Frankfurt: Verdacht auf Korruption bei ABG

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Beschäftigte der Frankfurter Wohnungsgesellschaft. Es geht um mutmaßliche Schmiergeldzahlungen bei der Vergabe von Wohnungen.
Die Staatsanwaltschaft führt mehrere Ermittlungsverfahren wegen Korruptionsverdachts bei der städtischen Wohnungsgesellschaft ABG Frankfurt Holding durch. Bereits im Oktober 2021 seien Wohnungen und Arbeitsplätze durchsucht worden. Das teilte die Behörde am Mittwoch auf Anfrage der Frankfurter Rundschau mit. Zuerst hatte der Hessische Rundfunk über den Fall berichtet.
Bei den Ermittlungen geht es konkret darum, dass Interessent:innen Schmiergeld gezahlt und bei der Vergabe von ABG-Mietwohnungen bevorzugt worden sein sollen. Polizei und Staatsanwaltschaft gehen diesem Verdacht schon seit Anfang/Mitte 2020 nach, im vergangenen Jahr kamen weitere Verfahren hinzu. Neben zwei Beschäftigten des Unternehmens zählen auch Vermittler:innen und Mieter:innen zum Kreis der Verdächtigen.
Zwei Verfahren wurden laut Staatsanwaltschaft im Januar dieses Jahres eingestellt, weil der Anfangsverdacht der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nicht erhärtet werden konnte. Wegen der laufenden Ermittlungen könne sie derzeit keine weiteren Auskünfte geben, sagte die Sprecherin der Behörde, Nadja Niesen.
Frank Junker, Vorsitzender der ABG-Geschäftsführung, sagte im Gespräch mit der FR, die Wohnungsgesellschaft habe 2021 einen Hinweis über mutmaßliche Verstöße eines Mitarbeiters bei der Wohnungsvergabe erhalten und umgehend gehandelt, mit „martialischen Maßnahmen“. Zum einen habe sie die Staatsanwaltschaft informiert, zum anderen nach einer Prüfung eine fristlose Verdachtskündigung gegenüber dem Beschäftigten, bei dem es sich um einen Sachbearbeiter handeln soll, ausgesprochen. Er, so Junker, habe dies der Belegschaft mitgeteilt, im Sinne der Transparenz und Prävention. Nach den ihm vorliegenden Informationen gehe es um „ein paar“ Verdachtsfälle. Der Geschäftsführer betonte, ihm und der ABG sei es wichtig, Korruption zu verhindern, weshalb sie etwa ein „Vier-Augen-Prinzip“ bei der Vergabe von Aufträgen und Compliance-Beauftragte etabliert hätten.
Der Konzern ABG Holding ist mehrheitlich in Besitz der Stadt. Zu seinem Eigentum zählen rund 54 000 Wohnungen und 37 000 andere Objekte, darunter Gewerbeimmobilien. Die ABG und die anderen Beteiligungsunternehmen werden vor allem von städtischen Aufsichtsräten kontrolliert.
Ein Informant berichtete der FR von mehreren Familien, die vierstellige Beträge an ABG-Hausmeister – die mit einem Verantwortlichen kooperiert haben sollen – gezahlt hätten, um an eine Wohnung zu kommen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft stehen Hausmeister in den laufenden Verfahren nicht unter Verdacht. Junker ist ein solcher Fall nicht bekannt, genauso wenig wie aktuelle Ermittlungen gegen einen weiteren ABG-Mitarbeiter.
Der jetzt bekannt gewordene ist nicht der erste Korruptionsverdacht bei der Stadt und ihren Firmen. So räumte ein früherer Mitarbeiter der Schulhausverwaltung Ende Januar vor dem Landgericht ein, von zwei Reinigungsfirmen 146 000 Euro und Sachleistungen bekommen zu haben. Dafür habe er sich für die Vergabe von Sonderreinigungsaufträgen eingesetzt und einem Gebäudereiniger geholfen, der Stadt überhöhte Rechnungen zu stellen.
Die Linke im Römer kritisierte, dass die Stadtregierung mit Beteiligungsdezernent Bastian Bergerhoff (Grüne) und Planungsdezernent Mike Josef (SPD) bis vor kurzem nichts von den Ermittlungen gewusst habe. Eyup Yilmaz, wohnungspolitischer Sprecher der Linken: „Der Aufsichtsrat ist bei Korruptionsfällen unmittelbar zu informieren.“ Zudem sei unklar, warum sich das neue Kontrollgremium erst im Dezember 2022 konstituiert habe. Die Linke fordert Junkers Rücktritt. Sprecher:innen von Josef und Bergerhoff weisen die Kritik zurück: Josef sei von Ende August 2021 bis Ende November 2022 nicht im Aufsichtsrat der ABG gewesen, also auch nicht zum Zeitpunkt der Durchsuchung. Selbstverständlich erwarte er, dass sich alle Geschäftsführer:innen und Mitarbeiter:innen an den städtischen „Public Corporate Governance Codex“ halten, der auch Korruption vorbeugen soll. Aus Bergerhoffs Dezernat heißt es, Junker habe in dem Fall umgehend notwendige Schritte veranlasst. Informationspflichten seien nicht verletzt worden. Bei gravierenden Fällen könne die Geschäftsführung dem Aufsichtsrat direkt berichten. Das liege aber in ihrem Ermessen.
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