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Frankfurter Fitnessstudios in der Corona-Krise: Wie lange hält die Solidarität der Mitglieder?

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Von: Kathrin Rosendorff

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Jörg Hidding ist Geschäftsführer der beiden Frankfurter Frauenfitness-Clubs Amiga Er musste seine beiden Studios in Frankfurt wegen der Corona-Pandemie vorübergehend schließen.
Jörg Hidding ist Geschäftsführer der beiden Frankfurter Frauenfitness-Clubs Amiga Er musste seine beiden Studios in Frankfurt wegen der Corona-Pandemie vorübergehend schließen. © peter-juelich.com

Seit Wochen müssen Fitnessstudios aufgrund der Corona-Krise geschlossen bleibe. Viele Mitglieder zahlen dennoch weiter Beiträge - aber wie lange noch?

Frankfurt - Klar, sei es gefühlsmäßig gerade eine Achterbahnfahrt. „Aber in Panik zu verfallen hilft nichts, genauso wenig wie blinder Aktionismus“, sagt Jörg Hidding. Der 56-Jährige sitzt an diesem Tag auf einem Stuhl auf dem sonnigen wie leeren Parkplatz des „Amiga Women Fitness“-Studios im Frankfurter Stadtteil Bockenheim. 2011 hat er dieses und das dazugehörige zweite Frauenfitness-Studio in Rödelheim gekauft. Neun Jahre später stellt ihn die Corona-Krise und mit ihr die vorübergehende Schließung aller Fitnessstudios vor eine besondere Herausforderung.

Sein Ziel ist ganz klar: „Wir müssen liquide bleiben. Denn ich will niemanden meiner Mitarbeiter hängen lassen.“ Sieben Festangestellte, 20 Minijobber und 30 freiberufliche Kurstrainer gehören zu den Studios. „Als erstes habe ich mich mit meinen festangestellten Mitarbeitern zusammengesetzt. Mir war es wichtig, ihnen die Ängste zu nehmen und vor allem auch positive Szenarien aufzuzeigen.“

Fitnessstudios in Frankfurt bleiben wegen Corona-Pandemie geschlossen

Seit 30 Jahren ist Hidding Unternehmensberater, er hat schon etliche Krisen bei anderen Unternehmen erlebt. Seine Stimme ist ruhig, nicht aufgebracht.

Drei Rentnerinnen seien unter den Minijobbern, erzählt er, „Dort, wo es eng wird, also bei Härtefällen, springe ich zumindest mit einem Vorschuss ein.“ Denn für die Minijobber greife zumindest bislang kein Kurzarbeitergeld. „Den März habe ich noch mal normal für alle Mitarbeiter abgerechnet, obwohl wir schon Mitte März schließen mussten.“

Von den freien Kurstrainern hätten viele noch einen Hauptjob, der sie absichere. „Aber denjenigen, die mehr als 500 Euro Umsatz im Monat mit uns machen, zahlen wir 25 Prozent als Vorschuss aus. Also dort, wo Kurse ihre einzige Einnahmequelle sind. Andere Fitnessstudio-Ketten machen das auch so.“

Geschlossene Fitnessstudios zu Corona-Zeiten: Inhaber vor neuen Herausforderungen

Der Azubi erhalte – so sei es auch gesetzlich geregelt – weiter sein normales Gehalt. Die festen Mitarbeiter bekommen Kurzarbeitergeld. Fünf der sieben Mitarbeiter arbeiten weiter, nur eben weniger Stunden. Eine Mitarbeiterin habe sich entschieden, wegen der Kinderbetreuung zu Hause zu bleiben. „Ihr Mann verdient genug für die Familie.“ Die anderen Mitarbeiter hätten unterschiedlich reduziert. „Unser Trainingsleiter arbeitet noch 60 Prozent. Er kümmert sich viel um Organisatorisches wie die App und den Aufbau einer neuen Website.“ Zwei der Angestellten bieten montags bis freitags von 10 bis 14 Uhr einen Telefondienst für die Mitglieder an, wenn diese Fragen haben.

