Frankfurt: VR-Brillen auf Ausbildungsmessen ermöglichen Berufseinblicke

Die Betriebe kämpfen kreativ um jugendlichen Nachwuchs. Die potenziellen Fachkräfte von morgen können sich praktisch aussuchen, bei welchem Unternehmen sie starten möchten. Von Christian Düring.
Hunderte Meter weit oben in der Luft schweben als Gebäudereiniger oder digitale Tische lackieren: Die Virtual-Reality-Brillen von „das Handwerk“ erzeugen eine Welt, die täuschend echt wirkt. Die Brillen dunkeln alles um einen herum ab. Wer sie aufzieht, fühlt sich, als befände sie oder er sich wirklich in dieser Welt. Bei jeder Kopfbewegung wandert das Bild mit, man kann sich sprichwörtlich „umsehen“. Dank dieser Technik erleben die Jugendlichen auf der ersten Ausbildungsmesse im Frankfurter Osten am Freitag einen realitätsnahen Eindruck von den vorgestellten Berufen. „Die nutzen wir auch in der Ausbildung für erste Erfahrungen“, sagt Petra Koch, die den Stand leitet. Außerdem könnten auf diese Weise Materialien gespart werden.
Von außen betrachtet, bewegt also ein Schüler mit schwarzem Kasten vor den Augen seinen Arm auf und ab, während er die Plastikversion einer Lackierpistole in der Hand hält. Um ihn herum tummeln sich interessierte Jugendliche und beobachten auf einem Bildschirm, was er durch die Brille sieht und tut – er tränkt den ursprünglich weißen Tisch mit blauer Farbe.
Am Stand nebenan, ebenfalls von „das Handwerk“, hämmern vier Jugendliche unter Anleitung auf ein Blech, das mit jedem Hammerschlag mehr und mehr die Form einer Rose annimmt. Semanur ist schon fertig und wartet auf ihre Freundinnen. „20 Minuten habe ich dafür gebraucht“, sagt sie. Die anderen Stände seien jedoch etwas langweiliger und die Messe nicht übersichtlich gestaltet.
Tatsächlich verteilen sich die 1100 Schüler in der Turnhalle ungleich auf die rund 50 Stände. Sie schauen nur vereinzelt bei Unternehmen vorbei, die für „Industriekaufmann“ oder „Fachlageristin“ werben. „Diese Stände haben es natürlich schwieriger, weil sie nichts zum Anfassen haben“, sagt Florian Volke von der Industrie- und Handelskammer (IHK). Er beobachtet, dass die Unternehmen immer kreativer auf die Jugendlichen zugehen müssen, um sie für sich zu gewinnen.
Volke hat einige Tipps für Eltern, Schüler:innen und Lehrkräfte parat. „Jede Frankfurter Schule hat einen Berufsberater von der Bundesagentur für Arbeit“, sagt er. Die Schüler:innen könnten zum Beispiel die bei der Messe gewonnenen Eindrücke mit diesen Expert:innen besprechen. Die IHK verfüge zudem über ein eigenes Projektbüro, in dem „Lehrer kostenloses Unterrichtsmaterial und Fortbildungen erhalten können“.
Eltern und Schüler:innen könnten außerdem in der Schule nachfragen, wer dort die Berufskoordination betreue. „Diese Personen gibt es ebenfalls an jeder Schule, sie kennen sich gut aus und können an die Ausbildungsbetriebe vermitteln“, sagt Volke. Sein Appell lautet: „Eigeninitiative.“ Es gebe mehr Möglichkeiten, als häufig bekannt seien.
Die Messen seien wichtig, um ein greifbares Gefühl für potenzielle Berufe zu vermitteln. „Das hat während Corona gefehlt“, sagt Volke. Luca und Till haben in ihrer achten Klasse dafür gestimmt, die Messe zu besuchen. Die 14-Jährigen resümieren: „Alle haben sich viel Zeit genommen und uns viel erklärt. Es hat sich gelohnt herzukommen.“