Frankfurt: Tödlicher Polizeieinsatz bleibt für sieben Beamte ohne Konsequenzen

Der unbewaffnete Savas K. kommt 2017 bei einem Polizeieinsatz in Frankfurt ums Leben. Für die sieben Polizeibeamten hat das nicht einmal dienstrechtliche Folgen.
- Der türkischstämmige Savas K. verstarb 2017 nach einem Polizeieinsatz in Frankfurt.
- Die Ermittlungen zogen sich über mehr als drei Jahre hin.
- Jetzt ist klar: Konsequenzen für die beteiligten Polizisten wird es nicht geben.
Frankfurt - Der Aufschrei war groß und fand sogar ein Echo in türkischen Medien. Bei einem Polizeieinsatz in Frankfurt-Höchst kommt am 1. Juni 2017 der türkischstämmige Savas K. ums Leben. Eigentlich sollte er nur seine Wohnung räumen, doch der Polizeieinsatz in der Josef-Fenzl-Straße läuft völlig aus dem Ruder. Der stark übergewichtige Mann ist nackt und unbewaffnet, als ihn mehrere Polizeibeamte bäuchlings auf sein Bett drücken und er schließlich verstirbt.
Opfer hatte zahlreiche Verletzungen nach Polizeieinsatz
Die Leiche des 42-Jährigen weist zahlreiche Verletzungen auf: Dutzende tief reichende Blutergüsse an Kopf, Hals, Rücken, Bauch, Armen, dazu ein teilausgerissenes Schultergelenk. Gegen die sieben Polizeibeamte, die an dem Einsatz beteiligt waren, wird wegen des Verdachts der Körperverletzung mit Todesfolge ermittelt.
Die offiziellen Ermittlungen gegen die sieben Frankfurter Polizeibeamten übernimmt das Landeskriminalamt in Wiesbaden. Doch was die Beamten da überhaupt ermitteln, bleibt unklar. Bei Anfragen wird an die Frankfurter Staatsanwaltschaft verwiesen, dort heißt es über zwei Jahre lang gebetsmühlenartig, die Ermittlungen liefen noch. Im Februar 2020 werden die Ermittlungen dann eingestellt. Das von den Beamten aufgewendete Maß an Gewalt sei „im Rahmen des unter den gegebenen Umständen Zulässigen“, heißt es in einer Antwort der Staatsanwalt auf Anfrage der FR. Also keine strafrechtlichen Konsequenzen.
Polizei Frankfurt spricht von zulässiger Gewalt
Doch den Beamten drohen nach dem gewaltsamen Tod eines Menschen dienstrechtliche Konsequenzen. Auf eine entsprechende Anfrage der FR hin verweist das Polizeipräsidium Frankfurt allerdings auf die Einstellung des Verfahrens und nutzt wortwörtlich die Formulierung der Staatsanwaltschaft, wonach das aufgewendete Maß an Gewalt im Rahmen des Zulässigen gelegen habe. Abschließend heißt es in der Antwort: „Die disziplinarrechtliche Überprüfung hat vor diesem Hintergrund keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ergeben, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen.“
Kritik an Polizei Frankfurt und fehlender unabhängiger Untersuchung
Der Allgemeinmediziner Claus Metz hat den Fall als Mitglied der Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW) von Anfang an begleitet und bemängelt nicht nur eine fehlende unabhängige Untersuchung des Vorfalls, sondern staunt auch über die Aussage der Polizei über das zulässige Maß an Gewalt. Die Gewaltausübung der drei US-Polizisten gegen Georg Floyd sei „wesentlich milder“ gewesen, so Metz. Er geht bei K. von einem lagebedingten Erstickungstod aus. Spätestens aber seit dem Tod des Abschiebehäftlings Aamir Ageeb 1999 gelte es als polizeibekannt, dass übergewichtige Menschen in Bauchlage anfällig für einen lagebedingten Erstickungstod seien.
Der Bochumer Kriminologe Tobias Singelnstein bemängelt, es sei „nicht professionell“, dass die Polizei bei möglichen Vergehen gegen sich selbst ermittele. „Es fehlt auch eine kritische Auseinandersetzung wie eine Supervision oder Ähnliches“, so der Professor. Wie wohl der Fall Savas K. ausgegangen wäre, wenn es ein Video von dem Polizeieinsatz gegeben hätte? (Von Oliver Teutsch)
Dass Verfahren gegen mutmaßlich gewalttätige Polizisten eingestellt werden, ist allerdings keine Ausnahme, sondern eher die Regel.
Immer wieder gibt umstrittene Polizeieinsätze in Frankfurt. Einer dieser Einsätze wurde jetzt auf Video dokumentiert.