Klimaschutz.“ Welche Maßnahmen wieder zurückgenommen, welche beibehalten werden, wollen der Arbeitskreis Energiekrise und der Magistrat regelmäßig beraten und entscheiden – mit Blick auf den Ernstfall: Schritte für das Szenario eines 72-stündigen flächendeckenden Stromausfalls in Südhessen bereitet der Arbeitskreis vor.
