Frankfurt: Das Wasser muss zu den Bäumen

Das Blau muss zum Grün – aber wie schaffen wir das? Ein Projekt soll es klären – auch mit dem, was aus unseren Duschen läuft.
Blau-grüne Infrastruktur will die Stadt mit einem Projekt stärken. Damit reagiert sie auch auf den Klimawandel. Am Donnerstag im Anlagenring stellten Fachleute das Konzept vor.
Mal zu viel Regen, dann wieder überhaupt kein Regen – diese Sommer heutzutage! Wir müssen umdenken. „Wir stehen vor einer Herausforderung, die auch die nächsten Generationen betrifft“, sagt Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (Grüne). Teil der Herausforderung ist es, Wasser an die richtigen Stellen zu bringen: zu den Bäumen. „Grün braucht Blau“, sagt Dirk Schneider, der stellvertretende Leiter des Grünflächenamts. Also: Die Bäume (Grün) brauchen das Wasser (Blau).
Wie kommt das Blau zum Grün? Dabei soll das Projekt „Integrierte Strategien zur Stärkung urbaner Blau-Grüner Infrastrukturen“ (kurz: Interess-I) helfen – zunächst für das etwa 25 bis 30 Fußballfelder große Gebiet des Frankfurter Anlagenrings. Projektteilnehmer Carlo Morandi von der Technischen Universität Kaiserslautern berichtet von bis zu 35 000 Kubikmetern sauberem Wasser, die jährlich auf dem Mainova- Areal in der Marienstraße nahe der Taunusanlage abgepumpt werden, damit sie nicht in die Keller sickern – ab in die Kanalisation. Damit wäre Besseres anzufangen. Etwa die Bewässerung des Anlagenrings. Renate Friedrich, Projektleiterin im Grünflächenamt, weiß auch schon wie. Eine Leitung aus der Marienstraße sei kein Problem, große Teile des grünen Innenstadtrings hätten ohnehin schon eine eingebaute Bewässerungsanlage – mit Trinkwasser. Das kann so nicht bleiben; schon lang klagen die Menschen aus dem Vogelsberg, weil Frankfurt ihnen das gute Wasser abzapft, um es in die Rabatten zu schütten.
Brauchwasser nutzen
Das Wasser aus der Marienstraße reicht natürlich nicht für die große Herausforderung. Morandi bringt daher naturnahe Filtersysteme ins Spiel, die etwa die Brühe aus der Dusche und aus dem Handwaschbecken (er zeigt ein Glas mit trüber Flüssigkeit) in etwas verwandeln, das so gut sei wie Regenwasser (Glas mit klarer Flüssigkeit). Zusammen könnten Regen-, Brauch- und Drainagewasser rund 70 Prozent des Bedarfs im Anlagenring decken. Außerdem will das Projekt ran an die Regenrinnen der Hochhäuser in der City. „Wir brauchen zusätzliches Wasser, blaue Infrastruktur“, sagt Martina Winker vom Institut für sozial-ökologische Forschung (Isoe), „sonst funktioniert es nicht mit dem Grün.“ Bürgerinnen und Bürger hätten dafür viele Ideen: Etwa Parkplätze zugunsten von Bäumen zurückbauen. Vor allem: „Im Bestand müssen wir etwas verändern – nicht nur im Neubau.“ Dafür brauche es Satzungsänderungen.
Da liegt sie ganz auf einer Linie mit Renate Friedrich. „Es fehlt ein planungsrechtliches Instrument“, sagt sie. „Das beste Mittel, um Grün und Blau zu verbinden, ist und bleibt der Baum.“ Für ihn gelte es Platz zu schaffen.
„Uns ist bewusst, dass es letztlich um Quantitäten geht“, sagt Interess-I-Leiter Bernd Eisenberg. Es würde helfen, wenn Wasser nicht ungenutzt durch die Abwasserkanäle rauscht, sondern bei den Bäumen ankommt, findet auch Sebastian Meyer von der Stadtentwässerung: „Das wäre eine Win-win-Situation.“ 2027 soll das Ganze funktionieren. Bis dahin läuft noch viel Wasser in den Main hinunter.