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„Querdenkerin“ in Frankfurt angeklagt: Festes Zahnfleisch und gefestigte Weltanschauung

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Von: Stefan Behr

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Ein Schild auf einer Gegendemo hat eine klare Botschaft. In Frankfurt steht nun eine „Querdenkerin“ vor Gericht, weil sie einen Polizisten gebissen haben soll. (Archivfoto)
Ein Schild auf einer Gegendemo hat eine klare Botschaft. In Frankfurt steht nun eine „Querdenkerin“ vor Gericht, weil sie einen Polizisten gebissen haben soll. (Archivfoto) © Armando Babani/AFP

Denise B. soll auf einer „Querdenker“-Demo in Frankfurt einen Polizisten beleidigt und gebissen haben. Nun äußerte sich die 30-Jährige vor Gericht.

Frankfurt/Dreieich – Denise B. ist „Querdenkerin“, aber das darf man der 30-Jährigen nicht krumm nehmen. Sie wohnt in Dreieich (Kreis Offenbach) und studiert in Frankfurt Politikwissenschaften, und beides hat bereits im Singular schon stabilere Geister aus der Fasson gebracht.

Vor dem Amtsgericht steht B. wegen Angriffs auf und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung. Laut Anklage nahm sie am 14. November 2020 an einer „Querdenker“-Demo auf dem Rathenauplatz teil. Da die Demonstrierenden konsequenterweise die Schutzvorschriften ignorierten, löste die Polizei Frankfurt die Veranstaltung auf.

Denise B. aber wollte nicht weichen. Dem Polizisten Z., der sie verscheuchen wollte, zog sie ihr Protestschild über den Schädel und hieß ihn einen „Hurensohn“. Als Polizist S. seinem Kollegen zu Hilfe eilte, hatten beide ihre liebe Not, die um sich schlagende und tretende „Querdenkerin“ niederzuringen.

Frankfurt: „Querdenkerin“ verbiss sich in Polizisten-Oberschenkel

Am Boden verbiss sie sich dann in Z.s Oberschenkel und kam offenbar auf den Geschmack, denn es gelang den Beamten erst, B.s Kiefer zu öffnen, als sie fleißig auf dessen „Schmerzpunkte“ drückten. Denise B.s Mundwerk hinterließ einen bleibenden Eindruck auf Z.s Oberschenkel, der dafür ausreichte, den Beamten für eine volle Woche krankzuschreiben.

Das tue ihr ja auch leid, aber so ganz stimme die Anklage nicht, sagt B. So habe sie etwa nicht mit ihrem Schild zugeschlagen. Es habe sich ja auch nur um Wellpappe gehandelt, auf die sie das Bild eines Nachrichtensprechers und die Sprechblase „Wir sind das Virus!“ geklebt hatte, wegen Lügenpresse und so. In der Tat erscheint es seltsam, dass der behelmte Polizist laut Anklage anschließend ein „Benommenheitsgefühl“ verspürt haben soll. Andererseits verursachen Nachrichtensprecher derzeit solche Gefühle auch ohne Schlag mit dem Pappschild.

Sie habe mit „Hurensohn“ auch niemanden persönlich beleidigen wollen, sondern das einfach mal so in die Landschaft geblökt, ohne speziellen Adressaten. Und das kennt man ja: Wenn man aufs Geratewohl einen Hurensohn anruft, kommt meistens auch sofort einer angerannt.

„Querdenkerin“ bei Prozess in Frankfurt: „Medien machen krank“

Den Beamten habe sie irgendwie in Notwehr gebissen, weil der sich auf ihr Gesicht gehockt habe, nachdem sie eigentlich zwei Fahrradfahrern zu Hilfe eilen wollte, die von der Polizei völlig grundlos verdroschen worden seien. Die Videos der Demonstration zeigen zwar eine andere Geschichte, aber Denise B. misstraut sämtlichen Medien zutiefst, denn „Medien machen Menschen krank“.

Das gilt mit Sicherheit für das Video, das auch das Amtsgericht begutachten muss. „Was wollen die eigentlich?“, fragt die Amtsrichterin. „Das wüsste ich auch gerne“, sagt der als Zeuge geladene Polizist S.. Zumindest kann man hören, was die nicht wollen: „Wir wollen keine Diktatur!“, skandieren die Demonstrierenden. In einer Zeit, in der Menschen in echten Diktaturen Leib und Leben riskieren, klingt das erbärmlicher denn je.

Der Prozess wird fortgesetzt, am 28. März soll ein Urteil fallen. Grund ist der gebissene Polizist Z., der am Dienstag nicht erscheinen konnte. Das Benommenheitsgefühl ist zwar passé, und der Oberschenkel längst bissspurenfrei. Dafür ist der Pechvogel ausgerechnet an Covid-19 erkrankt. (Stefan Behr)

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