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Frankfurt: Quartiere für 17.000 Menschen rücken näher

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Von: Christoph Manus

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Im Spätsommer 2021 beteiligten sich etwa 3000 Menschen nach einem Aufruf der Bürgeriniative „Heimatboden“ an einer Menschenkette für „Feld statt Beton“.
Im Spätsommer 2021 beteiligten sich etwa 3000 Menschen nach einem Aufruf der Bürgeriniative „Heimatboden“ an einer Menschenkette für „Feld statt Beton“. © Renate Hoyer

Die Frankfurter Römer-Koalition will auf Ackerflächen im Frankfurter Nordwesten das größte neue Wohngebiet seit dem Riedberg schaffen. Damit die Region mitspielt, wurden die Pläne verkleinert. Aber es bleiben Hürden.

Frankfurt – Gut fünf Jahre nach ersten Untersuchungen für einen großen Stadtteil im Nordwesten treiben die Frankfurt Stadtverordneten nun trotz weiterhin großer Widerstände und beträchtlicher Hürden den Bau dreier großer neuer Quartiere an der Autobahn 5 voran. Dort sollen einmal gut 17.000 Menschen in rund 7000 Wohnungen leben und mehr als 5000 Menschen arbeiten. Am Donnerstagabend will die Römer-Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt den Magistrat beauftragen, beim Regierungspräsidium Darmstadt ein Zielabweichungsverfahren für eine entsprechende Entwicklung des bisher landwirtschaftlich geprägten Areals zu beantragen – und so das mit Abstand größte Städtebauprojekt in Frankfurt und Umgebung seit dem Bau des Riedbergs auf den Weg bringen.

Der Frankfurter Planungsdezernent Mike Josef (SPD) und die Koalition bewerben das Vorhaben als großen Beitrag für mehr bezahlbaren Wohnraum in Frankfurt und Region. Schließlich sollen auf den Flächen, die zu einem großen Teil der städtischen Wohnungsgesellschaft ABG Frankfurt Holding sowie städtischen und stadtnahen Stiftungen gehören, zu 30 Prozent Sozial- und Mittelstandswohnungen entstehen und zu 15 Prozent gemeinschaftliche und genossenschaftliche Projekte ohne Renditeinteressen Platz finden. Menschen, die rasch etwas suchen, werden die geplanten Quartiere allerdings kaum helfen. Die ersten Arbeiten im Areal, das an Praunheim, die Nordweststadt und Niederursel grenzt, könnten frühestens 2028 beginnen.

„Steinbach-Ost“ wird nicht gebaut - aus Rücksicht auf Vorbehalte in der Region

Noch vor wenigen Monaten waren die Pläne etwas größer gewesen. Nach einer Studie der Büros Cityförster (Hannover) und Urbane Gestalt (Köln), die der Stadt als Leitvorstellung dient, sollte außer drei Vierteln östlich der Autobahntrasse, die die Arbeitstitel „Neu-Weststadt“, „Lachgrabenquartier“ und „Produktives Praunheim“ tragen, auch ein Viertel westlich der A5 entstehen.

„Steinbach-Ost“ sollte Platz für etwa 1500 Wohnungen bieten. Doch nun wird den Plänen nach das Areal in der Nähe der Nachbarkommunen Steinbach und Oberursel unbebaut bleiben. Die Rede ist nur noch von Sport- und Freizeitflächen. Hallen sollen nicht errichtet werden.

Bauprojekte in Frankfurt

Trotz aller Krisen entstehen derzeit in Frankfurt Quartiere und Großprojekte mit zusammen mehr als 10 000 Wohnungen. Einige der wichtigsten:

Auf dem früheren Siemens-Areal an der Rödelheimer Landstraße hat im Frühjahr 2022 der Bau des Schönhofviertels begonnen, eines gemischten Quartiers mit gut 2000 Wohnungen , Schule, Kitas, Läden und Lokalen, in dem einmal mehr als 5000 Menschen leben könnten. 600 der Wohnungen sind gefördert. Die landeseigene Wohnungsgesellschaft Nassauische Heimstätte und der Projektentwickler arbeiten in Bockenheim zusammen.

Am Rebstock , das ebenfalls zu Bockenheim gehört, sind auf einer langjährigen Brache in Autobahnnähe etwa 880 Wohnungen im Bau, die zum allergrößten Teil von der städtischen Wohnungsgesellschaft ABG-Frankfurt-Holding und der LBBW-Immobiliengruppe errichtet werden. Bei 274 handelt es sich um geförderten Wohnungsbau.

