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Fischerplätzchen lockt junge Geschäftsleute - zur Freude der Nachbarschaft?

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Von: Maren Kaps

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Frankfurt. 11.04.2023. Dartpfeil-Reportage rund um das Fischerplaetzchen. Sascha Euler betreibt den Craftbier-Laden und das Naiv in der Fahrgasse. Er bereitet Sitzgelegenheiten fuer das Craft-Festival in der Uni vor.
Frankfurt. 11.04.2023. Dartpfeil-Reportage rund um das Fischerplaetzchen. Sascha Euler betreibt den Craftbier-Laden und das Naiv in der Fahrgasse. Er bereitet Sitzgelegenheiten fuer das Craft-Festival in der Uni vor. © Renate Hoyer

Cafés, Craft Beer, pure Mode - seit der Umgestaltung des Fischerplätzchens tut sich viel in der Nachbarschaft. Mit jungen Läden ziehen Lärm und höhere Preise in die Gegend - ein Besuch.

Frankfurt – „Unterm Pflaster liegt der Strand“, sagt Dagmar Priepke lachend. Die Stadtführerin sitzt mit einem Espresso in dem Café, das bereits morgens am Frankfurter Fischerplätzchen geöffnet hat. Den Spruch hatte sie wohl lediglich im Sinn, weil früher viel Wasser unter dem Viertel war und Fischer dort gelebt haben. Heute ist die Stelle bebaut.

Seit 2012 hat der Platz zwischen Fahrgasse, Kurt-Schumacher-Straße und der Alten Brücke seine heutige Form. In einem Dreieck aus Stein steht ein großer Baum. Darunter haben die umliegenden Lokale ihre Tische und Stühle aufgestellt. Straßen und Radwege säumen den Platz. Am Abend, besonders im Sommer, füllt sich der Ort mit Leben. Morgens an einem Wochentag scheinen die meisten Menschen lediglich auf den sich treffenden Straßen und Radwegen zu passieren.

Stadtführerin bringt Menschen Frankfurt nah: „Auf engstem Raum gibt es hier alles.“

Dagmar führt seit fünf Jahren Fremde und Einheimische durch die Stadt. Ihr Schwerpunkt ist die nicht weit entfernte Braubachstraße. „Den Menschen gefällt in der Innenstadt eine bestimmte Form der Lebendigkeit, die Frankfurt zu bieten hat“, sagt sie. „Auf engstem Raum gibt es hier alles.“ Gerade unterhalb der Zeil gebe es immer mehr inhabergeführte Geschäfte.“

Wie das Café, in dem sie sitzt. Sie kommt oft und gerne, da der Kaffee im The Holy Cross Brewing Society so gut sei. Der Inhaber ist Max Stalter. Seit fünf Jahren führt er in zweiter Generation den Laden. Sein Vater hatte die Kaffeerösterei 2015 eröffnet. Max hat eigentlich Produktdesign in Offenbach studiert. „Früher hatte ich nichts mit Kaffee zu tun“, sagt der 31-Jährige. „Aber jetzt bin ich glücklich damit.“ Am liebsten trinkt er Cappuccino. Neben den Kaffees ist sein Laden für Kuchen bekannt. Am meisten Leute kämen am Nachmittag, ab 15 Uhr. Sein Vater wollte eigentlich an einem anderen Platz ein Café eröffnen, dann habe sich der Standort am Fischerplatz ergeben. „In den letzten Jahren hat sich hier viel getan“, sagt Max. „Die Gastronomie – nicht nur wir – belebt den Ort.“ Zusammen mit den Gastronomen von Naïv seien sie unter den ersten Gastro-Betrieben am Fischerplätzchen gewesen.

Frankfurt. 11.04.2023. Dartpfeil-Reportage rund um das Fischerplaetzchen. „Holy Cross“, Cafe in der Fahrgasse.
Frankfurt. 11.04.2023. Dartpfeil-Reportage rund um das Fischerplaetzchen. „Holy Cross“, Cafe in der Fahrgasse. © Renate Hoyer

Craft-Beer aus der Fahrgasse: Eigenes Bier aus Frankfurt

Naïv – dazu gehört um den Platz inzwischen ein Craft-Beer- Laden, dazu ein „Tasting-Room“, ein Restaurant mit Bar und seit neustem eine Pizzeria. „Wir sind der Platzhirsch hier“, sagt Inhaber Sascha Euler vor seinem Bierladen. Er hat Hocker gebaut und schleift sie ab. Auf leere Craft-Beer-Fässer hat er Holzplatten als Sitzfläche befestigt und stapelt sie noch in einen Anhänger. Damit geht es am Wochenende auf das Craft-Beer-Festival auf dem Uni-Campus. „Wir entwickeln ein eigenes Bier“, sagt Sascha. „Das macht Craft Beer aus.“

Oft gingen die Leute aus seinem Laden mit Bier an das Mainufer oder auf das Fischerplätzchen. „Allerdings funktioniert Craft Beer nur noch in urbanen Gebieten“, sagt er. Auf dem Land seien die Leute nicht bereit, so viel für ihr Bier zu zahlen. Angefangen hat Sascha mit seinem Geschäftspartner 2013. Zunächst haben sie das Restaurant eröffnet und dann den Laden. Der war zunächst in der Fahrgasse 6. 2019 wurde der Naïv-Gruppe mehr Fläche in der Fahrgasse 8 angeboten. So eröffnete 2020 in den Räumen des bisherigen Craft-Beer-Stores eine Pizzeria und der Bierladen mit „Tasting-Room“ zog in die Fahrgasse 8.

