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Frankfurt: Bäume weichen Grabstätten

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Von: Thomas Stillbauer

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Gefällte Bäume auf dem Hauptfriedhof.
Gefällte Bäume auf dem Hauptfriedhof. © Rolf Oeser

Auf dem Hauptfriedhof verdrängen Bauprojekte vier Eiben – das wirft Fragen auf.

Katharina Bornscheuer traute ihren Augen nicht, als sie sah, was auf dem Hauptfriedhof vor sich geht. Bäume werden gefällt, und der Magistratsvortrag M9 erklärt warum: Grabstätten sollen geschaffen oder erweitert werden, daher die Säge. „Warum wird das genehmigt?“, fragt Bornscheuer. „Kann da jeder kommen, eine Grabstätte bauen und dafür Bäume abhacken?“

Der Reihe nach. Die M9 listet auf, was die Stadtverordneten am 2. März beschlossen haben: Zur Erweiterung eines „aufwändigen Grabmals“ im Gewann Lindenweg 157-158 sollen drei Eiben mit Stammumfang zwischen 47 und 110 Zentimetern weichen, im Gewann HF III GG 18 zur Errichtung einer „großen, gestalterisch anspruchsvollen Erdwahlgrabstätte“ eine weitere Eibe mit 100 Zentimetern Stammumfang.

Der Fällung aller vier Bäume werde zugestimmt, lautet der Beschluss, auch jener zwei Eiben, die unter die Baumschutzsatzung fallen, weil ihr Umfang dicker als 90 Zentimeter ist. Immerhin habe der Hauptfriedhof 6111 Bäume, davon 1239 Eiben.

Die Privatperson mit den gestalterisch anspruchsvollen Plänen will eine Fläche für 15 Erdwahlgräber haben, etwa 50 Quadratmeter, „und darauf eine ebenso künstlerisch wie handwerklich ansprechende Grabanlage erstellen“, informiert der Magistrat. Offenbar wurde ein Alternativstandort offeriert, aber: „Nach verschiedenen Beratungsgesprächen und Vorschlägen“ bestehe der Antragssteller auf dem Platz nahe der Trauerhalle, heißt es im M9 weiter. „Die Fällung des genannten Baumes ist daher notwendig.“

Katharina Bornscheuer ärgert das. Im Ortsbeirat und im Umweltausschuss hat sie die Pläne kritisiert; das Stadtteilgremium vertagte sein Votum, der Ausschuss stimmte trotzdem zu. „Das ist genehmigtes Friedhofsgrabbing!“, moniert die Bürgerin in Anlehnung an den englischen Begriff land grabbing, der die unrechtmäßige Aneignung von Land bezeichnet.

„Wir müssen in der Klimakrise um jeden Baum kämpfen“, sagt Bornscheuer. Der Friedhof habe durch den Trend zum Urnengrab inzwischen viel freie Fläche. „Die Stadt könnte doch sagen: Nein, wir genehmigen das nicht, wenn dafür Bäume wegmüssen.“

Aus dem Grünflächenamt heißt es dazu auf FR-Anfrage, es sei nicht üblich, Bäume für Grabstätten zu fällen: „Es wird immer nach Alternativen gesucht, um den Baumbestand zu sichern.“ In diesen beiden Fällen sei es aber nicht möglich gewesen, einen alternativen Ort zu finden. Bei beiden Grabstätten handele es sich „um zukünftige baulich, handwerklich und künstlerisch aufwändige Großanlagen, welche die Bedeutung einer der herausragenden deutschen Friedhofsflächen in ihrer Grundfunktion noch einmal betonen“. Die Diversität der Bestattungsformen auf Friedhöfen sei wichtig, um auch wirtschaftlich zu alternativen Bestattungsanbietern wie dem Friedwald „konkurrenzfähig zu bleiben“.

Für die gefällten Eiben sollen ökologisch wertvolle Blütengehölze (Zieräpfel und Weißdorne) nachgepflanzt werden, kündigt das Grünflächenamt an.

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