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Frankfurt, OB-Wahl: Wahlkampf im Krisenmodus

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Von: Oliver Teutsch

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Einer der seltenen Momente, in denen Manuela Rottmann zu Wort kommt.
Einer der seltenen Momente, in denen Manuela Rottmann zu Wort kommt. Rolf Oeser © Rolf Oeser

OB-Kandidatin Manuela Rottmann sitzt trotz Harmonie auf einem schwierigen Podium. Die meiste Zeit redet Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne)

Man kann nicht sagen, dass es sich die Frankfurter Grünen leicht gemacht hätten. Um das Thema Kultur in Krisenzeiten zu beleuchten, haben sie sich um OB-Kandidatin Manuela Rottmann ein hochkarätig besetztes Podium ins Kino Harmonie nach Sachsenhausen eingeladen. Mit dabei als vermeintliche Wahlkampfhelferin ist an diesem Samstagnachmittag Kulturstaatsministerin Claudia Roth. Auf deren Wunsch wurde zur Einstimmung auf das Thema der Dokumentarfilm „Oh sister“ von Hanna Kopylova gezeigt.

Das 20-minütige Werk zeigt eindringlich wie sehr Frauen in der Ukraine bemüht sind, Land und Leute in diesem Krieg bei Laune zu halten. Angesichts der Bilder von abgetrennten Gliedmaßen, traumatisierten Helferinnen und Frauen, die Flak-Geschütze an deren Geräuschen erkennen, fiel der Schwenk hin zu den Problemen der Frankfurter Kulturpolitik aber ein bisschen schwer.

Das wurde auch nicht dadurch leichter, dass Staatsministerin Roth zu Beginn der Diskussion erstmal eine Viertelstunde am Stück von ihrem Besuch in Odessa referierte: „Über 1000 Kultureinrichtungen in der Ukraine wurden zerstört.“ Die Russen versuchten in diesem Propagandakrieg, die kulturelle Identität der Ukraine auszulöschen.

Die ukrainische Künstlerin Viktoria Masterovenko berichtete dann, wie sie sich um hier ankommende Flüchtlinge kümmere. Wie schwierig die Gespräche mit den traumatisierten Landsleuten seien und dass sie, da sie nun mal Künstlerin und keine Psychologin sei, beschloss, stattdessen lieber Malkurse anzubieten, die auch sehr gut angekommen seinen und nun in eine Ausstellung münden.

OB-Wahl in Frankfurt

FR-Online-Dossier: Wer wird Oberbürgermeister oder Oberbürgermeisterin von Frankfurt? Die Bürgerinnen und Bürger entscheiden am 5. März. Stichwahl-Termin wäre der 26. März. Die FR bündelt ihre Berichterstattung mit Analysen, Porträts und aktuellen Nachrichten in einem Online-Dossier. Mit dabei: Die Positionen der Kandidatinnen zu acht zentralen Wahlprüfsteinen.

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FR-Stadtgespräch zum Nachschauen: Am Mittwoch, 8. Februar, stellten sich den Fragen des FR-Römerteams die Kandidat:innen Manuela Rottmann, Uwe Becker, Mike Josef, Daniela Mehler-Würzbach und Yanki Pürsün. Die Diskussionsrunde lässt sich im Video nachsehen.

OB-Talks: Mit dem Medienmanager Bernd Reisig (Stiftung „Helfen helfen“) lädt die FR vier Kandidat:innen zu Einzelgesprächen ins SAE Institute (Hanauer Landstraße 123a). Am 13. Februar kommt Uwe Becker, am 16. Februar Manuela Rottmann, am 17. Februar Mike Josef und am 14. Februar - als Ergebnis einer Lerser:innen-Abstimmung - der Kandidat der „Partei“, Prof. Dr. Dr. Bembel, vertreten durch Katharina Tanczos. Beginn ist jeweils um 19 Uhr. Eintrittskarten gibt es für zehn Euro unter www.berndreisig.de – die Einnahmen gehen an die Bernd-Reisig-Stiftung.

Leichtfertigerweise erteilte Moderatorin Mirjam Schmidt von der Landtagsfraktion der Grünen dann noch einmal Claudia Roth das Wort, wodurch ihre Parteikollegin Rottmann, Kunstverein-Direktorin Franziska Nori und Daniel Nicolai vom English Theater weitere zehn Minuten zum stumm sein genötigt wurden. Nori kam dann die undankbare Rolle zu, den Schwenk vom Ukraine-Krieg ins eher „beschauliche Frankfurt“ zu schaffen. Die Direktorin des Kunstvereins löste das recht elegant, in dem sie darauf hinwies, wie leicht es Ankömmlinge in Frankfurt gemacht bekämen, sich in der großen Frankfurter Kulturgemeinschaft heimisch zu fühlen.

Nicolai durfte sich dann um seine eigenen Probleme kümmern. „Wir können uns über Krisen nicht beklagen.“ Brexit, Pandemie, Standortfrage, der Intendant des English Theater kann zu allem etwas beisteuern und forderte, dass mehr Geld direkt in die Kultur, und weniger in die Immobilien gesteckt werden müsse, in denen die Kultureinrichtungen zu Hause sind.

Und Manuela Rottmann? Die OB-Kandidatin durfte dann auch mal was sagen, mehr als eine Stunde, nachdem die Veranstaltung begonnen hatte. Die Kultur sei nicht das Schmiermittel der Politik, stellte Rottmann klar. Es müsse so viel wie möglich Geld in die Kulturproduktion und so wenig wie möglich in Stromrechnungen fließen. Womöglich sei der kostenlose Eintritt für Kinder und Jugendliche in Kultureinrichtungen ein guter Baustein, um mehr Menschen in Kultureinrichtungen zu locken. Mit dieser Idee stieß Rottmann bei Nori nur auf gebremste Begeisterung. Diese Form der Quersubventionierung sei nicht immer der Schlüssel zum Erfolg. Das Geld dürfe nicht mit der Gießkanne verteilt werden und neue Projekten sollten nicht über die Köpfe der Kulturschaffenden entschieden werden.

Als Moderatorin Schmidt zu Fragen aus dem voll ausgebuchten Kinosaal überleiten wollte, fiel Staatsministerin Roth noch eine Finte ein, um nochmal zu Wort zu kommen. Sie habe noch eine Frage, warf sie ein, um dann nochmal zu einem fünfminütigem Monolog anzusetzen, der in dem Vorschlag gipfelte, man könne die Museen doch sonntags öffnen, um mehr Publikum anzulocken. „Das war jetzt keine Frage“, konnte sich Moderatorin Schmidt nicht verkneifen, während die Einheimischen über Roths Vorschlag nur milde lächelten.

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