Frankfurt: „Von der Ausländerbehörde werden mir Steine in den Weg gelegt“

Milad Anwary berichtet im Diversitätsausschuss von seinem Kampf mit der Frankfurter Ausländerbehörde. Die verlangt von ihm einen Reisepass, den die Botschaften seit der Machtübernahme der Taliban jedoch nicht mehr ausstellen.
Milad Anwary lebt seit 2014 in Deutschland. Er kam als unbegleiteter Flüchtling mit 16 Jahren aus Afghanistan ins Land. Am 13. Mai des vorigen Jahres stellte er einen Antrag auf eine Niederlassungserlaubnis.
Die Voraussetzungen erfüllt er allesamt: Er lebt seit mindestens acht Jahren im Land und macht gerade eine Ausbildung zum Bürokaufmann. Aber: „Die Ausländerbehörde legt mir Steine in den Weg“, erzählt er am Donnerstag im Frankfurter Ausschuss für Diversität, Beteiligung, Zusammenhalt und Europa.
Er habe der Behörde eine Geburtsurkunde und einen Ausweis, die sogenannte Tazkira, vorgelegt. Die werde aber nicht akzeptiert. Die Behörde verlangte in einem Schreiben vom 23. Dezember, Anwary solle innerhalb von zwei Wochen einen afghanischen Reisepass vorlegen. „Ich hatte einen Pass bei der Botschaft beantragt und hätte ihn im November 2021 bekommen sollen“, sagt er. Seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 stellen die Botschaften jedoch keine Pässe mehr aus. Anwary fuhr sogar zum afghanischen Konsulat nach Bonn, dieses habe beglaubigt, dass keine Reisepässe mehr ausgestellt werden. Auch das nutzte nichts.
Anwary hat seinen Fall im Dezember bei Instagram öffentlich gemacht, und mehr als 3800 Menschen haben ihn gelikt, 216 kommentiert. Dadurch ist Bewegung in die Sache gekommen. Mehrere Politiker:innen meldeten sich, unter anderem gab es ein Gespräch mit Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg (Grüne). Anwary fragt sich jedoch: Was ist mit denen, die nicht an die Öffentlichkeit gehen und keine Hilfe bekommen?
Auch Emre Telyakar ist so auf Milad Anwary aufmerksam geworden, „Ich habe den Fall in den vergangenen Wochen begleitet, und es wird sehr wahrscheinlich bald gute Nachrichten geben“, sagte der diversitätspolitische Sprecher der Grünen. In der Summe seien in Anwarys Fall sehr viele Antworten der Ausländerbehörde nicht nachvollziehbar, „die ein sehr krudes Bild abgeben“.
In der Koalition, aber auch mit anderen Städten liefen Gespräche, damit sich solche Fälle unkomplizierter lösen lassen. Es gehe nicht nur um Chaos und Überforderung in der Behörde, sondern auch um den Umgang mit den Schutzsuchenden, sagte Telyakar.
Eskandari-Grünberg betonte am Donnerstag noch einmal, dass sie in engem Kontakt mit Ordnungsdezernentin Annette Rinn (FDP) stehe, um ein Willkommenscenter nicht nur einzurichten, sondern auch personell auszustatten und mit Leben zu füllen. Die FDP-Stadtverordnete Isabel Schnitzler sagte, es gebe öfter Missverständnisse und Unwissenheit. Sie empfehle allen Betroffenen, sich an die politischen Vertreterinnen und Vertreter zu wenden, wenn sie sich keinen Rechtsbeistand leisten könnten. Der SPD-Stadtverordnete Omar Shehata hofft derweil auf eine große Lösung von Seiten des Bundes, damit die „unsäglichen Kettenduldungen“ beendet werden.
Luigi Brillante von der Fraktion Ökolinx-ELF fand es schade, dass immer nur Lösungen gefunden werden, wenn öffentlicher Druck da ist. Er sieht auch ein Problem bei den Bediensteten der Behörde und darin, dass es zu wenige interkulturelle Schulungen gebe. Er kenne viele Fälle, „die zum Himmel stinken.“
Anita Akmazda betonte, das Thema sei viel zu wichtig, um sich auf Parteipositionen zu versteifen. „Nur zusammen kriegen wir das hin“, sagte die CDU-Stadtverordnete.