Frankfurt: Ein Hoch auf die Pressefreiheit

Das „Extrablatt im Geist der Freiheit“ beleuchtet die Revolutionsjahre von 1848/49. Die Beiträge in der Publikation der Kulturregion Frankfurt / Rhein-Main erzählen lokale Geschichten.
Das Ausrufen der Pressefreiheit ließ 1848 die Zahl der Zeitungen boomen. Ob bei Vereinstreffen, in Lesehallen oder auf der Straße, die Menschen lasen, weil sie wissen wollten, was in ihren Landen geschah, um mitdiskutieren zu können. Gestern, am Tag der Pressefreiheit, ist das „Extrablatt im Geist der Freiheit“ erschienen. Es ist eine Publikation des Projekts „Geist der Freiheit“ in der Kulturregion Frankfurt/Rhein-Main, die auf 36 Seiten lokale Geschichten aus den Revolutionsjahren 1848/49 erzählt, aber auch den Bogen zu der Frage schlägt, wie wir es mit Freiheit und Demokratie halten.
Wie schlecht es in einigen Teilen der Welt heute um die Pressefreiheit steht, machte Sylvia Kuck vom Deutschen Journalistenverband (DJV) bei der Präsentation des „Extrablatts“ im Historischen Museum deutlich. Sie verwies auf das Schicksal von Niloofar Hamedi, die vom hessischen Landesverband die „Feder für die Pressefreiheit“ erhalten hat. Die iranische Journalistin hatte das Schicksal der 22-jährigen Mahsa Amini publik gemacht, die im Polizeigewahrsam starb, nachdem sie wegen eines Verstoßes gegen die Bekleidungsvorschriften festgenommen worden war. Hamedi sitzt seither in Haft. Ihr droht die Todesstrafe.
„Das Extrablatt vermittelt, wie wichtig der freie Zugang zu Informationen ist, denn er ermöglicht erst die politische Partizipation“, sagte Magdalena Zeller, Leiterin des Projektes „Geist der Freiheit“. Im Herbst vergangenen Jahres hatte sie in den 54 Städten und Landkreisen, die der Kulturregion angehören, Mitarbeiter:innen in Museen, Archiven, Mitglieder in Geschichts- und Kulturvereinen, Schüler:innen und freie Autor:innen sowie Fotograf:innen aufgerufen, ihre eigene Perspektiven auf die deutsche Revolution und was sie ihnen heute bedeutet in einer Jubiläumszeitung einzubringen.
Das Ergebnis ist eine Vielfalt an Texten. Darunter sind Artikel etwa über Georg Böhning, einen fast vergessenen Revolutionär aus Wiesbaden, der im März 1848 den nassauischen Monarchen vor Protestierenden beschützte und dennoch später zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde. Es gibt fiktive Liveberichte, Tagebucheintragungen und Interviews, die alle auf historischen Fakten basieren, und ein bei damaligen Leser:innen so beliebtes Zeitungsgedicht, Letzteres eines der Freiheitsgedichte von Friedrich Stoltze, die er 1848 im Selbstverlag veröffentlichte.
Auf einen Blick
Das „Extrablatt im Geist der Freiheit“ , ist in Frankfurt im Institut für Stadtgeschichte, Münzgasse 9, und in der Tourist Information am Römerberg kostenlos erhältlich.
Die 36-seitige Zeitung zum Revolutionsjubiläum kann auf Anfrage auch online unter der E-Mail-Adresse info@krfrm.de bestellt werden.
Die Theatralischen Interventionen der Büchner-Bühne aus Riedstadt sind im Rahmen des Paulskirchenfestes am Samstag, 20. Mai, jeweils um 16 und 17 Uhr vor der Paulskirche zu sehen.
Ein Überblick über alle Veranstaltungen zum Jubiläum findet sich auf der Webseite der KulturRegion. lad
www.krfrm.de/1848
Ein Gänsehaut-Moment
Felicitas Faulstroh (16) und Lilli Boeser (17), beide Schülerinnen der Anna-Schmidt-Schule im Westend, ließen Henriette Zobel in einem fiktiven Interview zu Wort kommen. Zobel war wegen ihrer Beteiligung an den Morden an den Paulskirchenabgeordneten Hans von Auerswald und Felix von Lichnowsky zu 16 Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Felicitas Faulstroh und Lilli Boeser recherchierten online in Archiven, um das Bild von der „schirmschwingenden Furie“ zurechtzurücken. Zobel war eine Demokratin, die unversehens in den Trubel revolutionärer Tumulte geraten war. Ob sie tatsächlich schuldig war? Darüber könne nur spekuliert werden, sagen die beiden Schülerinnen.
Für einen Gänsehaut-Moment sorgten bei der Präsentation des „Extrablatts“ Schauspieler:innen der Büchner-Bühne aus Riedstadt, als sie bei einer theatralischen Intervention, die auch beim Paulskirchenfest zu sehen sein wird, das Volkslied „Die Gedanken sind frei“ anstimmten.
