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Frankfurt: Autobahnbau würde Tiere aus Teufelsbruch vertreiben

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Von: Thomas Stillbauer

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Protest im September gegen den Autobahnbau.
Protest im September gegen den Autobahnbau. © Renate Hoyer

Die Tierwelt wäre „nachhaltig beeinträchtigt“, wenn der Riederwaldtunnel wie geplant kommt. Wem der Wald fehlt, wenn er fällt, steht schon im Autobahnbauplan.

Die Vogelschutzwarte ist längst weg. Angrenzend ans Gelände lag sie früher an der Steinauer Straße am Rand des Teufelsbruchs. Dann wurde die Interessenvertretung der hessischen Gefiederten umgesiedelt nach Wetzlar. Und für das Wohl der Vögel vor Ort, aber auch für die Eidechsen, natürlich für die Fledermäuse und für die anderen Bewohner des kleinen Wäldchens, wer kämpft jetzt für sie? Die Waldbesetzerinnen und Waldbesetzer. Die Antiautobahnbewegung.

Der Wert eines Waldes, auch jener knapp 2,7 Hektar, die da gerodet werden sollen, ist unbestritten. Für Menschen ist der Wald Erholungsort und Ruhequelle, die Herzfrequenz sinkt, wenn wir zwischen Bäumen sind. Das hat die Wissenschaft bewiesen. Das würdigt auch der „Planfeststellungsbeschluss zur Änderung des Planfeststellungsbeschlusses für den Neubau der Bundesautobahn A 66 (Frankfurt am Main – Hanau) Teilabschnitt Tunnel Riederwald“. Kurz: der Plan der hessischen Landesregierung, den Riederwaldtunnel zu bauen und diese Bäume abzuholzen.

„Nachhaltig beeinträchtigt“

„Der Fechenheimer Wald mit der angrenzenden Parkanlage Teufelsbruch besitzt eine sehr große Bedeutung als Naherholungszone und wird von Spaziergängern, Radlern, Joggern, Hundebesitzern und auch von Reitern stark frequentiert“, steht im 632 Seiten starken Planfeststellungsbeschluss. Es ist ein ausgewogenes Papier, das die Folgen des Rodens benennt: „Durch die Baumaßnahme sind die Teilbereiche Fechenheimer Wald, Teufelsbruch und Erlenbruch des Grüngürtels der Stadt Frankfurt betroffen. Diese von Erholungssuchenden stark genutzten Teilräume werden durch die technische Überformung, die teilweise Beseitigung sowie durch ihre Zerschneidung nachhaltig beeinträchtigt.“

Wenn die Baustelle beendet, sprich: der Tunnel gebaut ist, sollen „die bauzeitlich in Anspruch genommenen Flächen des Landschaftsschutzgebietes“ so wiederhergestellt werden, dass „die ursprüngliche Nutzung weitgehend ermöglicht“ ist. Ob das in die Lebensplanung der Bechsteinfledermaus passt? Sie ist eine sogenannte stenöke Waldart, wie die Naturschutzbehörden anmerken, das heißt: Sie reagiert empfindlich auf Veränderungen dort, wo sie lebt. Und sie nutzt Teufels- und Erlenbruch für den regelmäßigen Wechsel zwischen Enkheimer/Fechenheimer Wald und Riederwald. Folge: „Den beiden Grünzügen kommt damit eine hohe Bedeutung für den lokalen Biotopverbund zu.“

Im weiteren Verlauf liest sich die Auflistung der Leidtragenden wie ein Wer-ist-wer der heimischen Waldökologie. Demnach sind die siedlungsnahen Grünflächen Lebensraum und Brutstätte etwa von Gartenrotschwanz, Türkentaube, Stieglitz und Girlitz, von Zwerg-, Breitflügelfledermaus und Zauneidechse. Weitere Lebensraumverluste und Beeinträchtigungen der Brut- und Nahrungshabitate treffen Gartenrotschwanz, Goldammer, Pirol, Grau-, Mittel- und Kleinspecht. Die Kleingärten am Teufelsbruch und die offenen Flächen seien zudem das Zuhause von Reptilien, informiert der Planfeststellungsbeschluss: „Mit dem Verlust dieser Flächen ist hier auch eine Zerstörung von Lebensräumen der streng geschützten Zauneidechse verbunden.“

Habicht, Schwarzmilan, Mauersegler, Schwarzspecht, Großes Mausohr, Rauhaut-, Mücken-, Wasserfledermaus – wen hatten wir noch nicht? Das Papier ist eine kaum enden wollende Liste von Tieren, die auf die Bäume angewiesen sind. Und kommt schließlich zu der Überzeugung: Bäume fällen, Autobahn bauen. Zur Kompensation sollen teils entlegene Flächen dienen, etwa das reaktivierte Altwasser im Fechenheimer Mainbogen.

Damit Vögel sich in der Bauphase nicht verfliegen und unter die Räder kommen, sollen ihnen „temporäre Überflughilfen und Leitstrukturen“ bereitgestellt werden, etwa Pflanzkübel. Während der Bauzeit sei auch damit zu rechnen, dass Schadstoffe ins Wasser gelangten: beim Verlegen eines Teilabschnittes des Teufelsbruchgrabens. „Hierbei besteht die Gefahr der Schädigung der in den Gewässern vorkommenden Lebensgemeinschaften.“

Aber jetzt ruhen die Arbeiten ja erst mal.

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