Lieferando-Streik in Frankfurt: Mehr Lohn, weniger Leistungsdruck

Die Rider des Lieferdienstes Lieferando folgen in Frankfurt dem gewerkschaftlichen Aufruf zum ersten Lieferando-Streik in Deutschland.
Frankfurt – Anfangs ist es eine kleine Traube von orange gekleideten Menschen, die sich vor der Lieferando-Niederlassung in Frankfurt versammelt hat. Sie sind am Freitag (14. April) dem Aufruf der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) zum Warnstreik gefolgt.
Ein Lieferant kommt angefahren, stellt sein Rad ab und wird mit Jubelrufen von seinen Kolleg:innen empfangen. Gerade habe er noch Essen ausgeliefert, aber „jetzt ist Streik“. Seit mehr als drei Jahren arbeite er für Lieferando. Seither werde es immer mehr Arbeit für denselben Lohn. „Ich sehe es nicht ein, bei Minusgraden, für einen Hungerlohn zu arbeiten“, sagt ein anderer. So werden es immer mehr, bis sich eine Gruppe von etwa 50 Streikenden und Demonstrierenden zur Kundgebung an der Hauptwache aufmacht.
Bereits im Februar habe die NGG den Online-Lieferdienst schriftlich zu Tarifverhandlungen aufgefordert, sagt Anna Langensiepen. Sie ist Gewerkschaftssekretärin bei der NGG. Bisher zeige Deutschlands marktführendes Lieferunternehmen jedoch keine Bereitschaft zum Gespräch. Die Gewerkschaft versuche nun weiteren Druck auf das Unternehmen auszuüben.
Lieferando-Streik in Frankfurt: Arbeit bei jedem Wetter
Die Arbeit der „Rider“ sei hart, sagt Langensiepen. Liefern trotz Hitze, Kälte, Glätte und das auch noch zu Hauptverkehrszeiten. Das Unternehmen gibt an, den gesetzlichen Mindestlohn von zwölf Euro zuzüglich einer Prämie für getätigte Lieferungen zu zahlen. Damit kämen die „Rider“ auf einen durchschnittlichen Stundenlohn von 14,10 Euro.
Eine solche Leistungsprämie verleite die Fahrer:innen allerdings dazu, Lieferungen möglichst schnell auszufahren. Langensiepen sieht deshalb ein gesteigertes Unfallrisiko. Die Gewerkschaft fordert einen festgelegten Mindestlohn von 15 Euro. Über andere Bonusmodelle will sie diskutieren. Zum Beispiel mehr Geld für Fahrten zu Zeiten, in denen besonders viele Aufträge kommen.
Lieferando-Streik in Frankfurt: Unbezahlter Heimweg
Endet die Arbeitszeit der Fahrer:innen mit der letzten Lieferung, bliebe der Heimweg bislang unbezahlt. Dies sei nicht mit normalen Pendler:innen vergleichbar, sagt sie. Die „Rider“ hätten nämlich keinen Einfluss darauf, wohin und wie weit sie der Algorithmus, der die Aufträge zuteilt, schickt. Außerdem wolle die Gewerkschaft über ein 13. Monatsgehalt, Schichtzulagen und eine Kilometerpauschale von 50 Cent für Auto-Lieferanten diskutieren.
Laut Lieferando-Sprecher Oliver Klug ist die Mehrheit der Fahrer:innen mit ihrem Job zufrieden. Die Bezahlung sei besser als bei anderen Servicekräften in der Gastronomie und die unbefristeten Festanstellungen bei Lieferando sei branchenweit einzigartig.
Sollte Lieferando Tarifverhandlungen weiter ablehnen, will Langensiepen trotzdem optimistisch bleiben. Es sei deutschlandweit der erste Streik bei Lieferando, sagt sie. Auf der Kundgebung kündigt ihr NGG-Kollege Mark Baumeister an, dass der nächste deutsche Lieferando-Warnstreik in 14 Tagen stattfinden soll. „Wir werden laut sein, wir werden stark sein“, fügt er hinzu.