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Frankfurt: Mehr Menschen, mehr Natur

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Von: Thomas Stillbauer

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Eine grüne Oase wie der Palmengarten bietet Abkühlung an heißen Tagen. christoph boeckheler
Eine grüne Oase wie der Palmengarten bietet Abkühlung an heißen Tagen. christoph boeckheler © christoph boeckheler*

Palmengarten-Direktorin Heubach spricht über den Weg zur „grünen Stadt“ – und kündigt höhere Eintrittspreise an.

Wie viel Ökosystemleistung braucht die Stadt? Diese Frage, sagt Palmengartendirektorin Katja Heubach, solle sich Frankfurt stellen. Ihr Appell am Mittwochabend in der „Kulturlounge“ des Kuratoriums Kulturelles Frankfurt: Mit jedem Neubürger, jeder Neubürgerin, müsse die Stadt, wenn sie den Naturschutz ernst nehme, eigentlich berechnen, was das für die Stadtnatur bedeute – und sie anpassen.

Die sei nämlich wichtig, die biologische Vielfalt in der Stadt, sagt Heubach im Gespräch mit Volker Mosbrugger, dem Präsidenten der Polytechnischen Gesellschaft und früheren Senckenberg-Generaldirektor, vor Publikum in der Evangelischen Akademie und daheim an den Computerbildschirmen.

„Wir reden vom größten Artensterben seit der industriellen Revolution“, sagt Mosbrugger und fragt, was das für die Stadt bedeute. Biodiversität sei schwer zu greifen, erklärt Heubach. Man täte gut daran, sie herunterzubrechen darauf, was die Vielfalt konkret für die Menschen tue. „Wenn Sie die Siesmayerstraße hochlaufen“, sagt sie, an einem heißen Tag, „das spüren Sie, dann haben Sie im Palmengarten zwei bis drei Grad weniger - das ist eine Ökosystemleistung“.

Welche in ihren Augen die wichtigste Ökosystemleistung sei, will Mosbrugger von Heubach wissen, die einst bei Senckenberg forschte. Photosynthese, kommt es wie aus dem Wasserschlauch geschossen: „Ohne Photosynthese wären wir alle nix.“ Besonders ohne den Sauerstoff, den Pflanzen freundlicherweise für uns bereitstellten.

Es macht Freude, den beiden Fachleuten zuzuschauen, die sich schon so lange kennen und schätzen. Heubach bringt das Palmengarten-Leitthema Blüten- und Bestäuberökologie ins Spiel und den Slogan, den sie gern dazu zitiert: „No Bees, no Bembel“ – keine Bienen, kein Apfelwein. Wer das verstehe, hänge sich ein Insektenhotel hin und sorge dafür, dass genug Blühpflanzen im Garten sind. Erste Schritte.

Aber konkret: „Warum brauchen wir Biodiversität in der Stadt?“, fragt Mosbrugger. Es könne doch das Umland für die Natur sorgen und die Stadt für die Büros. Es gebe andernorts Stadtviertel praktisch ohne Natur, antwortet Heubach. Dort sei der soziale Friede gefährdet, die Kriminalität steige. „Der Mensch braucht Natur. Grün in der Stadt bedeutet Naherholung, bedeutet Naturerfahrung in der Stadt.“ Selbst wer „ins Smartphone verliebt“ sei, setze sich damit ungern in die heiße Betonwüste. Der Palmengarten habe seine „Grüne Schule“ zu einer Abteilung Pädagogik ausgebaut, berichtet die Direktorin. Kinder im Grundschulalter ließen sich für Naturthemen begeistern.

Doch der Weg zur „Green City“, nach dem Mosbrugger fragt, er ist lang und voller Kompromisse. „Entsiegeln wir mal den Römerberg“, so gern Naturverbundene es täten, das gehe nicht. Mehr Bewusstsein schaffen, Dächer begrünen, viele Dächer: Das sei machbar und effektiv. Es gehe darum, gute Kompromisse auszuhandeln und nicht in Depression zu verfallen, nur weil man alles richtig machen wolle.

„Die Stadt will bis 2035 klimaneutral sein - und der Palmengarten?“, fragt Mosbrugger herausfordernd. „Früher!“, sagt Heubach forsch und lacht. Und macht keinen Hehl daraus, dass die Aufgaben der Zukunft Geld kosten. Bei sieben Euro Palmengarten-Eintritt werde es auf Dauer nicht bleiben. Man wolle bei der Anpassung an den Klimawandel mehr mit anderen Botanischen Gärten zusammenarbeiten, Aber da gibt es noch ein Problem: „Gärtnerinnen und Gärtner werden knapp. Und die leiden unter dem Klimawandel wie die Hunde.“

Wer die Stadt liebe, sagt Heubach, solle sich fragen: „Was kannst du für die Stadt tun?“. Einfach mal eine Baumscheibe bepflanzen. „Da kommt keiner und sagt: Das darfst du nicht.“ Schon gar nicht die Stadtnatur.

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