Frankfurt. 11.04.2023. Dartpfeil-Reportage rund um das Fischerplaetzchen.
Frankfurt. 11.04.2023. Dartpfeil-Reportage rund um das Fischerplaetzchen. © Renate Hoyer

Fischerplätzchen in Frankfurt im Wandel: „Seit sechs Jahren bewegt sich hier was“

Dass sich mit Naïv einiges in der Straße verändert habe, sagt auch Nachbarin Elaine-Cathrin Dauth. Die 26-Jährige hat im Januar den Bekleidungsladen Maria in der Fahrgasse 10 übernommen. Vor sechs Jahren ist der Laden mit Dauths Vorgängerin aus der Brückenstraße in Sachsenhausen auf die andere Seite des Mains gezogen. „Seit sechs Jahren bewegt sich hier was“, sagt sie. Warum der Laden letztlich umgezogen ist, weiß sie nicht. Wegen der schönen Räume in der Fahrgasse, ist eine ihrer Vermutungen.

Bei Maria gibt es Kleidung und Accessoires mit klarer, puristischer Linie. Lokale Läden seien wieder beliebter, sagt die Inhaberin und macht sich wenig Sorgen um die Zukunft des Ladens. Viele Frankfurter:innen kämen am Samstag vorbei. „Man kann den ganzen Tag in der Fahrgasse verbringen“ sagt sie und wünscht sich, dass noch mehr Läden und Gastronomie zwischen die Galerien der Straße ziehen. Bereits jetzt herrsche ein „nachbarschaftliches Miteinander“ unter den Inhaber:innen. Sie selbst wohnt im Nordend.

„Unterm Pflaster liegt der Strand“: Früher war es ruhiger im Viertel

Bülent wohnt jedoch am Fischerplatz – mit seiner Frau und drei Kindern. Er möchte kurz zurück in seine Wohnung im ersten Stock, da er den Restmüll oben vergessen hat. Er erzählt, dass er seit 20 Jahren am Fischerplatz wohnt und sich nicht vorstellen kann, Frankfurt zu verlassen. Davor habe er in Mainnähe in Sachsenhausen gewohnt. Als Vorteil der Wohnung sieht er die Lage in der Stadtmitte. „Wobei mit drei Kindern und den Preisen“, sagt er lachend, „ist es auch ein Nachteil. Sie geben sehr viel Geld aus.“ Außerdem sei es sehr laut, besonders im Sommer mit den vielen Leuten auf dem Fischerplatz. Im Moment sind es jedoch noch nicht die Menschen, die für Lärm sorgen. „Bis Mai wecken mich die Raben im Baum auf dem Platz“, sagt er. Als noch viele Galerien in dem Viertel waren, sei es viel ruhiger gewesen.

Hussein möchte trotzdem dort wohnen. Auf einer Bank am Mainufer hört er in seiner Mittagspause Musik. Er kenne die Gegend gut, da er in der Nähe arbeite. Gerne ist er am Fluss, weil er das in seinem aktuellen Wohnort Steinbach nicht hat. 2000 ist er aus Agadir in das Rhein-Main-Gebiet gekommen. Frankfurt ist für ihn als Lebensmittelpunkt jedoch zu teuer, sagt er. Dem nicht mehr bezahlbaren Wohnraum geht meist ein Wandel der Umgebung, unter anderem der Konsumgewohnheiten voraus, sagen Gentrifizierungstheorien. Bereits in den 1970ern und 1980ern hat sich eine Gruppen linksgerichteter politischer Aktivist:innen, die sogenannte Sponti-Szene, für günstigen Wohnraum und gegen die Umwandlung von Vierteln in noblen Wohngegenden eingesetzt – auch in Frankfurt. Einer ihrer Sprüche hieß: Unterm Pflaster liegt der Strand.

Frankfurt. 11.04.2023. Dartpfeil-Reportage rund um das Fischerplaetzchen. Flaschensammler, Ringelpiez fuer Pfandflaschen.
Frankfurt. 11.04.2023. Dartpfeil-Reportage rund um das Fischerplaetzchen. Flaschensammler, Ringelpiez fuer Pfandflaschen. © Renate Hoyer

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