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Frankfurt - jung und engagiert: „Kunst muss nicht perfekt sein“

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Unterliederbach Stadtteilbotschafterin Alischa Azman lässt Wände bunt gestalten, Und nicht nur das

Frau Azman, war Kunst schon immer Ihre große Leidenschaft?

In der Grundschule noch nicht. Aber als ich aufs Gymnasium kam, wollte ich unbedingt in die Kunstklasse. Damals habe ich angefangen, mit Bleistift zu zeichnen, vor allem Porträts. Irgendwann wollte ich mit Farbe auf Leinwänden malen, habe mich aber lange nicht getraut.

Warum nicht?

Bleistiftstriche kann man wieder wegradieren, Farbe bekommt man nicht so leicht weg. Und mit einer Leinwand war ich nicht vertraut. Ich habe nach Kunstworkshops gegoogelt, allerdings waren die oft echt teuer und fanden nur an einem einzigen Tag statt.

Wie haben Sie den Mut gefasst, dann doch mit Farbe zu malen?

In der 11. Klasse fand an unserer Schule ein Projekttag statt, den wir frei gestalten konnten. Ich habe mit einer Freundin zwei Leinwände gekauft. Während sie direkt anfing, mit der Acrylfarbe zu malen, saß ich davor und traute mich nicht. Meine Lehrerin hat mich dann ermutigt und gesagt: Du schaffst das! Am Ende der Stunde hatte ich ein Porträt fertig. Noch am selben Tag habe ich eine weitere Leinwand gekauft und zu Hause ein zweites Porträt gemalt. Heute ist malen und zeichnen für mich wie eine Therapie und eine gute Abwechslung zum Studium und zum Alltagsstress.

Sind es diese Erfahrungen, die Sie nun an andere weitergeben möchten?

Durch mein Projekt will ich Kindern und Jugendlichen die gleiche Erfahrung ermöglichen, die ich hatte. Sie sollen sich entfalten und aus diesem Schulsystem herauskommen, in dem alles benotet wird und alles vermeintlich perfekt sein muss. Kunst ist nicht perfekt. Man kann einfach machen, worauf man Lust hat.

Wie bringen Sie das Ihren Projektteilnehmern und -teilnehmerinnen bei?

Von Juli bis Oktober habe ich einmal wöchentlich Kunstworkshops angeboten. Dafür habe ich zum Beispiel Umrisse der Mona Lisa ausgedruckt, die die Kinder dann gestalten sollten. Ich habe sie gefragt: Wie sieht eure Mona Lisa aus? Es kamen die witzigsten Dinge dabei raus: Mona Lisa als Spiderman, als Fußballer oder als Frankenstein.

Inzwischen haben Sie sogar ganze Wände gestalten lassen, oder?

Ja. Im Herbst habe ich mit Jugendlichen im Jugendclub Unterliederbach eine Wand mit Graffiti besprüht. Das war auch für mich etwas Neues. Ich konnte mit einem Streetart-Künstler zusammenarbeiten, der mir die verschiedenen Techniken beigebracht hat. Wir haben die Frankfurter Skyline und einen Galaxy-Hintergrund auf die Wand gesprüht und dazu das Logo vom Jugendclub. In den Osterferien habe ich mit Grundschulkindern die Wände eines Hausaufgabenraums im Kinderclub „Treffpunkt“ bemalt. Die Kinder hatten sich das Thema „Unterwasserwelt“ gewünscht. Mit Schablonen und spezieller Farbe haben wir dann Fische und Korallen an die Wände gemalt.

Wie haben Sie die Kinder dabei erlebt?

Ich kannte sie schon von den Workshops im vergangenen Jahr. Damals waren sie manchmal unsicher. Als ich sie jetzt wieder getroffen habe, waren sie richtig motiviert und haben gar nicht mehr groß nachgefragt, wie sie etwas machen sollen, sondern haben einfach angefangen. Das hat mich glücklich gemacht und mir gezeigt: Ich habe das erreicht, was ich erreichen wollte.

Wird es eine Fortsetzung Ihres Projekts geben?

Ich möchte auf jeden Fall weitermachen. Ursprünglich wollte ich regelmäßig Kunstworkshops geben, aber jetzt habe ich gesehen, wie viel Spaß die Kinder und Jugendlichen am Bemalen der Wände haben. Für sie ist das eine tolle Erfahrung, denn die Möglichkeit dafür gibt es nicht oft. Jetzt suche ich weitere Räume in ganz Frankfurt, in denen wir Wände bemalen können. Ich möchte mit meinem Projekt gerne auch andere Stadtteile erreichen.

Interview: Sebastian Theuner

Alischa Azman, 20 Jahre alt, wohnt im westlichen Stadtteil Unterliederbach und studiert Wirtschaftsingenieurswesen an der Technischen Universität Darmstadt. Wer sie bei der Suche nach weiteren Wänden zum Bemalen im Stadtgebiet unterstützen möchte, kann sie per E-Mail kontaktieren. Sie ist unter der Adresse alischa.azman@stadtteilbotschafter.de erreichbar. Weitere Infos zu dem Projekt gibt es auch auf Instagram: @bunterliederbach_united

Das Stipendium

Seit 2007 unterstützt die Stiftung Polytechnische Gesellschaft mit einem Stipendienprogramm junge Leute dabei, ihre Ideen in Frankfurt umzusetzen. Bisher haben 180 Stadtteil-Botschafter:innen in 142 Projekten den Zusammenhalt in den Frankfurter Stadtteilen gestärkt.

Die Stipendien werden regelmäßig von der Stiftung ausgeschrieben. Infos zum Projekt und zur Bewerbung unter www.stadtteil-botschafter.de sowie bei Projektleiterin Silja Flach (flach@sptg.de).

Die FR stellt in einer losen Interviewserie die aktuelle Generation der Botschafter und Botschafterinnen vor. 15 junge Leute im Alter zwischen 15 und 27 Jahren nehmen am Jahrgang 2022/23 teil. (sth)

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