Fitnessstudios bleiben wegen Corona geschlossen

Und wie bleibt er liquide? „Ich habe als Erstes den direkten Dialog mit den Vermietern der zwei Studios gesucht. Und beide hatten vollstes Verständnis für die Situation, so dass die Miete gestundet wird, wir also die Miete nicht im April, sondern zu einem späteren Zeitpunkt nachzahlen können.“ Von seiner Hausbank hingegen sei er persönlich enttäuscht worden. „Die Mitarbeiter waren vollkommen überfordert, nicht informiert und haben Prozesse rausgezögert.“ Weder eine Erhöhung des Dispositionskredits hätten sie ihm zugestanden, noch wären sie bereit gewesen, die Tilgungsraten für einen Betriebsmittelkredit auszusetzen.

„Meine Bank hat mich an die KfW verwiesen. Dort muss man aber einen Wust von Unterlagen einreichen, bis man da Rückmeldung bekommt, dauert das bis zu drei Monate. Und auch Kredite müssen zurückbezahlt werden. Ich will keinen Schuldenberg auf Dauer.“

Trotz geschlossener Fitnesstudios: Viele Mitglieder zahlen in der Corona-Krise weiter Beiträge

Soforthilfen griffen bei ihm nicht, weil er eben noch Miete und Gehälter zahlen könne. Hidding sagt: „Also da kann man sich nur selbst helfen. Denn ich will und werde meine Mitarbeiter weiter bezahlen.“ So startete Hidding einen Aufruf an die Mitglieder: „Dein Beitrag sichert unsere Existenz in der Krise.“ Er sagt: „Ich verstehe natürlich, wenn ein Mitglied sagt, ich bin alleinerziehende Mutter und jetzt arbeitslos, dass sie dann innerhalb der Vertragsfristen kündigt, aber wenn alle 1600 Mitglieder gleichzeitig die Zahlung einstellen, gibt es im Juni kein Amiga mehr.“

95 Prozent der Mitglieder zahlten bislang weiter, forderten keine Rückzahlungen für die Wochen, in denen die Studios geschlossen bleiben müssen, „Es geht also erst mal weiter. Aber die Frage ist doch: Wie lange ist die Schließzeit? Und wie lange hält die Solidarität der Mitglieder?“

Um den Mitgliedern entgegenzukommen, bietet Amiga ein Paket an Onlinekursen einer Fitnessplattform, aber auch Livestreams mit den eigenen Kurstrainern an. „Mehr ist momentan nicht möglich.“ Die Livestream-Kurse sind aber nicht nur für Mitglieder, sondern öffentlich auf der Facebook-Seite von Amiga zugänglich. Denn Hidding findet: „In der Krise müssen wir alle zusammenhalten.“

Frankfurter Fitnesstudiobetreiber: „Sport in Corona-Pandemie sehr wichtig“

Zudem betont er: „Sport ist gerade in Zeiten der Corona-Pandemie sehr wichtig. Das Training stärkt das Immunsystem. Und jetzt, wo viele im Homeoffice sitzen, ist Training besonders wichtig, um Langzeitschäden vorzubeugen. Außerdem schenkt Sport positive Erlebnisse in Krisenzeiten.“

Deshalb habe er den Brief des Arbeitgeberverbands deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen (DSSV) an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Gesundheitsminister Jens Spahn mit unterschrieben. „Wir wollen, dass die Studios aus den genannten Gesundheitsaspekten so schnell wie möglich wieder aufmachen. Wir haben beispielsweise vorgeschlagen, dass man mit Sicherheitsabstand an den Geräten trainieren darf, und die Kursräume, Umkleiden und Duschen erst mal geschlossen bleiben könnten.“ Eine Antwort aus Berlin gab es bislang nicht.

Fitnessstudions in Corona-Krise geschlossen: Hier gibt es kostenlose Online-Kurse und Workouts

Viele Frankfurter Sportvereine sowie Fitnessstudios bieten kostenlos auch für Nicht-Mitglieder Online-Kurse und kürzere Workouts an. Wir haben ein paar Beispiele zusammengefasst:

Von Kathrin Rosendorff, weitere Recherche von Judith Köneke 

*fr.de ist Teil des bundesweiten Redaktionsnetzwerkes der Ippen-Digital-Zentralredaktion.

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