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Frankfurt: Kandidatin mit Bierdeckel

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Von: George Grodensky

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Eigentlich soll sie Bierdeckel verteilen, OB-Kandidatin Manuela Rottmann der Grünen diskutiert aber gerade.
Eigentlich soll sie Bierdeckel verteilen, OB-Kandidatin Manuela Rottmann der Grünen diskutiert aber gerade. Monika Müller © Monika Müller

Die Grünen und ihre Kandidatin Manuela Rottmann ziehen am Freitag Abend durchs Nordend.

Freitagabend, Matthias-Beltz-Platz im Nordend. Todesmutig stürzt sich Manuela Rottmann in den Kneipenwahlkampf. Gleich an der ersten Station, dem beliebten Wasserhäuschen, trinkt sie tapfer ein eisgekühltes Römer-Pilsner. Zwei verwegen aussehende Kerle haben die OB-Kandidatin der Grünen in ein längeres Gespräch verwickelt. Rottmann hat aber Glück: einer der beiden entpuppt sich als Grünen-Wähler, in einem sozialen Beruf tätig. Er kennt die ehemalige Dezernentin noch aus ihrer aktiven Zeit in der Frankfurter Politik. „Es ist gut, dass sie wieder da ist“, urteilt er hinterher. Zumal sie die Runde auch bezahlt hat.

Eigentlich ist der Plan, so viele Tavernen wie möglich abzuklappern und dort Bierdeckel zu verteilen. Die haben mehr oder weniger originelle Aufdrucke und sollen die Menschen dazu bringen, sich gedanklich mit Politik zu beschäftigen. „Das motiviert auch, sich zu informieren und zur Wahl zu gehen“, glaubt Burkhard Schwetje vom Kreisvorstand der Grünen. Zumindest erreiche man die Menschen eher, als wenn man sie mittags beim Einkaufen störe. Mit ihren Bierdeckeln waren die Grünen nicht nur bei der Feldmann-Abwahl 2022 recht präsent. Bereits 2017 sind die Pappkameraden zum Einsatz gekommen.

Allerdings torpediert Rottmann den Plan ein bisschen. Sie lässt sich gerne in Gespräche verwickeln. Das macht sie durchaus geschickt. Wo sie merkt, dass jemand gar kein Interesse hat, ist sie kurz freundlich. Wo Menschen ihr aufmerksam begegnen, verweilt sie, länger als dem Team lieb zu sein scheint. „Wenn wir alleine unterwegs sind, kommen wir schneller voran“, sagt Schwetje und grinst. „Aber Manuela ist auch interessanter als wir.“

Er muss aber auch einige Fragen klären. Warum Mailand und Barcelona auf einem der Deckel erwähnt werden, fragt ein halb gebildeter Reporter. „Weil beide Städte einen Grünen Oberbürgermeister haben“, erklärt Schwetje geduldig. Warum auf den Deckeln kein Grünen-Logo zu sehen ist, will ein anderer Kerl wissen. „Schämt Ihr Euch?“

Auch da bleibt Schwetje gelassen und lacht pflichtschuldig über den Witz. Dann erklärt er, dass die OB-Wahl ja eine Personenwahl sei. Die Kandidatin Rottmann soll so auch Menschen ansprechen, die vielleicht mit der Partei weniger anfangen können. „Es ist ein offenes Angebot für alle Frankfurterinnen und Frankfurter“, sagt Schwetje. Person und Programm sollen überzeugen, nicht die Parteizugehörigkeit. Darum sind die Bierdeckel auch in allen möglichen Farben gehalten, nicht nur grün mit etwas gelb.

Ihr Programm präsentiert Rottmann gerade den Besucherinnen und Besuchern des Friedberger Platz-Marktes. Frankfurt müsse klimaneutral werden. Es brauche eine ambitioniertere Sozialpolitik, pragmatische Wirtschaftspolitik und konsequente Umwelt- und Klimapolitik. „Wir sind viel zu langsam bei der Solarenergie.“ Die Verwaltung möchte sie modernisieren, Autoverkehr reduzieren. „Kümmern Sie sich um die Elektroroller“, bekommt sie als Arbeitsauftrag mit auf den Weg.

Wird sie womöglich tun. Am Freitag zumindest geht Rottmann auch keinem Disput aus dem Weg, Sie ist nicht unverbindlich oder servil, sie versucht zu überzeugen. Etwa das Pärchen, das zwei Autos nutzt und schwört, auch beide unbedingt zu benötigen. Rottmann verweist darauf, das es auch anders geht, erzählt von London, Mailand, Paris, Wien. Eine Reihe, in der Frankfurt auf keinen Fall fehlen sollte. Ob sie dem Paar ihre Autoliebe ausgeredet hat, bleibt hernach offen. Aber immerhin konstatieren beide: „Für den Radverkehr muss noch viel getan werden.“

Und einem SPD-Mitglied entringt sie das Versprechen, er werde in der Stichwahl für sie stimmen, wenn es der eigene Kandidat nicht dahin schaffen sollte. „Mike Josef ist ja noch jung“, leistet Rottmann Überzeugungsarbeit. Er könne noch OB werden, wenn sie in Rente sei. Anfang der 90er sei sie vom Dorf nach Frankfurt gekommen, erzählt Rottmann. „Ich war sehr beeindruckt.“ Sie habe das Gefühl gehabt, in Frankfurt rede man mit den Menschen, nicht über sie.

So redet sie also mit Menschen am Luisenplatz, dann am Merianplatz, beim Weinhandel kauft sie sich schnell noch eine Scheurebe aus dem Frankenland, gegen das Heimweh. Dann ist aber auch mal Feierabend. Ausklingen lässt die Gruppe den Abend in der Schönen Müllerin. Weil sich da immer die SPD trifft. Ein bisschen Wahlkampf geht halt immer.

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