Frankfurt: Hungrig nach Informationen

Viele ukrainische Geflüchtete lassen sich auf der Willkommensmesse , organisiert von der Frankfurter Kommunalen Ausländerinnen- und Ausländervertretung, beraten
Ein älterer Mann betrachtet neugierig die Menschenansammlung, die sich am Samstagnachmittag vor dem Frankfurter Römer gebildet hat. „Was ist denn da drin los?“, fragt er sich. Bei strahlendem Sonnenschein und sommerlichen 22 Grad stehen die Menschen vor dem Eingang der Kaiserhalle und warten darauf, dass sie eingelassen werden. „Mit einer Schlange von 80 bis 90 Metern haben wir definitiv nicht gerechnet“, sagt Jumas Medoff, Vorsitzender der Kommunalen Ausländerinnen- und Ausländervertretung (KAV) lachend. „Aber wir wussten, dass es einen großen Bedarf nach einer Veranstaltung für alle gibt“, fügt er ernst hinzu.
Medoff hat deshalb mit den Mitgliedern der KAV die erste Willkommensmesse nach dem Beginn von Putins Krieg organisiert. Unter dem Motto „Frankfurt for Ukraine“ konnten Menschen am Samstag zwischen 14 und 18 Uhr mit Vereinen, Initiativen, Ämtern und Institutionen, die sich für die Ukraine einsetzen, sprechen und sich zu den unterschiedlichsten Themen beraten lassen. „Wir hatten einen riesigen Ansturm auf Telegram, Whats-app und den sozialen Netzwerken und die Leute haben immer wieder die gleichen Fragen gestellt“, erzählt Medoff. Texte im Internet reichten nicht aus, da die Geflüchteten oft persönlich beraten werden wollten. „Wenn wir diesen Ansturm erwartet hätten, hätten wir gleich zwei Hallen gemietet“, sagt Medoff.
Voller Erfolg
So darf die maximale Besucher:innenzahl von 180 Menschen nicht überschritten werden und Sicherheitspersonal regelt den Einlass. Drinnen tummeln sich dennoch viele Menschen und der kleine Raum brummt vor lauter Fragen und Antworten, die an den dichtgedrängten Ständen ausgetauscht werden. Es sind vor allem Frauen und Kinder, die die Messe besuchen und die Kleinen hängen ungeduldig an den Armen ihrer Mütter, während sich diese mit Hilfe von Dolmetscher:innen beraten lassen.
19 Vereine stellen sich vor, die von städtischen Initiativen wie Frankfurt Hilft über die Caritas und die Volkshochschule bis hin zur Tiertafel und Privatleuten reichen. Geflüchtete sollen Hilfe zur Wohnungs- und Arbeitssuche, zu Deutschkursen, Kinderbetreuung oder Gesundheitsversorgung erhalten. „Die Messe ist wirklich für die Menschen, die Hilfe brauchen, nicht unbedingt für Neugierige“, sagt Medoff. Die Geflüchteten bewegten vor allem die Themen rund um Deutschkurse, Wohnen und Arbeit. „Viele Ukrainer:innen wundern sich, warum sie keine Antwort auf ihre Wohnungsanfragen erhalten oder weshalb Anträge abgewiesen werden.“ Sie dächten, es liege an ihrer Herkunft und nicht am Wohnungsmarkt in Frankfurt, so Medoff.
Marina Iysyuk hätte sich die Messe weniger trubelig gewünscht. „Ein Workshop wäre gut gewesen“, sagt die Ukrainerin auf Englisch. Informationen zu Sprachkursen und Tierärzt:innen habe sie dennoch bekommen und sie zeigt die vielen Flyer und Hefte, die sie in der Hand hält. Außerdem habe sie eine neue Freundin kennengelernt. „Es ist gut, Leute zu treffen, die dir emotional nahestehen“, sagt sie.
Emotional wurde es auch, als die Besucherin Olena Ustiuzhanina an der privaten Initiative Makasa vorbeikam. Makasa wurde von Margo, Kathrin und Sabine zu Kriegsbeginn gegründet und verkauft T-Shirts mit der Aufschrift Mariupol, die von Vyshyvanka, also traditionellen ukrainischen Mustern, umrahmt sind. Die Einnahmen spenden die drei an die Ukraine. Olena Ustiuzhanina stammt aus Mariupol und ist gerührt von den Drucken. „Ich bin dankbar, dass alle so nett sind“, sagt sie. Außer mit Informationen zu Deutschkursen und Arbeit verlässt sie die Halle später mit einem Mariupol-Shirt und der Nummer von einer der Gründerinnen.
Gegen 16 Uhr hat sich die Schlange etwas verkürzt und Jumas Medoff bewertet die Messe bereits als einen vollen Erfolg. „Wir können hier Informationen geben und Türen öffnen“, fügt KAV-Mitglied Marc de la Fouchardiere hinzu. „Aber die Menschen werden die Messe nicht mit einer Wohnung oder Arbeitsstelle verlassen.“
Für seien schnelle Entscheidungen der Politik, viele weitere Deutschkurse und Arbeitsplätze erforderlich, so Medoff. Was die Messe deutlich gemacht hat, ist, dass das Bedürfnis nach persönlicher Beratung noch immer groß ist und nicht allein durch Websites und Hotlines gestillt werden kann.