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Frankfurt: Mordanklage gegen Raser

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Von: Stefan Behr

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Der SUV-Fahrer hatte zwei Männer getötet und eine Frau schwer verletzt. Der Justiz ist er kein Unbekannter.

Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den 39 Jahre alten Nebojsa S. wegen zweifachen Mordes, gefährlicher Körperverletzung und unerlaubten Kraftfahrzeugrennens erhoben. Denn zumindest aus juristischer Sicht kann man auch alleine ein Autorennen bestreiten, und alleine war S., als er am Nachmittag des 21. November 2021 mit einem „Firmenwagen“, einem 625 PS starken BMW X6, im Ostend unterwegs war – und eigenhändig das Sicherheitssystem abschaltete, das verhindern soll, dass der Wagen bei unsachgemäßer Beschleunigung ausbricht. Nun war es aber ebendiese Beschleunigung, die S. im Sinn hatte – um mit ihr, so die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Nadja Niesen, „anderen Verkehrsteilnehmern zu imponieren“.

Nachdem S. an mehreren Ampeln der Sonnemannstraße einen sogenannten „Drift“ hingelegt hatte, verlor er bei einem solchen Manöver in der Oskar-von-Miller-Straße die Kontrolle über den Wagen. Mit mehr als 80 Kilometern pro Stunde geriet das Auto auf den Bürgersteig, riss einen Betonpfeiler mit einem Durchmesser von einem Meter um, raste in einen auf dem Radweg fahrenden 27 Jahre alten Lieferando-Fahrer und quetschte am Ende eine 31 Jahre alte Studentin und ihren 61 Jahre alten Vater, die gerade ein Auto entluden, gegen eine Hauswand. Der Fahrradkurier und der 61-Jährige starben, die Studentin erlitt schwerste Verletzungen, an denen sie heute noch laboriert.

Der Unfallfahrer blieb so gut wie unverletzt, obwohl er nicht angeschnallt war. Dafür hatte er eine lose Schnalle in das Gurtschloss gesteckt – ein bei Rasern beliebter Trick, der das lästige Piepen unterbindet, das davor warnt, unangeschnallt unterwegs zu sein. Der in U-Haft sitzende S. streitet ab, den Tod von Menschen billigend in Kauf genommen zu haben, und spricht von einem Unfall, wie er ja mal passieren könne.

Mit Unfällen scheint er sich auszukennen. Offiziell vorbestraft ist S. lediglich wegen einer Urkundenfälschung. Aus seinem Führungszeugnis gelöscht wurde allerdings eine erstaunliche Sammlung von Verkehrsdelikten jeglicher Bauart. Interessant ist dabei, dass S. es geschafft hat, die als schwierig zu bestehen geltende und im Volksmund „Idiotentest“ genannte medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) bereits viermal mit Bravour zu meistern.

Erstaunlich ist auch sein „Dienstwagen“, der mit 625 PS wohl selbst bei der Arbeiterwohlfahrt Verdacht hätte erregen können. Aber das ist erklärbar: S. gehört zu einer fünfköpfigen „Baumafia“, deren Mitglieder im November 2018 vom Landgericht wegen Steuerhinterziehung in zweistelliger Millionenhöhe zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden waren; dieses Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Das Quintett hatte zuvor, höchstwahrscheinlich mit freundlicher Unterstützung der albanischen Kokain-Mafia, Immobilien im dreistelligen Millionenwert gekauft – unter anderem das bis heute leerstehende „Institut für vergleichende Irrelevanz“ am Bockenheimer Campus. In diesem Milieu sind solche „Dienstwagen“ recht beliebt.

Ein Termin für den Prozess vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts steht bislang noch nicht fest.

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