Kritik an Autobahnausbau in Frankfurt: „Hier opfern wir ein funktionierendes Ökosystem“

Teile des Waldes sollen für den Ausbau der A 66 gefällt werden. Eine Geo-Ökologin stellt den Artenreichtum dar, ein Ethiker kritisiert den Wegeplan.
Frankfurt – Auf Einladung des Bündnisses Verkehrswende Frankfurt haben die Geo-Ökologin Julia Krohmer und der emeritierte Umweltethiker Albrecht Müller am Montagabend (04.04.2022) im Gewerkschaftshaus vor mehr als 50 Teilnehmenden über den Ausbau der Autobahn 66 in Frankfurt und den Verlust von Teilen des Fechenheimer Walds gesprochen.
„Es ist ganz besonderer Wald“, hob Julia Krohmer hervor, die in der Wissenschaftskoordination der Senckenberg-Gesellschaft arbeitet. Beim Teufelsbruch als Teil des Fechenheimer Walds, der beim Autobahnausbau größtenteils verloren geht, handele es sich um einen Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwald.
Autobahnausbau: Ein artenreicher Wald in Frankfurt geht verloren
Solche besonders artenreiche Wälder kämen in früheren Flusstälern und Auen vor und würden durch das Europäische Schutzsystem Natura 2000 geschützt. Allerdings müsse der Schutz beantragt werden, was beim Teufelsbruch wegen des seit Jahrzehnten geplanten Autobahnausbaus nicht geschehen sei. Auch das Land Hessen stelle solche Wälder auf seiner „Hessenliste“ unter Schutz. „Es ist weit bekannt, dass dieser Wald selten ist“, sagte sie. Im Wald gebe es verschiedenen Baumarten - Stieleichen, Hainbuchen, Ahorne, Eschen, Vogelkirschen und Sträucher wie Pfaffenhüttchen und Hasel.
Viele Käferarten lebten in solchen Waldtypen wie Eichenheldbock und Hirschkäfer, auch zahlreiche Vogelarten wie Hohltaube, Trauerschnäpper, Kernbeißer. Nachgewiesen seien 42 Vogelarten insgesamt, davon 18 gefährdete Arten. Auch sechs Spechtarten wie Grünspecht und Mittelspecht gebe es sowie geschützte Fledermausarten wie die Bechsteinfledermaus und den Großen und Kleinen Abendsegler. Außerdem Amphibien, Reptilien, Libellen. „Hier opfern wir ein funktionierendes Ökosystem dem Autobahnausbau“, sagte sie.
Beim Ausbau der A66 im Stadtteil Riederwald sollen 2,7 Hektar Wald gefällt werden. Für die Fledermäuse steht mehr auf dem Spiel. Fünf Hektar mit hoher Eignung und elf Hektar mit mittlerer Eignung gingen wegen der Zerschneidungswirkung der Autobahn verloren, heißt es im Planfeststellungsbeschluss.
Frankfurt: Bundesverkehrswegeplan in Konflikt mit Sicherung der Lebensgrundlagen
Der emeritierte Umweltethiker Albrecht Müller von der Uni Tübingen stellte den für den Autobahnausbau maßgeblichen Bundesverkehrswegeplan infrage. Dieser gehe davon aus, dass eine prognostizierte Zunahme des Verkehrs den Ausbau der Autobahnen nötig mache. „Dabei beschädigen wir unsere Lebensgrundlagen. Da stimmt etwas nicht“, sagte er. Wenn unsere Mobilität unsere Lebensgrundlagen beschädige, sei sie nicht mehr das Fundament von Prosperität, sondern eine Gefahr für unsere Gesundheit. „Wir sind angewiesen auf eine intakte Atmosphäre.“
Der Bundesverkehrswegeplan vertrete die Annahme, dass ein Schaden, der später eintrete, weniger schlimm sei, als ein Schaden, der heute eintrete. Nach dem „Diskontierungsprinzip“ bekämen zukünftige Schäden einen „discount“ (englisch: Rabatt) von 1,7 Prozent pro Jahr. Gegen dieses Prinzip spreche unter anderem, dass auch künftige Generationen eine intakte Umwelt haben wollten. Eine verkürzte Reisezeit wiege hohe Umweltschäden nicht auf.
Müller verwies auf den Artikel 20a im Grundgesetz. „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen.“ (Florian Leclerc)
Ein Vorfall ist auch bei dem Ausbau der Autobahn 49 bekannt. Im Jahr 2020 wurden viel Kritik an dem Ausbau der Autobahn in Nord- und Mittelhessen ausgesprochen. Tausende Menschen protestierten friedlich gegen die Rodung des Dannenröder Forst für die A49.