Corona-Krise in Frankfurt: Kliniken nähern sich der Belastungsgrenze
Die Zahl der Corona-Kranken auf den Intensivstationen steigt weiter. Eine Petition gegen den Weihnachtsmarkt kann ab sofort unterzeichnet werden.
Frankfurt - In den vergangenen vier Wochen hat sich die Zahl der Corona-Patient:innen in den Frankfurter Kliniken mehr als verdoppelt - genau wie im gesamten Bundesland Hessen. „Die Auslastung der Covid-19-Normalstationen sowie der Intensivstationen insgesamt ist insbesondere im Versorgungsgebiet Frankfurt-Offenbach sehr hoch“, sagt Jürgen Graf, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Uniklinikums Frankfurt, der auch den Planungsstab stationäre Versorgung im hessischen Sozialministerium leitet.
Auf den Frankfurter Intensivstationen wurden, Stand gestern, 42 Corona-Patient:innen behandelt, in den beiden Vormonaten waren es in der Monatsmitte jeweils 28, im August 10. Am 15. November vergangenen Jahres lagen 57 Corona-Kranke auf Frankfurter Intensivstationen. Auch die übrigen Indikatoren nähern sich den Werten des Vorjahres: Am 15. November 2020 mussten 19 Patient:innen künstlich beatmet werden, gestern waren es 15. 2020 hatten 21 Prozent der Intensivpatient:innen Corona, gestern waren es 17 Prozent. Der „weit überwiegende Teil“ der Covid-19-Patient:innen, die aktuell in Behandlung sind, ist laut Graf „nicht vollständig geimpft“.

Frankfurt: Delta-Variante lässt Inzidenz steigen
Auch bei der Inzidenz sieht es düster aus: Gestern lag sie in Frankfurt bei 267,9. Das sind 13,6 Ansteckungsfälle pro 100.000 Personen innerhalb von sieben Tagen mehr als am 15. November 2020, und nur 23,4 Fälle weniger als am Tag mit der höchsten Corona-Inzidenz in Frankfurt überhaupt, dem 9. November 2020. Insgesamt war die Inzidenz in der Stadt seit Beginn der Pandemie an nur sieben Tagen höher als gestern. Als Gründe nennt Udo Götsch, Leiter der Abteilung Infektiologie im Gesundheitsamt, die deutlich ansteckendere Delta-Variante. Zudem habe es 2020 lange Lockdowns gegeben, die nun nicht zur Debatte stehen.
Wenn sich der Trend fortsetze und die Fallzahlen weiter stiegen, sagt Graf, führe das zu einer „sehr starken Belastung der Kliniken, und die Kapazitäten für andere medizinische Leistungen müssen reduziert werden“. Die Betreuung von Corona-Kranken ist zeitintensiv, neues Personal gibt es kaum.
Um alle Notfallpatient:innen, egal ob mit Corona oder Herzinfarkt, gut versorgen zu können, sollte die Zahl der vorgehaltenen freien Intensivbetten nie unter zehn Prozent fallen. Das entspricht in Frankfurt im Moment etwa 27 Betten.
Frankfurt: Petition gegen Weihnachtsmarkt
Am Montag (15.11.2021) waren knapp 14 Prozent der Intensivbetten frei, allerdings war die Quote allein in der vergangenen Woche dreimal unter die kritische Marke gefallen. Sollten die Zahlen weiter steigen, so Graf, müsse das Uniklinikum seine Kapazitäten für Corona-Patient:innen wie im Winter 2020 noch einmal ausweiten. Dafür müssten zwar Stationen umorganisiert werden. Eine Aufteilung nach Gebäuden sei aber nicht wieder vorgesehen, „weil wir im Verlauf der Pandemie gelernt haben, dass wir eine sichere Versorgung gewährleisten können, ohne die Gebäude nach Covid- und Non-Covid-Patienten zu trennen“. In Anbetracht der Lage rät Graf zu Vernunft: „Das konsequente Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes sowie die Erhöhung der Impfquote können helfen, Infektionen zu vermeiden. Auch eine Reduktion der sozialen Kontakte – insbesondere in größeren Gruppen – ist sinnvoll.“
Unterstützung bekommt der Chef des Uniklinikums dabei von ganz unerwarteter Stelle: Die Bornheimerin Annette Ludwig hat am Mittwoch auf der Beteiligungsplattform change.org eine Petition gegen den Frankfurter Weihnachtsmarkt gestartet.
Auf dem Markt, der am kommenden Montag beginnt, soll grundsätzlich 3G gelten, es sind auch 2G-Bereiche am Roßmarkt und auf dem Friedrich-Stoltze-Platz geplant, so dass man ohne Maske Glühwein trinken kann. „Wir halten es für eine völlig verfehlte und fahrlässige Gefährdung der Gesundheit von vielen Menschen, aktuell einen Weihnachtsmarkt in Frankfurt stattfinden zu lassen“, schreibt Ludwig. Schließlich habe das Robert Koch-Institut (RKI) dringend empfohlen, Großveranstaltungen abzusagen. „Es ist sträflich, die Warnungen des RKI zu ignorieren!“ (Sarah Bernhardt)