Rückgang queerfeindlicher Gewalt im Frankfurter Regenbogenviertel
Polizei, Stadt und die queere Community sehen erste Erfolge im Kampf gegen queerfeindliche Angriffe im Frankfurter Regenbogenviertel.
Frankfurt – Vor sechs Monaten wurde der LSBTIQ*Koordinierungskreis gegründet. Dragqueen Electra Pain sagt, dass die Community sich zwar sicherer im Viertel fühle, aber Beleidigungen weiter Alltag seien. Im Juni feiert Frankfurt erstmal den Pride Month und Aktionstage, um auch nicht-queeren Menschen das Viertel näherzubringen.
Die Frankfurter Dragqueen Electra Pain bestätigt die erste positive Bilanz: „Die Leute der queeren Community fühlen sich im Regenbogenviertel sicherer. Die gewalttätigen Angriffe sind zurückgegangen.“ Ein Grund sei die erhöhte Polizeipräsenz im queeren Ausgehviertel, das unweit der Frankfurter Konstablerwache liegt.

Queerfeindliche Gewalt in Frankfurt: Positive Entwicklung im Regenbogenviertel
Electra Pain sitzt am Montag (22. Mai) in ihrem glänzenden Regenbogenkleid unweit von Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg (Grüne) und Polizeipräsident Stefan Müller bei der Pressekonferenz. Auch sie bestätigen die positive Entwicklung, sechs Monate nachdem die städtische Stabsstelle für Antidiskriminierung zusammen mit der Polizei den LSBTIQ*(Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans*, intergeschlechtliche und queere Menschen)-Koordinierungskreis gegründet hat. Gespräche mit der queeren Community waren dabei essenziell.
Im März 2022 war Electra Pain an der Konstablerwache mit Pfefferspray angegriffen worden, es folgten im Sommer 2022 vermehrt queerfeindliche Angriffe in der Innenstadt. „Es war sofort klar, dass wir solche Angriffe und Gewalt als Stadt nicht hinnehmen“, sagt Eskandari-Grünberg. Polizeipräsident Stefan Müller, der selbst abends im Viertel mit Menschen aus der Community sprach, um sich ein Bild zu machen, aber auch um die „Vorbehalte“ gegenüber der Polizei abzubauen, sagt: „Wir sind sehr zufrieden, aber wir sind noch nicht da, wo wir hingehen wollen.“
Positiv sei, dass sich mehr queere Menschen trauten, Anzeigen zu stellen. Wurden in den Vorjahren noch 15 queerfeindliche Angriffe zur Anzeige gebracht, waren es 2022 schon 38, in diesem Jahr bislang 15, sagt Müller. Die Dunkelziffer sei aber weiterhin hoch. „Ich schätze, dass immer noch erst 10 bis 20 Prozent der Taten angezeigt werden.“ Electra Pain ergänzt: „Beleidigungen sind weiterhin Alltag, viele zeigen das leider nicht an.“ Sie selbst lasse sich weiterhin direkt mit dem Uber ins Viertel fahren. „An der Konstablerwache fühle ich mich weiterhin nicht sicher.“

Queerfeindliche Gewalt in Frankfurt: „Anderssein muss normal werden“
Polizeipräsident Müller betont, dass er hofft, dass das Ordnungsamt die neue Kameraanlage an der Konstablerwache in den nächsten Monaten verkabelt hat. Auch das würde die Sicherheit erhöhen. Neu ist, dass es in den Bars des queeren Viertels Aufkleber mit QR-Codes gibt, die mit der Online-Wache der Polizei und der Opferberatung verknüpft seien. Die Anzeigen würden als Hasskriminalität gewertet und seien beim Staatsschutz angesiedelt. „Die Angreifer sind keiner gesellschaftlichen Gruppe zuzuordnen“, so Müller. Anders als oft dargestellt werde, stammten die Täterinnen und Täter nicht überwiegend aus migrantischen Kreisen. Von den 24 Beschuldigten im Jahr 2022 habe die Hälfte die deutsche Staatsangehörigkeit, ein Fünftel seien Frauen, das Alter sei bunt gemischt. Müller betont: „In Frankfurt gibt es null Toleranz bei queerfeindlichen Straftaten.“
Bürgermeisterin Eskandari-Grünberg sagt: „Anderssein muss normal werden.“ Aufklärung sei die beste Prävention. „Das muss schon im Kindergarten beginnen.“ Wichtig sei, „das Regenbogenviertel auch bei der nicht queeren Szene bekannt zu machen“, unterstreicht Electra Pain. So sind am 16. und 17. Juni, Aktionstage im queeren Viertel unter dem Motto „Vielfalt Ohne Gewalt“ mit Bühnenprogramm geplant. Dies sei zugleich der Auftakt des erstmalig ins Leben gerufenen „Frankfurter Pride Month“, so Eskandari-Grünberg. Dieser soll in Zukunft in der ganzen Stadt gefeiert werden.
Der weltweit gefeierte Pride Month steht für Stolz, Toleranz – und damit gegen Kriminalisierung, Stigmatisierung und Ausgrenzung von queeren Menschen. Bereits an diesem Dienstag haben Besucherinnen und Besucher von 10 bis 16 Uhr die Möglichkeit, dem Diversitäts-Team der Polizei an der Konstablerwache Fragen zum Thema Vielfalt zu stellen. (Kathrin Rosendorff)