Frankfurt: Immer weniger Sozialwohnungen

Die Zahl der Sozialwohnungen in Frankfurt erreicht einen neuen Tiefstand. Die Stadt versucht zwar, die Entwicklung umzukehren. Neue geförderte Wohnungen entstehen aber kaum.
Obwohl die Stadt Frankfurt seit einigen Jahren Investor:innen verpflichtet, in neuen Baugebieten zu 30 Prozent geförderten Wohnraum zu errichten, und in großem Stil Belegungsrechte erwirbt, sinkt die Zahl der Sozialwohnungen in Frankfurt weiter. Das städtische Amt für Wohnungswesen hatte zum Jahresende 2020, wie die Frankfurter Rundschau auf Anfrage erfuhr, nur noch Belegungsrechte für 30.477 Wohnungen. Das sind 605 weniger als im Jahr zuvor. Im Vergleich zum Jahr 2018 ist der Bestand sogar um mehr als 1000 Wohnungen geschrumpft. Zuletzt war er viele Jahre langsam, aber ziemlich stetig auf den nun erreichten Tiefststand gesunken.
Der Bedarf an Sozialwohnungen bleibt jedoch sehr hoch. 8973 Haushalte, die Anspruch auf eine Sozialwohnungen haben, waren Ende 2020 beim Amt für Wohnungswesen als suchend registriert. Das sind 261 weniger als im Jahr zuvor. Die Zahl der Personen, die sich hinter diesen Haushalten verbergen, ist aber sogar leicht auf nun 22.832 Menschen gestiegen. Offenbar sind viele Familien unter den Suchenden.
Das Frankfurter Wohnungsamt kann zu wenige Sozialwohnungen vermitteln
Wer nicht großes Glück hat, kann viele Jahre auf eine Sozialwohnung warten. Im Jahr 2019 vermittelte das Wohnungsamt gerade einmal 1616 Haushalten eine Bleibe. 2018 gelang dies bei 1661 Haushalten.
Der Stadt sei es in den vergangenen Jahren gelungen, den Schwund an Sozialwohnungen wenigstens abzuschwächen, sagte Mark Gellert, Sprecher von Planungsdezernent Mike Josef (SPD), am Dienstag. Langfristig sei es aber das Ziel, zu einer Trendwende zu kommen und den Bestand kontinuierlich wieder zu erhöhen. Er weist darauf hin, dass sich die Koalition von Grünen, SPD, FDP und Volt vorgenommen hat, jährlich 1000 Wohnungen des 1. Förderwegs durch Neubau oder den Erwerb von Belegungsrechten zu schaffen. Der Bau von Sozialwohnungen alleine werde nicht ausreichen, um zu kompensieren, dass jedes Jahr Wohnungen aus der Sozialbindung fallen, sagte Josefs Sprecher.
Viel zu wenige neue Sozialwohnungen werden in Frankfurt gebaut
In der Tat gelingt es in Frankfurt bisher nicht einmal ansatzweise, mit dem Bau von Sozialwohnungen dem Schwund entgegenzuwirken. Im Jahr 2019 fielen, wie Josef jüngst auf eine Frage des Stadtverordneten Eyup Yilmaz (Linke) mitteilte, 987 Wohnungen aus der Sozialbindung, im Jahr 2020 waren es 817. Fertiggestellt wurden im Jahr 2020 dagegen nur 41 Sozialwohnungen. Im Jahr zuvor waren es 42 gewesen.
Dass trotz der seit Jahren hohen Bautätigkeit so wenige Sozialwohnungen entstehen, hat mehrere Gründe. Vielleicht der wichtigste: Selbst die städtische Wohnungsgesellschaft ABG und die landeseigene Nassauische Heimstätte bauen in der Regel keine einzige Wohnung des ersten Förderwegs, die über die von ihnen verlangten Quoten für sozialen Wohnungsbau hinausgeht. Die Stadt setzt die Förderquoten zudem nur durch, wo sie Planungsrecht schafft oder ändert. Noch immer entstehen daher große neue Bauprojekte, bei denen überhaupt keine geförderte Wohnung entsteht.
Neue Koalition in Frankfurt will den Baulandbeschluss verschärfen
Erst seit dem 2020 gefassten Baulandbeschluss schreibt die Stadt zudem vor, dass es sich bei der Hälfte des geförderten Wohnungsbaus um Sozialwohnungen handeln muss. Investor:innen hatten die Quote oft lieber erfüllt, indem sie sogenannte Mittelstandswohnungen bauten, die sich an Haushalte mit mittleren Einkommen richten. Deren Zahl ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen, dürfte bald die Marke von 5000 überschreiten.
In den nächsten Jahren dürften zumindest deutlich mehr Sozialwohnungen entstehen als zuletzt. Allein im Jahr 2020 bewilligte die Stadt den Bau von 270 Wohnungen des ersten Förderwegs. Nach und nach beginnen die Arbeiten an neuen großen Wohngebieten, in denen mindestens 30 Prozent geförderte Wohnungen entstehen. Dass dies genügt, glaubt allerdings auch die Stadtpolitik nicht. Die neue Koalition will daher etwa den Baulandbeschluss verschärfen und die ABG zu 60 Prozent geförderten Wohnraum bauen lassen.