Frankfurt: Leiser Ruf nach mehr Sicherheit

Rund 100 Menschen fahren eine Radtour zum Gedenken an die Opfer des Straßenverkehrs
So nah können Freud und Leid beisammen sein. Eigentlich ist der Anlass ein trauriger: der „Ride of Silence“. Eine weltweite stille Radtour im Gedenken an alle Radlerinnen und Radler, die im Straßenverkehr verunglückt sind. 2021 waren das in Frankfurt 782 Menschen, 99 davon schwer verletzt, eine Frau sogar tödlich. Für 2022 gibt es noch keine Statistik. In diesem Jahr sind bereits zwei Radfahrer gestorben.
Etwa 100 Menschen haben sich darum am Mittwochabend mit ihren Fahrrädern auf dem Opernplatz versammelt. Sie wollen nach Rödelheim fahren und dort ein sogenanntes Ghost Bike aufstellen, ein weiß lackiertes Geisterrad. Das soll weithin sichtbar im Straßenverkehr prangen und mahnen: An dieser Stelle ist ein Radfahrer tödlich verunglückt. Entsprechend sind die meisten auch geisterhaft weiß gekleidet, die Mienen ernst.
13 solcher Räder sind in Frankfurt zu finden. „Heute kommt das 14. dazu“, sagte Mitorganisator und Lokalpolitiker (Die Partei) Falko Görres. „Das sind viel zu viele.“ Das neue Rad mahnt an einen Verunfallten aus dem Vorjahr. Für den Toten in Griesheim soll es ein weiteres geben. Aber erst nach Absprache mit den Hinterbliebenen. Dann schleicht sich doch noch ein Lächeln in Görres Gesicht. Er freut sich sichtlich, dass so viele Menschen dem Aufruf gefolgt sind. „Im Vorjahr waren es etwa 20.“
Auch Stefan Maier fährt mit. Seine Solidarität wolle er bekunden, sagt der städtische Verkehrsdezernent. Das sei ihm in mehrfacher Hinsicht ein Anliegen. Natürlich politisch: Die Veränderungen an der Radinfrastruktur der vergangenen Jahre seien eben nicht einer grünen Ideologie geschuldet, stellt er klar. Sie sollten das Radfahren sicherer machen. „Die Menschen müssen die Chance haben, lebendig und unverletzt von A nach B zu kommen“, sagt er. Auch ohne mehrere Quadratmeter Blech um sich herum.
Auch privat sei ihm die Tour ein Anliegen, sagt der Dezernent und wird ein bisschen blasser um die Nase. Immerhin habe er selbst in den 90er Jahren eine Nahtoderfahrung gemacht bei einem Unfall mit einer unachtsam geöffneten Autotür. Seither fahre er immer mit besonderem Abstand zu den Autos am Straßenrand, auch wenn es hinter ihm laut hupe.
Es sei eine private Initiative, die die Tour organisiere, sagt Falko Görres. ADFC und VCF unterstützen aber, seit neuestem auch die Triathlon Abteilung von Eintracht Frankfurt. Einer ihrer Athleten ist im Europaviertel tödlich verunglückt.
Zwar sei bereits viel geschehen für die radfahrende Gemeinschaft, sagt Görres noch. Aber die hohe dreistellige Zahl an Verunglückten sei über die Jahre konstant geblieben. Von der Vision, keine Verkehrstote mehr zählen zu müssen, „sind wir sehr weit weg“. Dann fährt das Peloton los. Heute mal mit Polizeischutz.