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Frankfurt und Hessen: Polizei wird digitaler

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Von: Oliver Teutsch

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Ein Polizist scannt in dieser fingierten Kontrolle ein Ausweisdokoment mit dem Diensthandy.
Ein Polizist scannt in dieser fingierten Kontrolle ein Ausweisdokoment mit dem Diensthandy. Peter Jülich © Peter Jülich

Abfragen bei Verkehrskontrollen werden künftig mit dem Smartphone erledigt. Mit Virtuality-Brillen werden Training und die Behehung von Tatorten realistischer.

Das nachgestellte Szenario kommt täglich dutzendfach auf hessischen Straßen vor: Eine Polizeistreife hält ein Fahrzeug an und überprüft die Personalien des Fahrers. Eine solche Überprüfung lief Jahrzehnte lang über Funkgeräte mit den Dienststellen. Dies, so betonte es Sami Demir von der polizeieigenen Innovationsschmiede HUB 110 bei einer Präsentation am Mittwoch im Polizeipräsidium, sei nun Vergangenheit. Die Abfrage sei bei komplizierten Nachnamen „mühselig gewesen und es ist zu Übermittlungsfehlern gekommen“, so Demir. Fortan soll das nicht mehr passieren, da solche Abfragen über das personalisierte Diensthandy des Streifenpolizisten laufen.

Der Polizist vor Ort scannt mit seinem Handy das Ausweisdokument und kann dann mittels einer Abfrage-App einsehen, ob gegen den Kontrollierten etwas vorliegt, wie etwa ein Haftbefehl. Sollten bei der Durchsuchung des Fahrzeugs Beweismittel sichergestellt werden, können auch diese mittels des Handys in einem eigens konzipierten Asservatenmanagement-System erfasst und für die Asservatenkammer katalogisiert werden. Sogar ein Etikett für das Asservat wird nach der Erfassung automatisch ausgedruckt.

Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) war bei der Demonstration am Mittwoch dabei. „Wir versuchen, die Polizei digitaler zu machen.“ Er räumte aber ein, dass der „Innovationstreiber“ für diese sehr praktischen Neuerungen eigentlich ein eher unschöner Anlass war: die Auswüchse um den NSU 2.0-Skandal auf dem 1. Polizeirevier. Dabei musste die Polizei feststellen, dass sie nicht mehr nachvollziehen konnte, wer wann welche illegalen Abfragen getätigt hatte, da auf einzelne Dienstcomputer mehrere Personen Zugriff hatten. Mit den nun einheitlichen Diensthandys für alle 22 000 Bediensteten der hessischen Polizei soll sichergestellt sein, wer wann und wo Abfragen tätigt. Die Handys seien nur mit den biometrischen Daten der Nutzenden zugänglich.

Die IT-Einheit von Innovation Hub 110 nutzte die Gelegenheit am Mittwoch gleich, um noch weitere Neuheiten vorzustellen, die den Dienstalltag effizienter machen sollen. Mit Virtual-Reality-Brillen sollen Training und Schulungen realistischer werden. Auch die Inspektion von Tatorten ist damit möglich. Eine Simulation zeigte eine Wohnung, in der ein Verbrechen geschah. Ermittlerteams, aber auch ein Gutachter oder Richter am Gericht können Tatorte damit abgehen. Dies sei, so Beuth, „ein wichtiger Fortschritt“, weil man Ermittlungen nun „nahezu perfekt in Gerichtsverhandlungen einbringen kann“. Niemand müsse nun mehr überlegen, wie er Notizen aus seinem Block für alle zugänglich machen könne.

Bei Bildern aus privaten Wohnungen auf einer virtuellen Brille stellt sich aber auch schnell die Frage nach dem Datenschutz, gerade nach dem Rüffel des Bundesverfassungsgerichts in Sachen Hessen-Data. Daniel Becker, bei HUB 110 für die IT zuständig, betonte, die Zugriffsmöglichkeiten seien „stark reglementiert“. Nur wer Verkehrskontrollen mache, dürfe die Abfrage-App nutzen, nur wer ein dienstliches Interesse an einem bestimmten Tatort habe, dürfe auf die dazugehörigen Bilder zugreifen. Minister Beuth betonte in diesem Zusammenhang, die Nachbesserungen bei der Datenanalyse-Software Hessen-Data würden wie gefordert bis September erledigt: „Hessen-Data wird selbstverständlich weiterentwickelt.“

Die Digitalisierungsoffensive für die hessische Polizei lässt sich das Land bis 2025 noch insgesamt mehr als 75 Millionen Euro kosten.

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