Wut bei Demo nach tödlichem Bahn-Unfall in Nied: „Schranke, nein danke“

Am 7. Mai stirbt eine 16-Jährige an einem Bahnübergang in Frankfurt-Nied. Jetzt fahren die Züge wieder. 150 Demonstranten äußern ihre Wut.
- Am 7. Mai starb eine 16-Jährige an einem Bahnübergang in Frankfurt-Nied
- Anwohner demonstrieren für eine Veränderung an der Gefahrenstelle
- Eine Bürgerinitiative wird gegründet
Frankfurt - Zur stillen Mahnwache vor zwei Wochen kamen sie mit Schaufeln und Spaten. Jetzt macht die „Bürgerinitiative Nied: Die Schranke muss weg!“ ihrem Unmut lautstark Luft, während wieder Züge die tödlichen Gleise befahren. „Ich kann das nicht nachvollziehen. Die Unfallursache ist noch gar nicht geklärt und die Züge dürfen wieder fahren“, sagt Dominik J. (20) traurig. Er ist der Bruder der 16-jährigen Cindy, die am 7. Mai gegen 20 Uhr am Bahnübergang an der Oeserstraße von einem durchfahrenden Zug tödlich verletzt wurde. Die Schranke war nicht geschlossen.
Frankfurt: Bürgerinitiative gegen Schranke am Bahnübergang in Nied
J. führt gemeinsam mit Peter Stoner von der Bürgerinitiative die Demonstration an. „Es heißt, dass die Sicherheit gewährleistet sei, aber wie soll das gehen, wenn die Ursache nicht feststeht. Ich habe jedes Mal ein ganz übles Gefühl, wenn ich zu Fuß über die Gleise muss.“
Die Initiative von Peter und Heike Stoner hat bereits 1278 Mitglieder. Ein Verein wird derzeit gegründet. An der Schranke stehen heute fünf Sicherheitsarbeiter der Deutschen Bahn. Sie halten Abstand zu den Demonstranten, stehen neben einem verwelkten Blumenstrauß an einem Metallpfosten am Bahnübergang.
Bahnübergang in Frankfurt-Nied ist lange als Gefahrenstelle bekannt
„Unsere Verzweiflung richtet sich nicht gegen die Mitarbeiter“, sagt Stoner. „Seit 100 Jahren ist bekannt, wie gefährlich der Übergang ist. Seit Jahrzehnten setzen wir uns dafür ein, dass wir alle ohne Angst und Katastrophen heil über die Gleise kommen.“ Die Männer, Frauen, Jugendlichen und Kinder halten ihre rot-weißen Bänder fest in der Hand. Als Zeichen des Zusammenhalts und als Zeichen in den Farben des Andreaskreuzes.
Die Polizei begleitet die Demonstranten mit Motorrädern und Einsatzwagen auf der Wegstrecke zwischen Kerbeplatz und Niddahalle. Immer wieder rufen sie „Die Schranke muss weg, weg, weg!“ und „Schranke, nein danke!“.
Züge am Bahnübergang in Frankfurt-Nied fahren jetzt langsamer
Auch Cornelia Rosinger (62) ist dabei. „Mein Vater ist bereits vor 63 Jahren genau an dieser Stelle gestürzt“, sagt sie. „Er hatte Glück.“ Ihr Mann war bis zur Rente Lokführer. „Da durchlebt man alles komplett. Mein Mann hat zwei Mal die schreckliche Erfahrung gemacht, dass von seinen Zügen Menschen erfasst worden sind. Sie wollten sterben. Das junge Mädchen jetzt nicht. Das hätte nicht passieren müssen.“ Den Bahnübergang bezeichnet sie als „lebensgefährlich. Ich würde niemals mit dem Rad darüber fahren. Ich steige immer ab. Seitdem ich denken kann“, so Rosinger. „Jeder Verletzte, jeder Tote ist einer zu viel. Und hier stürzen oft Leute*. Zuletzt ein Mann vor zwei Tagen.“
Die Bahnschranke schließt und öffnet sich jetzt öfter. „Früher mussten wir oft zehn Minuten warten, bis zwei oder drei Züge durchgefahren sind. Jetzt fahren sie langsamer und die Schranke schließt und öffnet sich bei jedem Zug einzeln“, bemerkt Heike Stoner. „Früher fuhren sie zwischen 100 und 120 Kilometer pro Stunde. Jetzt zwischen 70 und 80 Kilometer pro Stunde schnell. Das ergibt zwar weniger Stau, aber wir empfinden es als genauso gefährlich wie vor der Tragödie.“
Einstweilige Verfügung gegen Bahnübergang in Frankfurt-Nied beantragt
Stoner hat Anfragen an die Website „Frag den Staat“ geschickt. „Es heißt, dass Antworten innerhalb von vier Wochen kommen“, sagt sie zweifelnd. Tobias Fechler, Vorsitzender der CDU in Nied, hat einstweilige Verfügung beim Gericht beantragt. „Die Züge fahren trotzdem. Wir wissen nicht, ob jetzt irgendetwas sicherer ist, als vorher“, sagt J. bedrückt. Die Initiative hat Akteneinsicht beantragt. „Wir werden nicht eher Ruhe geben, bis wir sicher über die Kreuzung kommen“, betont Stoner. Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD) habe zugesagt, nach Nied zu kommen, um Fragen der Bürgerinitiative zu beantworten. Ebenso wie ein Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn.
Stadtverordnete Milkica Romic (SPD) ist ebenfalls bei der Demo. „Ich bin selbst Mutter. In der Nacht des Unglücks habe ich nicht geschlafen und eine Petition geschrieben. Es ist wichtig, dass alle Fraktionen und alle Bürger in der Sache zusammenhalten. Der Bahnübergang muss weg. Es ist wirklich ernst. Für uns alle. Gemeinsam schaffen wir das.“ Die nächste Mahnwache ist für den 7. Juli angesetzt. Informationen gibt es auf der Facebook-Seite der Bürgerinitiative.
Von Sabine Schramek
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