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„Frankfurt muss wieder die Vermieterin werden“

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Von: Thomas Stillbauer

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Eileen O’Sullivan, 24, ist die Spitzenkandidatin der Partei Volt zur Kommunalwahl.
Eileen O’Sullivan, 24, ist die Spitzenkandidatin der Partei Volt zur Kommunalwahl. © privat

Volt-Spitzenkandidatin Eileen O’Sullivan über Wohnungsbau, Klima und Atomenergie - und über Frankfurt als sicheren Hafen bei gleichzeitig mehr Schutz der EU-Außengrenzen.

Frau O’Sullivan, Ihre Partei Volt ist europäisch ausgerichtet und tritt erstmals zur Kommunalwahl in Frankfurt an. Warum?

Wir wollen vor der Haustür sichtbar machen, wo Europa eigentlich ist: dort, wo wir leben. Uns geht es nicht nur darum, Probleme auf europäischer Ebene zu lösen – wir wollen, dass es gesamtgesellschaftlich ein Umdenken gibt, und deshalb wollen wir mit den Menschen auf lokaler Ebene in Kontakt kommen.

Auf Ihren sichtlich europäischen Plakaten steht zum Beispiel „Mitmachpolitik wie in Reykjavik“ – wie soll das funktionieren?

Reykjavik hat wahnsinnig viele gute Beispiele für die Beteiligung von Bürger:innen, etwa eine Abstimmungsplattform namens „My Neighbourhood“ mit einer App. Da kann man Ideen einreichen, und die können, wenn sie sinnvoll sind, mit einem Budget für Bürger:innen umgesetzt werden.

Gibt’s hier auch: das Mitmachportal „Frankfurt fragt mich“.

Ja, aber in Reykjavik ist die Beteiligung ziemlich hoch, ganz anders als hier, und es gibt dort jedes Jahr drei Millionen Euro für die Projekte. Das ist eine Art, Politik zu machen, die mehr Menschen einbezieht als nur die, die privilegiert sind. So etwas könnte man in Frankfurt ohne großen Aufwand stärken, das würden wir uns wünschen.

Ein weiterer ihrer Plakat-Slogans: „Bezahlbar wohnen wie in Wien“ – wie das?

In Wien besitzt die Stadt ja viele Wohnungen noch selbst und kann so auf die Mietpreise einwirken. Das ist in Frankfurt nicht mehr der Fall. Hier stellen wir uns eine Wohnanleihe vor, so dass Kirchen, Pensionskassen oder Versicherungen langfristig investieren können und die Mieten kostendeckend gestaltet sind, nicht profitorientiert. Langfristig brauchen wir mehr Wohnungen. Mit einem Mietendeckel allein geht das nicht. Frankfurt muss wieder die Vermieterin unserer Wohnungen werden.

Wie sehen Sie das Projekt Günthersburghöfe in dem Zusammenhang? Wie groß soll im Nordend gebaut werden?

Grundsätzlich kommen wir nicht umhin nachzuverdichten. Wir sind aber dagegen, weitere Flächen zu versiegeln, und wir präferieren ein Verfahren, das generell das Klima schont: mit Gebäudebegrünung und Holzbauweise. Irgendwo müssen die Menschen aber wohnen, und da sagen wir: lieber im urbanen Raum, als ländliche Gegenden zu zersiedeln.

Wie stellen Sie sich die Energieversorgung für die wachsende Stadt vor?

Der Energieverbrauch in Frankfurt ist gestiegen. Es gibt ja das mindestens europaweite Projekt „Zero Carbon Cities“ …

… also „Null-Kohlenstoff-Städte“…

… da soll zum Beispiel ein nationales CO2-Budget erstellt werden. Dafür ist es wichtig, Rechenzentren auf klimafreundliche Kühlung umzustellen und die Abwärme zum Heizen weiterzuverwenden. Frankfurt soll sich spätestens 2030 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen versorgen.

Sehen Sie Atomenergie auch als erneuerbare Energie?

Nein. (lacht) Wir sind keine Pro-Atomenergie-Partei.

Das liest sich im Grundsatzprogramm Ihrer Partei anders: Darin steht Kernkraft als Option für die Zukunft.

Es gibt zurzeit keine konsequent umweltfreundliche Möglichkeit, Atom zu fördern, mit all den Giftstoffen, die es zu entsorgen gilt. Sollte die Forschung einen Weg finden, der nachhaltig ist, nicht mehr Atommüll produziert und somit nicht Menschen superkrass schadet, wenn es also hundertprozentig sicher ist, dann wären wir dem nicht prinzipiell abgeneigt. Aber Stand jetzt: nein.

In Ihrem Frankfurter Wahlprogramm steht auch: Frankfurt als sicherer Hafen für Geflüchtete. Das Volt-Grundsatzprogramm pocht hingegen auf sichere EU-Außengrenzen.

Das ist kein Widerspruch. Der Schutz der Außengrenzen beinhaltet auch, dass Menschen an der kroatischen Grenze nicht zusammengeschlagen werden von Frontex …

… der europäischen Grenzwache.

Frontex wird kontrolliert von den einzelnen Nationalstaaten. Das ist ein riesiges Problem und sollte mindestens unter parlamentarische Kontrolle fallen. Es geht ganz klar darum, Fluchtkorridore zu schaffen für Menschen, um sich human in Sicherheit zu bringen. Natürlich müssen die Außengrenzen geschützt werden, aber das bedeutet nicht, dass Menschen, deren Leben bedroht ist, nicht nach Europa kommen können, um hier eine sichere Heimat zu finden. Da ist Frankfurt auch mit in der Verantwortung, weil wir’s können und weil wir eine sehr wohlhabende Stadt sind.

Mit welchen Parteien im Römer sehen Sie am ehesten Gemeinsamkeiten?

Schwer zu sagen, aber alles, was AfD und BFF ist und menschenverachtende Forderungen hat, das schließen wir auf jeden Fall aus.

Interview: Thomas Stillbauer

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