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Frankfurt: Demo für ein Grundrecht

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Von: George Grodensky

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Das Gesetz soll in dieser Woche im hessischen Landtag beschlossen werden.
Das Gesetz soll in dieser Woche im hessischen Landtag beschlossen werden. © Monika Müller

Rund 700 Menschen protestieren gegen die Reform des Versammlungsgesetzes

Unbequem bleiben. Das steht auf einem Sprechblasenschild am Willy-Brandt-Platz am Samstagnachmittag. Das hat gut reden, ist ja ein Schild. Irgendwer muss es halten. Das ist auf Dauer unbequem. Diejenigen, die es auf sich nehmen, den Spruch die ganze Zeit zu tragen, machen das aber mit Leidenschaft. Sie sind nämlich ziemlich wütend.

Die hessische Landesregierung will das Versammlungsgesetz ändern. Andere Bundesländer haben das bereits. Die Änderungen sollen aber vornehmlich der Polizei die Arbeit erleichtern und die Menschen, die demonstrieren, behindern. So sehen es zumindest die, die oft demonstrieren, die also oft wütend sind und jetzt noch mehr. Mit den neuen Regeln wolle die Landesregierung einen gefährlichen Trend zementieren. Demonstrationen würden zunehmend als Gefahr dargestellt, nicht mehr als Mittel der demokratischen Willensbildung.

Es ist ein breites Bündnis, das am Samstag auf die Straße geht, um eines der „Grundrechte der Demokratie zu schützen“, wie eine Rednerin sagt. Rund 700 Menschen seien dem Aufruf gefolgt, schätzt die Polizei. Eingeladen haben linke Gruppen, antifaschistische, Gewerkschaften, Klimaschutzgruppen. Alle also, die das neue Gesetz betreffen würde, sagt Jule, die das Bündnis als Pressesprecherin auserkoren hat.

Um 15.30 Uhr geht es los, vom Willy-Brandt-Platz über die Berliner Straße und Ostzeil zum Alfred-Brehm-Platz am Zoo. Um 17.20 Uhr ist der Marsch vorbei. „Mitten durch die Stadt“ solle es gehen, sagt Jule. So viele Menschen wie möglich sollten sehen, was auf dem Spiel stehe. „Das Gesetz bekommt nicht gerade Aufmerksamkeit“, sagt Jule. Das solle sich ändern, auch wenn man recht knapp dran sei mit dem Protest. In der nächsten Woche will der Landtag darüber abstimmen.

Warum das so gefährlich ist, erklärt eine Aktivistin von Cop Watch. Ihre Gruppe hat sich zur Aufgabe gemacht, Fälle von Polizeigewalt, ungerechtfertigter Repression und von Racial Profiling, also wenn die Polizei bevorzugt Menschen kontrolliert, die fremdländisch aussehen, und ihnen unterstellt, sie hätten Unheil vor, zu dokumentieren. Einfach, weil sie so aussehen.

„Das sind keine Einzelfälle“, klagt die Aktivistin. Zumal die Obrigkeit keineswegs so entschieden gegen rechten Terror vorgehe. Die Polizei sei eher Teil davon. Das belegen die immer wieder auftauchenden rechten Chats in Polizeihandys, die regelmäßigen Vertuschungsversuche, die NSU 2.0-Drohschreiben, bei denen Informationen aus Polizeicomputern genutzt wurden.

Das neue Gesetz werde die Ausgangslage verschlimmern, finden die Demonstrierenden. So könnten die Beamt:innen künftig mehr in Demos eingreifen. Sie könnten Teilnehmerinnen und Teilnehmer vorab kontrollieren, ohne Anlass. Außerdem könnten sie die Demos unter zu geringen Voraussetzungen filmen.

Das Gesetz sehe auch ein „Militanz- und Einschüchterungsverbot“ vor. Das verbiete nicht nur Neonaziaufmärsche in Uniform, kritisiert eine Sprecherin der „Interventionistischen Linken“. Das treffe auch Fußballfans, die alle das gleiche Trikot trügen oder „Demoblöcke“, wie sie auf linken Demos üblich seien. „Wir lassen uns aber nicht vorschreiben, wie wir demonstrieren sollen.“ Entsprechend läuft am Samstag auch ein sogenannter schwarzer Block mit und ein paar Humoristen in Maleranzügen, mit denen sie zwar irgendwie gleich auszusehen glauben, aber eher lustig wirken.

Die Polizei filmt trotzdem. Mehrmals bitten die Aktivistinnen im Demo-Mobil in der Mitte des Protestzuges die Polizei darum, die Kameras auszuschalten. Es gebe keinen Anlass dafür - vergebens. „Das ist Standard“, sagt ein Polizeisprecher dazu stoisch am Rande des Zugs. Die übliche Vorgehensweise, damit ließen sich im Nachgang womöglich doch noch begangene Vergehen leichter aufklären. Am Samstag sei aber alles recht friedlich geblieben, zumindest bis zum frühen Abend, sagt auch der Polizeisprecher. „Eine pyrotechnische Zündung“ habe er beobachtet. Aber die seien „ja leider inzwischen üblich“ bei Demos.

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