Frankfurt: Paulskirche als Klassenzimmer

400 Schülerinnen und Schüler erhalten praxisnahen Einblick beim „Tag des Rechtsstaats“ Hessenweites Konzept von Polizei und Justiz zur nachwuchsgewinnung.
Großer Polizeieinsatz auf dem Paulsplatz: Es geht aber mal nicht um eine Demonstration oder feierwütige Fußballfans, sondern um Nachwuchswerbung. Mit einem „Tag des Rechtsstaats“ machen Polizei und Justiz in der Schülerschaft auf die beruflichen Möglichkeiten in ihren Reihen aufmerksam.
Dafür wird alles aufgeboten, was bei jungen Menschen Eindruck machen könnte. Das Überfallkommando stellt seine schwergewichtige Ausrüstung vor, ein Polizist schwärmt über sein Motorrad mit Bodenfreiheit, auf Plakaten lautet die Aufforderung „Werde Cyber-Kriminalist“.
Besonders viel los ist erstaunlicherweise bei der Verkehrssicherheit. Die hat einen kleinen Parcours aufgebaut, den die Schülerinnen und Schüler zu Fuß absolvieren sollen. Eigentlich kinderleicht, wären da nicht die unterscheidlichen Brillen, die dabei aufgesetzt werden müssten. Die Brillen suggerieren je nach Wahl Drogeneinflüsse wie LSD oder unterschiedliche Stadien der Alkoholisierung. „Alter, ist das schwer“, stöhnt ein Schüler, der mit schwerer Alkoholbrille durch den Parcours torkelt.
Für 400 Schülerinnen und Schüler ab der zehnten Jahrgangsstufe hat dieser Montag aber noch mehr zu bieten als die kleine Nabelschau auf dem Paulsplatz. Sie dürfen auch in die Paulskirche hinein, um dort mehr über den Rechtsstaat zu erfahren. Und das, wie Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) in einem Grußwort betont, „ohne Schulbücher, ganz praktisch“. Bis zum Beginn der Veranstaltung herrscht ehrfüchtiges Gemurmel unter der Schülerschaft. In die Paulskirche darf man schließlich nicht alle Tage.
Um überhaupt eingelassen zu werden, mussten sich dieSchulen vorab bewerben. Die Resonanz, so hieß es aus dem federführenden hessischen Justizministerium, sei „sehr beachtlich“ gewesen, vor allem in Frankfurt. Denn im Anschluss an die Schnupperstunde in der Paulskirche dürfen die Schülerinnen und Schüler noch in das Amtsgericht oder in das Polizeipräsidium, um den Alltag im Rechtsstaat mal praxisnah zu erleben.
Elf Frankfurter Schulen sind beim ersten „Tag des Rechtsstaats“ mit dabei, es hätten noch mehr gewollt. Nicht alle sind in der Paulskirche mit der größten Aufmerksamkeit dabei, manche beschäftigen sich doch lieber mit ihrenHandy, während vorne Landtagspräsidentin Astrid Wallmann sowie die Minister Roman Poseck (Justiz) Alexander Lorz (Kultus) und Peter Beuth (Innen) Fragen beantworten, die von den Schulen vorab eingereicht werden durften. Wie so eine Plenarsitzung denn ablaufe, wollte etwa die Schülerschaft der Klingerschule von Frau Wallmann wissen. Und die Ludwig-Erhard-Schule will vom Justizminister erfahren, was ihm am Rechtsstaat nicht so gut gefalle. „Es dauert immer alles sehr lange und manchmal muss man auch Täter aus Mangel an Beweisen freisprechen“, verrät Poseck.
Auf dem Paulsplatz draußen ist derweil nicht mehr der ganz große Trubel. Die dortigen Einblicke gibt es für alle gratis, aber besonders viel Laufkunfschaft hat sich an diesem Vormittag nicht eingefunden. Immer gerne gesehen sind aber die Spürhunde. Die Vierbeiner der hessischen Justiz erschnuppern Datenträger und Mobiltelefone. Normalerweise in Gefängniszellen, diesmal in den Taschen der Probanden.