Auf dem früheren Avaya-Areal , einer Industriebrache im Gallusviertel, schafft der Projektentwickler Instone ein Quartier mit etwa 1300 Wohnungen zur Vermietung, von denen 350 bis 400 gefördert werden.

Im Hochhausareal Four in der Innenstadt werden etwa 600 Wohnungen Platz finden. Nur 78 geförderte sind geplant.

An der Sandelmühle in Heddernheim haben ABG und Ten Brinke mit dem Bau von 207 Wohnungen und 67 Reihenhäusern begonnen. 103 werden gefördert.

Verschoben ist hingegen der Baubeginn für das Wohngebiet Hilgenfeld, das die ABG nördlich des Frankfurter Bergs errichtet. 860 Wohnungen, zu 40 Prozent gefördert, sollen dort entstehen. Aus Kostengründen will die ABG erst 2024 beginnen.

Auf Eis liegen die Pläne für die Günthersburghöfe im Nordend. Instone und ABG wollten auf dem Gelände etwa 1500 Wohnungen errichten. Doch seit die Grünen die Pläne ablehnen, ist unklar, ob dort überhaupt noch Wohnungen entstehen.

Zusammengestellt von Christoph Manus

Dass Josef und die Koalition inzwischen auf eine kleinere Variante setzen, hat zum größten Teil mit dem riesigen Widerstand zu tun, auf den die ursprünglichen Pläne vor allem im Vordertaunus stießen. Dort warnten Politiker:innen vehement vor dem Bau einer „Trabantenstadt“ auf „ihrer Seite“ der Autobahn, zogen demonstrierend über Äcker, die dafür nicht geopfert werden dürften. Die nun kleineren Pläne bewirbt Josef denn auch als Kompromissangebot an die Region. Frankfurt darf das Gebiet im Nordwesten nur entwickeln, wenn die Regionalversammlung zustimmt. Lange sah es so aus, als würde das Großprojekt genau daran scheitern.

Das Angebot, nur auf der „Frankfurter Seite“ der Autobahn zu bauen, hat den Widerstand bröckeln lassen. In Steinbach etwa äußert sich die Rathausspitze inzwischen versöhnlicher als zu Zeiten von Bürgermeister Stefan Naas (FDP), dem wohl größten Gegner der Pläne. Die Einwendungen und Resolutionen der Nachbarstadt hätten sich nie „gegen eine Arrondierung Frankfurts östlich der A5“ gerichtet, betonte Nachfolger Steffen Bonk (CDU) schon im Oktober und zeigte sich „froh und dankbar“, dass Frankfurt nun ein Einsehen habe. Josefs Referent Marcus Gwechenberger zeigt sich zuversichtlich, dass die Regionalversammlung das Projekt inzwischen positiver wahrnimmt. Schon früher habe die Stadt schließlich mehrfach die Rückmeldung bekommen, dass die Variante Ost Aussicht auf Erfolg haben könnte, sagte er am Montag der Frankfurter Rundschau.

CDU im Frankfurter Römer lehnt die Quartiere an der A5 inzwischen ab

Dass die Regionalversammlung die Pläne ermöglicht, ist trotzdem alles andere als selbstverständlich. Das liegt zum einen an der CDU, die dort mit der SPD eine große Koalition bildet. Selbst die Frankfurter Christdemokraten, die die Untersuchungen für eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme einst mit Grünen und SPD – als eine Alternative zum Pfingstberg – auf den Weg brachten, sind inzwischen von diesem Vorhaben abgerückt. Statt dessen werben sie für eine noch deutlich kleinere als die nun gewählte Lösung – und begründen das unter anderem mit den großen Hürden zur Realisierung des Projekts. Weiter Widerstand leisten dürften zudem die Initiative „Heimatboden“ sowie Umweltschutzgruppen. Diese warnen etwa vor den Auswirkungen der geplanten Quartiere auf das Stadtklima.

Lange hatte es so ausgesehen, als könnten die Pläne an ihrer Unvereinbarkeit mit Abstandsvorgaben zwischen Stromtrassen und Wohngebieten im Landesentwicklungsplan scheitern. Die Beschränkung auf die Fläche östlich der Autobahn und die geplante Verlegung einer Höchstspannungsleitung auf die Westseite könnten zumindest dieses Problem gelöst haben. (Christoph Manus)

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