Frankfurt: Von der Wissenschaft begeistert

Die Materialwissenschaftlerin Andrea Gassmann ist die neue Geschäftsführerin des Experiminta. Das Frankfurter Museum zeigt in der „Nacht der Museen“ explosive Science Shows.
Im Experiminta Science Center bahnt sich Andrea Gassmann vorbei an Werkzeugen und Rollen mit orangefarbenen Kabeln ihren Weg durch die Ausstellungsräume, um ihre liebsten Mitmachstationen zu zeigen. „Wir bauen im laufenden Betrieb um“, sagt die promovierte Materialwissenschaftlerin. Sie ist seit April neue Geschäftsführerin des Museums, dessen IT-Infrastruktur zurzeit erweitert wird. Wenn die Arbeiten abgeschlossen sind, werden Avatare Besucher:innen auf deren Smartphones durch die Ausstellung führen können.
Der Name des Experiminta ist Programm. Das Haus in der Hamburger Allee will seit fast 13 Jahren vor allem Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene für die sogenannten MINT-Fächer, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, begeistern. „Unser Ansatz ist ein spielerischer, kein belehrender“, sagt Gassmann. An 130 Mitmachstationen können Besucher;innen wissenschaftliche Phänomene beobachten und Experimente machen. Sie können sich etwa an Flaschenzügen in die Höhe ziehen und dabei überlegen, warum dies bei einem Flaschenzug leichter fällt als bei einem anderen. Oder sie können etwa an einem Flugsimulator Flugzeuge fliegen.
„Der Flugsimulator ist eines meiner Lieblingsexponate“, sagt die 42-Jährige. Hinter dem Gerät stehen Reihen mit Sitzen aus einem Passagierflugzeug, auch sie sind neu. Von dort aus können Begleiter:innen der Pilot:innen nun mitfliegen. Dann geht sie weiter zu einem anderen ihrer Lieblingsexponate. Es ist der negative Gipsabdruck eines Pharaonenkopfs, der, wenn Licht auf ihn fällt, zu einem dreidimensionalen Gesicht wird. „Eine optische Täuschung. Sehen Sie, je nachdem zu welcher Seite Sie gehen, dreht sich der Kopf sogar.“ Auch wenn sie schon oft vor diesem Exponat stand, das Phänomen begeistert sie noch immer.
Ihre Eltern haben ihr Interesse für die Naturwissenschaften geweckt. Mutter und Vater sind beide Chemieingenieure. Aufgewachsen in Dieburg, dachte sie zunächst, dass sie auch Chemie studieren werde. Doch dann habe sie als Abiturientin einen Aha-Moment gehabt. Auf den Hochschul- und Berufsinformationstagen (Hobit) in Darmstadt traf sie einen Professor des Studiengangs Materialwissenschaften an der Technischen Universität (TU) Darmstadt, der sie so von diesem Fach begeisterte, dass sie sich einschrieb. „Es ist eine der entscheidenden Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts, in der wissenschaftliche Grundlagenfächer wie Chemie und Physik eine Rolle spielen“, sagt sie. Nach ihrem Studienabschluss promovierte sie. Das Thema ihrer Doktorarbeit: Kathodenmaterialien für organische Leuchtdioden, wie sie sich etwa in Displays von Mobiltelefonen befinden.
Andrea Gassmann leitete an der TU zwischen 2010 und Anfang 2015 die Arbeitsgruppe „Organische Elektronik“. Dann wechselte sie an die Fraunhofer- Einrichtung für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie (IWKS) in Hanau und Alzenau. Zuletzt war sie dort als stellvertretende Institutsleiterin tätig. Als sie hörte, dass für das Experiminta eine neue Geschäftsführerin gesucht wurde, bewarb sie sich gleich. „Wie oft ergibt sich die Gelegenheit, ein solches Haus leiten zu können“, sagt Gassmann.
Die Erweiterung des digitalen Zusatzangebots um die durch die Ausstellung führenden Avatare hat ihre Vorgängerin Susanne Kremeier, die im Januar 2022 die Geschäftsführung für eine Interimszeit übernommen hatte, angestoßen. Gassmann will zusammen mit Christiane Bucher, der Vorsitzenden des Experiminta-Fördervereins, am Science Center ein MINT-Zentrum etablieren, in dem Jugendliche, die vor der Entscheidung stehen, welche berufliche Laufbahn sie einschlagen wollen, vielleicht einen ähnlichen Aha-Moment erleben wie sie einst. Vorträge von Wissenschaftler:innen etwa oder Workshops mit Vertreter:innen aus der Industrie könnten jungen Frauen und Männern Mut machen, Studiengänge und Ausbildungsberufe in den MINT-Fächern zu wählen.
Erst einmal laden Gassmann und Bucher aber für Mittwoch, 10. Mai, Freund:innen und Förder:innen des Experiminta zu einer Spendengala ein, bei der es nicht nur um Geld, sondern nach Ende der Corona-Pandemie auch darum geht, Kontakte, die im Lockdown eingeschlafen sind, neu zu knüpfen. Die Gäste werden gebeten, in festlicher Abendgarderobe zu erscheinen. „Ich werde ein Cocktailkleid tragen“, kündigt die neue Geschäftsführerin an.
Völlig zwanglos ist dagegen der Dresscode für die „Nacht der Museen“ in Frankfurt am Samstag, 13. Mai, an der sich natürlich auch das Experiminta wieder beteiligt, mit explosiven Science-Shows, wie Andrea Gassmann mitteilt, und dem Friedberger Blogger und Songwriter Nico Brocki, der Songs zu physikalischen Themen wie dem Gravitationsgesetz singen wird. Und die Avatare werden bis dahin auch ihren Dienst aufgenommen haben.