Frankfurt: Schnelle Hilfe für Geflüchtete aus der Ukraine

In der Clearingstelle der Stadt Frankfurt arbeiten vier Dezernate und ukrainische Ehrenamtliche zusammen. Hier werden Geflüchtete an einem Ort beraten, können sich anmelden, registrieren und können sogar schon Deutschkurse machen.
Fünf Tische mit Stühlen stehen im lichtdurchfluteten Empfangsraum im Amt für multikulturelle Angelegenheiten (Amka) in der Mainzer Landstraße. Ukrainische Geflüchtete sitzen Mitarbeitenden des Frankfurter Jugend- und Sozialamts gegenüber. Dolmetscher:innen übersetzen die Gespräche. Im vierten Stock werden diejenigen, die einen Termin haben, von Bürgeramt, Ausländerbehörde und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge registriert. Im fünften Stock beraten Ehrenamtliche der Initiative Ukrainian Coordination Center (UCC) die Menschen und betreuen die Hotline für Geflüchtete und deren Angehörige. Außerdem laufen bereits Sprachkurse.
Am Montag ist eine Spende mit Windeln eingetroffen, die von Florian Sauermann in eines der Büros gebracht werden. „So soll dieses Haus im Normalfall gefüllt sein“, sagt der Verwaltungsleiter des Amka. Dass es durch einen Krieg dazu kommen musste, habe natürlich niemand gewollt. Aber die Idee des Zentrums Stadtraum sei es schon immer gewesen, Kompetenzen an einem Ort zu bündeln.
Vor rund vier Wochen ist der Stadtraum zu einer sogenannten Clearingstelle für Geflüchtete geworden. „Wir wollen eine Willkommenskultur vom ersten Tag“, sagt Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg (Grüne). Flexibel und unbürokratisch soll den Menschen unter einem Dach geholfen werden. Dafür haben nicht nur die vier Dezernentinnen Elke Voitl (Soziales), Annette Rinn (Ordnung), Eileen O’Sullivan (Bürgerservice) und Eskandari-Grünberg (Diversität) zusammengearbeitet. Dank der Initiative UCC von Viktoriia von Rosen werden die Geflüchteten in ihrer Muttersprache betreut.
„Der Kern besteht aus 25 Leuten. Dazu kommen 50 weitere, die ab und zu helfen“, sagt von Rosen. Sie ist Vizepräsidentin der Deutsch-Ukrainischen Gesellschaft für Wirtschaft und Wissenschaft und hat nach Ausbruch des russischen Angriffskriegs überlegt, wie sie ihre Landsleute unterstützen kann. Eskandari-Grünberg bot ihr zwei Büros im Stadtraum an. Mit immer mehr aus der Ukraine fliehenden Menschen – derzeit sind es über 6000 in Frankfurt – entwickelte sich die Idee, Anmeldung, Beratung, Registrierung an einen Ort zu bringen.
„Es kommen täglich rund 600 Menschen zu uns“, sagt Thomas Ubrich vom Jugend- und Sozialamt. Diejenigen ohne Termin müssen sich in eine Schlange stellen. „Im ersten Schritt nehmen wir die Daten auf“, erklärt Ubrich. Dann werde eine Bescheinigung ausgestellt, damit die Menschen ein Bankkonto eröffnen können, um Sozialhilfe überwiesen zu bekommen. Außerdem bekommen sie einen Krankenschein ausgestellt. Danach werden die Ukrainer:innen, die noch nicht registriert sind, weiter vermittelt, um einen Termin auszumachen. Die Wartezeiten sind lang, bis zu sieben, acht Wochen muss man derzeit warten. „Es ist ein Geduldsspiel“, sagt Sauermann. „Für die Menschen ist jedoch wichtig, dass sie das Gefühl haben, dran zu sein.“
Wenn sie einmal dran sind, wird an einem Tag alles erledigt. Meldebescheinigung und Registrierung. Fünf Mitarbeitende des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sind aus Gießen und Büdingen vor Ort, um die Ausländerbehörde zu unterstützen. Sie kümmern sich an der PIK-Station, das für Personalisierungsinfrastrukturkomponente steht, um das Einscannen der Fingerabdrücke und machen Fotos der Anmelder:innen. Ein Stockwerk darüber, in der fünften Etage, sitzen die Ehrenamtlichen vom UCC in einem Raum und beantworten die immer wiederkehrenden Fragen nach Sprachkursen, Arbeit, Kinderbetreuung, aber auch spezielle Fragen zum Beispiel zu behinderten Familienmitgliedern und deren Versorgung.
„Wir haben schon 15 verschiedene Gruppen, die Deutschkurse machen. Außerdem bieten wir acht Mal in der Woche Integrationskurse an“, erklärt Igor Kyselov. Der 24-jährige studiert Finanzen, hat sich aber ein Urlaubssemester genommen, „weil ich fühle, dass ich hier gebraucht werde.“ Für Kinder gibt es Tanzkurse, für Erwachsene das Angebot den Fitnessraum im Keller zu nutzen, für Schwangere gab es einen Informationskurs.
„Wir versuchen, so viele Aktivitäten wie möglich zu organisieren“, sagt von Rosen. Am Wochenende haben Kinder und Mütter Ostereier bemalt, die in der Ukraine eine besondere Tradition haben und aufwendig verziert und beschrieben werden. Demnächst soll eine Bibliothek eingerichtet werden. Das UCC plant, sich als Verein eintragen zu lassen, um Geldspenden sammeln zu können. So könne man gezielt die Sachen kaufen, die wirklich benötigt werden.
Demnächst soll nach dem Wunsch von Eskandari-Grünberg eines der Büros für psychologische Betreuung genutzt werden. Zudem kann sie sich eine gesundheitliche Clearingstelle vor dem Gebäude in einem Zelt vorstellen. Neben der Aufklärung könnten die Leute auch gegen das Coronavirus geimpft werden. „Es wäre gut, wenn wir das auch unbürokratisch hinkriegen“, findet die Bürgermeisterin.
