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Frankfurt: Die AWO möchte Geld zurück

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Von: Stefan Behr

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Vor dem Arbeitsgericht hat der Prozess gegen „das System Richter“ begonnen.

Vor dem Arbeitsgericht hat am Freitag der Prozess der jetzigen Frankfurter Arbeiterwohlfahrt (AWO) gegen ihre ehemaligen Manager:innen begonnen. Die AWO verlangt von ihrer ehemaligen Geschäftsführung mehr als zwei Millionen Euro Schadensersatz – vor allem von Ex-Chef Jürgen Richter, seiner Ehefrau Hannelore, Ex-Chefin des AWO-Kreisverbandes Wiesbaden, sowie drei weiteren damals hochrangigen Ex-Kollegen. Der höchste Einzelposten ist eine Spende von mehr als 935 000 Euro des Kreisverbandes Frankfurt an den Wiesbadener. Zudem geht es um überhöhte Anwaltshonorare und angeblich gegenleistungsfreie Pauschalen.

Es geht in dem Prozess nicht um den Gesamtschaden, den die Korruption innerhalb des Sozialverbandes angerichtet hat. Die AWO hofft vielmehr darauf, zumindest bei dem Personenkreis, bei dem was zu holen ist, ein paar rechtlich einklagbare Titel zu erstreiten und dadurch den Schaden zu minimieren. Der aktuelle Vorstandsvorsitzende der Frankfurter AWO Steffen Krollmann sagt, dass das auch dringend nötig sei: „Die Selbstbereicherung durch Richter und seine Vertrauten hat tiefe Löcher gerissen; nicht nur in das Vertrauen in unseren Sozialverband, sondern auch in unsere Mittel, mit denen wir unsere Arbeit tun.“ Für das Loch in der Kasse mag der Prozess möglicherweise nützlich sein. Für das Flicken des ungleich größeren Vertrauenslochs ist er wohl unerlässlich.

Erwartungsgemäß konnten sich die Parteien am Freitag nicht gütlich einigen, und es steht auch nicht zu erwarten, dass sich daran etwas ändern könnte. Die Kammer plant, am 16. November ihren Beschluss zu verkünden. Der Prozess war wegen der Vielzahl der Beteiligten und des Medieninteresses in den Audimax verlegt worden. Es war denn auch das Interessanteste, was Anwälte im Anschluss an den kurzen Prozess der Presse erzählten.

Etwa Bernhard Lorenz, der Anwalt der Richters. Der hat eigentlich viel zu tun: Zum einen hatte er Jürgen Richter vor kurzem in einem Strafprozess vor dem Amtsgericht so leidenschaftlich wie erfolglos gegen die Anklage wegen Tragens eines erschlichenen Doktortitels verteidigt. Zum anderen sitzt der Jurist und Kommunalpolitiker Lorenz derzeit selbst wegen gemeinschaftlicher Untreue und versuchten Betrugs zulasten der Wiesbadener CDU auf der Anklagebank des Amtsgerichts Wiesbaden.

Dennoch findet er die Zeit, das Ehepaar Richter vor dem Vorwurf in Schutz zu nehmen, sie seien das Häuptlingspaar vom Stamme Nimm. Die von den Medien „skandalisierte“ Hannelore Richter etwa sei eine aufopfernde Seele mit einem „großartigen Lebenswerk“, „eine großartige Frau, die sich aufgerieben hat“, die für einen Hungerlohn „von 120 000 Euro“ per anno Verantwortung für ein Riesenunternehmen und dessen Mitarbeitende übernommen habe – „zeigen Sie mir mal einen, der das in Frankfurt für so wenig Geld macht“. Da sich während dieser Aufforderung hauptsächlich Wirtschaftsanwälte im Saal befinden, ist es den Medienmenschen aber unmöglich, dieser nachzukommen – außer sie zeigten sich selbst an.

Doch zurück zu den Geringverdienern: Selbst mit Zulagen, beteuert Bernhard Lorenz, habe Hannelore Richter niemals „mehr als 340 000 Euro im Jahr“ verdient – und nun komme die AWO und wolle einer skandalisierten Nackten in die Tasche greifen: „Das tut man nicht!“

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