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Frankfurt: Erstmals Haus sozialverträglich verkauft

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Von: Boris Schlepper

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Stadträtin Sylvia Weber, eine der beiden ehemaligen Eigentümerinnen, Gima-Chef Robin Mohr und Stadtrat Mike Jose vor dem Haus im Frankfurter Ostend (vl.).
Stadträtin Sylvia Weber, eine der beiden ehemaligen Eigentümerinnen, Gima-Chef Robin Mohr und Stadtrat Mike Jose vor dem Haus im Frankfurter Ostend (vl.). © Peter Jülich

Zwei Schwestern wollten die Bewohnerinnen und Bewohner ihres Hauses vor Preissteigerungen und Verdrängung schützen. Möglich wurde das über die Genossenschaftliche Immobilienagentur Frankfurt.

Zwei Schwestern aus dem Frankfurter Ostend wollten ihr Mehrfamilienhaus verkaufen. Doch nicht einfach an den Meistbietenden sollte ihr Elternhaus in der Luxemburgerallee gehen, das ihr Vater in den 50er gebaut hatte und in dem sie selbst viele Jahre lang gelebt hatten. Die beiden wollten vielmehr die gute Hausgemeinschaft erhalten und die Bewohner:innen langfristig vor Preissteigerungen und Verdrängung schützen. Das ist den Schwestern, die namentlich nicht genannt werden wollen, jetzt gelungen. Über die Genossenschaftliche Immobilienagentur (Gima) konnte das Haus Mitte April an den Beamten-Wohnungs-Verein (BWV) verkauft werden.

Es ist der erste sozialverträgliche Hauskauf, der über die Gima abgewickelt werden konnte, sagte deren Geschäftsführender Vorstand Robin Mohr in einer Pressekonferenz am Freitag. Gegründet wurde die Agentur Ende vergangenen Jahres von der Stadt, der Konversions-Grundstücksentwicklungsgesellschaft (KEG), dem Netzwerk für gemeinschaftliches Wohnen, dem Beamten-Wohnungs-Verein und der Wohnbaugenossenschaft Frankfurt. Mohr lobte die Schwestern, dass sie „nicht den einfachen Weg“ gegangen seien: „Frankfurt braucht mehr Eigentümer wie sie“, die gewillt seien, auch auf einen Teil ihres Gewinns zu verzichten.

Dem stimmt auch Planungsdezernent Mike Josef (SPD) zu. Eine Immobilie nicht einfach an einen Investor oder eine Investorin abzugeben, sei „eine Haltungsfrage“. „Wir hoffen, dass mehr Eigentümer wie sie auf uns zukommen.“ In Frankfurt gebe es immer noch bezahlbare Wohnungen in guten Lagen. Diese zu erhalten sei ebenso wichtig, wie für Neubauten zu sorgen. Bislang seien es einige wenige Menschen mit etwa 20 bis 30 Wohneinheiten im Quartal, die daran interessiert seien, langfristig für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen. Über die Gima könne das Verfahren ermöglicht werden.

„Wir haben die Verpflichtung als Hausbesitzer, die Mieten so zu gestalten, dass sie bezahlbar bleiben“, sagte die 71-Jährige ehemalige Eigentümerin, die das Haus in der Luxemburgerallee mit ihrer Schwester verkauft hat. Mehrere Interessent:innen hätten ihr viel mehr geboten, als der BWV gezahlt hat. Mehrere hätten angekündigt, dass sie die Mieten verdoppeln müssten. Dass dieser Kelch an den Bewohner:innen vorübergeht, habe ihr mehrere Dankschreiben eingebracht, berichtet die 71-Jährige.

Denn der Beamten-Wohnungs-Verein sichert den Bewohner:innen auf Dauer niedrige Mieten zu, sagte Martin Neckel vom Vorstand. Sie liegen dort unterhalb des Mietspiegels bei etwa zehn Euro pro Quadratmeter. Möglich sei dies, da der BWV sich nicht an Renditen orientiere, „wir sind ein Stück weit unabhängig“. Auch die anstehenden kleineren Modernisierungen an dem Haus im Ostend, wie die Fassadendämmung, bleiben kostenneutral für die Mieter:innen.

Bis die Genossenschaft den Zuschlag erhielt, seien zähe Verhandlungen nötig gewesen, da das Gebäude auf einem städtischen Erbbaugrundstück steht. So habe die Kommune davon Abstand nehmen müssen, den Erbbauzins an die aktuellen Bodenrichtwerte anzupassen, wie es beim Verkauf einer Immobilie üblich ist, sagte Baudezernentin Sylvia Weber (SPD). „Das hätte dazu geführt, dass der Kauf nicht mehr wirtschaftlich hätte abgewickelt werden können.“

Der Erbbauzins sei deshalb vielmehr „sehr deutlich“ gesenkt worden, sagte die Stadträtin. Um wie viel der derzeit bei 2,5 Prozent vom Bodenrichtwert liegende Betrag reduziert wurde, sagte sie nicht. Der Beamten-Wohnungs-Verein musste im Gegenzug zusichern, dass er sozialverträgliche Mieten anbietet und auf Luxussanierungen verzichtet, sagte Weber. Das sei im Kaufvertrag festgeschrieben, damit die Verpflichtung auch bei einem Weiterverkauf Bestand habe.

Für die Stadt sei der Verkauf ein Pilotprojekt, um das Thema Erbbauzins insgesamt zu überarbeiten, so Weber. Es gebe bereits eine Arbeitsgruppe, die noch in diesem Jahr Ergebnisse liefern werde.

Mehrere Interessent:innen hätten viel mehr Geld für das Haus in der Luxemburgerallee im Frankfurter Ostend geboten, als ihr der Beamten-Wohnungs-Verein gezahlt hat, sagte eine der beiden ehemaligen Eigentümerinnen.
Mehrere Interessent:innen hätten viel mehr Geld für das Haus in der Luxemburgerallee im Frankfurter Ostend geboten, als ihr der Beamten-Wohnungs-Verein gezahlt hat, sagte eine der beiden ehemaligen Eigentümerinnen. © Peter Jülich

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