Frankfurt: Mit dem Wasser auf Zeitreise gehen

Film der Künstlerin Maria Loboda führt im Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt zum Müll unserer Überflußgesellschaft.
Die Grube Messel ist berühmt wegen der Qualität der dort gefundenen Fossilien. Auf dem Gelände der ehemaligen Ölschiefergrube im Landkreis Darmstadt-Dieburg findet sich auch ein artesischer Brunnen, aus dem Wasser ohne technische Hilfe sprudelt. Die Künstlerin Maria Loboda hat ihn ins Zentrum ihres ersten Films „The Machine“ gestellt. Er führt Besucher:innen von heute an im Senckenberg Naturmuseum auf eine Reise in das Zeitalter des Eozäns vor 50 Millionen Jahren und in neuere Erdschichten zum Müll unserer Überflußgesellschaft.
Brunnen Star des Films
Maria Loboda, die erste Trägerin des Ottilie-Roederstein-Stipendiums des hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst, beschreibt sich selbst als eine „Gegenwartsarchäologin“. Ihr Film, Teil einer Installation, entstand im Austausch mit Wissenschaftler:innen der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, die seit fast 50 Jahren die Funde und Geobiodiversität der Grube Messel erforschen. „Die wissenschaftliche Bedeutung der Grube Messel hat mich erst eingeschüchtert. Ich habe mich bewusst für den artesischen Brunenn als Hauptcharakter meines Filmes entschieden, da er selbst nicht Gegenstand der Messelforschung ist“, sagt die Künstlerin, die an der Städelschule studierte und bereits auf der Documenta und der Biennale von Venedig Arbeiten ausgestellt hat.
„Maria Loboda eröffnet uns eine künstlerische Perspektive und einen neuen Zugang zu der Geschichte und der Forschung der Grube Messel“, sagt Brigitte Franzen, Direktorin des Museums, das im vergangenen Jahr 420 000 Besucher:innen anzog.
Die Sonderausstellung ist Auftakt für eine Reihe von Schauen, die in diesem Jahr Kunst und Wissenschaft in Beziehung zueinandersetzen. Am 8. September startet beispielsweise mit „Floralia: Merian – Schultz – Crespo“ eine Ausstellung mit den sehenswerten und wissenschaftlich interessanten Werken der Künstlerinnen Maria Sybilla Merian, Elisabeth Schultz und Ulrike Crespo.
Maria Lobodas Film, für den die Komponistin Leona Jacewska den Soundtrack schrieb, zieht die Betrachter:innen in das Innere eines Rohres, aus dem am artesischen Brunnen in der Grube Messel seit 2001 Grundwasser sprudelt. Sie werden in eine Maschinenhalle geführt, deren Maschine an die von Marly erinnert, die mit Hochdruck Wasser in die Wasserspiele von Versailles pumpt. Danach reisen sie in das Eozän, in der sich, wie Fossile zeigen, Säugetiere, Insekten und Pflanzen rasant entwickelten.
Schließlich geht es zurück in die Gegenwart, zu neuen anthropogenen Sedimentsschichten, dem von der Künstlerin entwickelten „Plastiglomerat“, bestehend aus geschmolzenem Kunststoff-Müll, der in seiner Farbigkeitkeit und Struktur an Edelsteine erinnert. Entsprechend hat Maria Loboda die Bilder ironisierend mit den blumigen Texten aus einem Schmuckkatalog des britischen Auktionshauses Sotheby’s unterlegt.
Kinder, die sich das „Plastiglomerat“ anschauen, seien erst begeistert, sagt Maria Loboda. „Aber wenn sie erkannt haben, was es tatsächlich ist, erschrecken sie, weil sie wissen, dass diese Schichten nie hätten damit verschmutzt werden dürfen.“
Die Ausstellung „Maria Loboda: The Machine“ ist bis 16. Juli im Senckenberg Naturmuseum zu sehen.