Frankfurt: Gäste fürchten um den Charme der Kleinmarkthalle - Sanierung steht an

Die denkmalgeschützte Kleinmarkthalle in Frankfurt muss dringend saniert werden. Viele Stammgäste fürchten um ihren Charme - und, dass die Preise anziehen.
- Die Kleinmarkthalle in Frankfurt müsste eigentlich seit Jahren dringend renoviert werden
- Die Gebäudetechnik der 1954 eröffneten Markthalle ist nicht mehr zeitgemäß
- In Frankfurt wird befürchtet, dass sie sich mit der Sanierung ihre Bodenständigkeit weiter verliert
Frankfurt - Wer genau hinschaut, kann die großen Spinnweben unter der Decke nicht übersehen. Sie hängen da gleichsam als Symbol für das Befinden der Frankfurter Kleinmarkthalle zwischen Hasengasse und Liebfrauenberg. Das 1954 eröffnete denkmalgeschützte Kleinod der Kulinarik müsste seit etlichen Jahren dringend renoviert werden. „Die Gebäudetechnik ist überwiegend nicht mehr zeitgemäß, erfordert einen hohen Unterhaltungsaufwand und bedarf der umfassenden Sanierung“, so formuliert es Bianca Winkel, die Sprecherin der städtischen HFM, Managementgesellschaft für Hafen und Markt.
Samstagmittag: An den Ständen drängen sich unzählige Menschen, es wird eingekauft, was das Zeug hält, Obst und Gemüse, Fisch und Fleisch, Spezialitäten von nah und fern. Ein Summen und Brummen liegt in der Luft. Auf einen Espresso macchiato bei „Valentino“ mit Rainer Pudenz, dem Direktor der Kammeroper Frankfurt. Der 63-jährige ging schon „mit dreizehn zum ersten Mal in die Kleinmarkthalle“. Er schätzt hier „das beste Essen, das es in Frankfurt gibt“, kauft Gemüse ein, Rind und Lamm zum Kochen zu Hause.
Kleinmarkthalle Frankfurt: „Muss als Gesamtkunstwerk erhalten bleiben.“
Der Appell des Regisseurs ist deutlich: „Wenn die Halle saniert wird, muss sie ihren alten Charakter behalten.“ Und er fügt hinzu: „Es besteht die Gefahr, dass die Halle noch mehr zum Schickimicki-Laden wird.“ Am Nachbartisch sitzen Gäste aus Berlin, die zur Premiere der Oper angereist sind und vorher noch einen Teller mit Antipasti bestellen.
Ganz ähnlich wie Pudenz denkt der Frankfurter Studienrat Matthias Eichhorn. „Frankfurt ist fanatisch bei der Zerstörung seiner Geschichte“, beklagt der 60-Jährige, „in einer Stadt, die sich permanent wandelt, muss die Kleinmarkthalle als Gesamtkunstwerk erhalten bleiben.“ Für Eichhorn bedeutet das Treiben rund um die Stände schlicht „Heimat“. Er sagt auch noch: „Jetzt nehmen sie uns schon Oper und Schauspiel weg, da muss wenigstens die Kleinmarkthalle bleiben.“ Das bezieht sich auf die Pläne der Kommune für einen Neubau der Städtischen Bühnen.

Kleinmarkthalle Frankfurt: Sanierung schon 2016 angekündigt
So wie Eichhorn und Pudenz denken viele der Stammgäste. Die städtischen Hafen- und Marktbetriebe lassen sich denn auch viel Zeit mit der großen Sanierung. 2016 hatte HFM-Geschäftsführer Herbert Janicke im Gespräch mit der FR eine Ausschreibung unter Planungsbüros angekündigt. Das Ergebnis, so Janicke damals, solle 2017 vorliegen.
Mittlerweile, so HFM-Sprecherin Winkel, ist die FAAG Technik GmbH „mit der Erstellung einer Vorplanung beauftragt worden“. Die werde jetzt gerade durch das städtische Revisionsamt überprüft. Danach werde es eine Beschlussvorlage für die Stadtverordneten geben …
So geht die Zeit ins Land. Was das für die Händler bedeutet, beschreibt Klaus Mann, der legendäre „Bauer Mann“, der auf der Empore der Halle Lamm, Rind, Wild, Gänse, Puten, Enten feilbietet. „Es gibt Probleme mit der Lüftung“, sagt der 62-Jährige, „die alten Ventilatoren laufen nicht mehr.“ Die Wasserrohre stammten noch aus dem Eröffnungsjahr 1954, aus dem Toilettentrakt ströme gerade morgens ein unbeschreiblicher Gestank. Neue Türen seien dringend erforderlich.

Kleinmarkthalle Frankfurt: „Die Händler wollen die Sanierung“
Aber auch Mann, seit Jahrzehnten in der Halle tätig, sagt: „Die Händler wollen die Sanierung – doch es darf keinen Kahlschlag geben!“ Dem Standinhaber aus Groß-Zimmern macht noch etwas anderes Sorgen. „Die Markthalle wandelt sich immer mehr zur Trinkhalle.“ Immer mehr alkoholische Getränke würden angeboten, „die Leute kommen von weit her, um zu trinken.“ Die Folgen: „Die Leute pinkeln hinter der Halle an die Autos.“ Die Marktbetriebe müssten dringend zusätzliche Toiletten aufstellen, und die Gastronomie dürfe nicht so stark wachsen.
Der Händler nennt als positives Gegenbeispiel die historische Markthalle der südwestfranzösischen Hafenstadt La Rochelle: „Da sind die Gastronomie und die Marktstände räumlich klar getrennt.“
Die Kleinmarkthalle im Spannungsfeld zwischen Bewahren und Erneuern: Die Fachleute von der HFM behelfen sich mit ständigen Reparaturen, um „die Betriebsfähigkeit der Halle“ sicherzustellen, so HFM-Sprecherin Winkel. So wurden 2019 zum Beispiel die Fußpunkte der Pendelstützen an der gläsernen Fassade denkmalgerecht saniert. Mit diesen „Kleinreparaturen“ gleicht die Situation durchaus der in der betagten Theaterdoppelanlage am Willy-Brandt-Platz, wo Techniker hinter den Kulissen kämpfen, um den technischen Betrieb aufrechtzuerhalten.

Studienrat Matthias Eichhorn erinnert sich wehmütig daran, dass er schon als Student in der Halle „Lachsköpfe für die Bouillabaisse bei uns in der WG-Küche“ ganz preiswert erstanden habe. Er freut sich, dass ein Abriss und Neubau, wie ihn der frühere Planungsdezernent Edwin Schwarz (CDU) zum Entsetzen vieler in der Stadt angestrebt hatte, „Gott sei Dank vom Tisch“ sei. Dennoch: In der Kleinmarkthalle muss sich etwas ändern, damit alles so bleibt, wie es ist – wie es schon im Roman „Der Leopard“ von Giuseppe Tomasi di Lampedusa heißt.
Von Claus-Jürgen Göpfert
Ein Urgestein der Kleinmarkthalle feiert ein Jubiläum: Ilse Schreiber wird 80 Jahre alt.* Die legendäre Metzgersfrau arbeitet seit Jahrzehnten in der Frankfurter Kleinmarkthalle und zieht Menschen aus aller Welt an. Ans Aufhören denkt sie noch nicht.
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