Frankfurt sucht den Ausweg aus der Krise

Frankfurt leidet unter den Folgen der Pandemie, will aber massiv investieren – wie soll das gehen? Ein politischer Ausblick auf das neue Jahr.
Wer sich in diesen Tagen mit Peter Feldmann unterhält, bekommt den Eindruck, politisch habe sich so ziemlich alles geändert in Frankfurt. Der Oberbürgermeister schwärmt geradezu von der seit dem Spätsommer 2021 regierenden Koalition aus den Grünen, seiner SPD, der FDP und den politischen Neulingen von Volt. Feldmann spricht dann von einem ganz anderen Umgang als in den Jahren zuvor, als CDU, SPD und Grüne die Regierung bildeten, und er lobt jeden einzelnen Dezernenten und jede einzelne Dezernentin. Das ist insofern beachtlich, als dass Feldmann im politischen Alltagsgeschäft so wenig Einfluss hat wie lange nicht mehr. An den Koalitionsrunden nimmt der Oberbürgermeister, mit dem insbesondere die Basis der FDP, aber auch viele Grüne ihre Probleme haben, nicht teil.
Nun mag es durchaus politisches Kalkül sein, dass Feldmann die erste Stadtregierung seit fast drei Jahrzehnten, an denen die CDU nicht beteiligt ist, euphorisch beschreibt und somit überhöht. Fakt ist aber: Die Zusammenarbeit im Magistrat ist vertrauensvoller geworden, seit die Christdemokraten keine hauptamtlichen Dezernent:innen mehr stellen. Ein gutes Verhältnis innerhalb der Stadtregierung wird aber auch nötig sein. Denn Frankfurt steht im Jahr 2022 vor einigen Problemen.
Vorab: Der Stadt Frankfurt droht nicht der Kollaps. Das war zu Beginn der Corona-Krise durchaus befürchtet worden. Doch die Einnahmen aus der Gewerbesteuer entwickelten sich längst nicht so schlecht, wie es in den Worst-Case-Szenario dargestellt worden war. Kämmerer Bastian Bergerhoff (Grüne) präsentiert regelmäßig zufriedenstellende Zahlen, macht aber auch deutlich: Aus dem Gröbsten heraus ist Frankfurt noch lange nicht.
Das liegt vor allem an Unternehmen, an denen die Stadt beteiligt ist – allen voran die Messe und die Flughafenbetreiberin Fraport. Beide waren über Jahrzehnte Garanten dafür, dass Geld in die städtischen Kassen kam. Mit Beginn der Pandemie änderte sich das völlig. Und auch den öffentlichen Nahverkehr musste die Stadt deutlich stärker bezuschussen als vor der Krise. Es fahren einfach viel weniger Menschen mit Bussen und Bahnen. Ein Großteil der Arbeit hat sich ins Homeoffice verlagert.
Was also tun? Ein Sparkurs wäre die naheliegende Option, doch davon halten sie in der Stadtregierung nur wenig. Bergerhoff machte bei der Vorstellung der städtischen Finanzen deutlich, dass notwendige Investitionen getätigt werden müssten, und Peter Feldmann ging im FR-Interview noch weiter: „Wir müssen massiv investieren. Es ist jetzt nicht die Zeit für Sparpolitik.“
An Ideen, wie die Stadt Geld ausgeben könnte, mangelt es dem Viererbündnis jedenfalls nicht. Der Koalitionsvertrag sieht etwa ein kostenloses Jahr in der Kinderkrippe vor, der Neubau der Bühnen muss ohnehin gestemmt werden, auch der Traum von einem 365-Euro-Ticket für den ÖPNV ist noch nicht ausgeträumt. Immerhin entwickelt sich die stadteigene Wohnungsbaugesellschaft ABG gut – trotz Mietpreisstopp, der verlängert wird. Zudem soll das Unternehmen noch viel stärker als bisher geförderten Wohnraum bauen. Eine Finanzierung für diese Vorhaben zu sichern und trotzdem einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen – das dürfte die größte Herausforderung für die Koalition werden.
Das gilt für dieses Jahr, aber auch über 2022 hinaus. Etwas nebulös sprach Feldmann im FR-Interview von „Umschichtungen“, die man dank neuer Transparenz in den Etats der Dezernate vornehmen könne. Doch wo wenig Geld ist, kann man auch wenig umschichten. Das dürfte die Koalition in diesem Jahr häufig von der CDU zu hören bekommen. Die Christdemokraten haben ihre Rolle in der Opposition angenommen. Gerade junge Stadtverordnete wie Yannik Schwander, Martin-Benedikt Schäfer und Sara Steinhardt scheinen Spaß daran gefunden zu haben, die Koalition vor sich herzutreiben.
Die viel beschworene Geschlossenheit im Viererbündnis dürfte 2022 manches Mal auf die Probe gestellt werden.