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Rabiater Polizeieinsatz: Auflösung von „Seebrücke“-Demo in Frankfurt war rechtswidrig

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Von: Hanning Voigts

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Diese Polizeiaktion hätte es nicht geben dürfen. FotO: dpa
Diese Polizeiaktion in Frankfurt hätte es nicht geben dürfen. © picture alliance/dpa

Mit einem rabiaten Einsatz beendet die Frankfurter Polizei eine Kundgebung des Netzwerks „Seebrücke“. Das Verwaltungsgericht entscheidet, dass das Vorgehen unzulässig war.

Frankfurt – Es war ein handfester und umstrittener Polizeieinsatz: Am 5. April vergangenen Jahres, kurz nach Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland, löste die Polizei eine Kundgebung des Netzwerks „Seebrücke“ am Frankfurter Mainufer auf. Rund 400 Menschen hatten sich damals auf beiden Mainseiten versammelt, um für die sofortige Räumung griechischer Flüchtlingslager zu werben – mit Protestschildern und Masken und in einer lockeren Menschenkette, um für den Infektionsschutz zu sorgen. Die Protestierenden wurden von der Polizei weggeschickt oder weggetragen, Personalien festgestellt.

Eineinhalb Jahre später hat das Frankfurter Verwaltungsgericht festgestellt, dass dieser Polizeieinsatz rechtswidrig war. Die Polizei und das Frankfurter Ordnungsamt seien davon ausgegangen, dass Demonstrationen und Kundgebungen wegen der Vorgaben zum Infektionsschutz generell verboten seien, stellte das Gericht in einem am Freitag veröffentlichten Urteil fest. Das Ordnungsamt habe deshalb auch gar keine einschränkende Verbotsverfügung erteilt, als die Anmeldung der Kundgebung per E-Mail einging. Am Tag selbst habe die Polizei über Lautsprecher durchgegeben, „aufgrund des Coronavirus wurden sämtliche Versammlungen verboten“.

Rabiater Polizeieinsatz in Frankfurt sorgt für Aufsehen

Diese Annahme entspreche jedoch „nicht der objektiven Rechtslage“, so das Gericht. Sowohl im Infektionsschutzgesetz als auch in den damals geltenden Verordnungen zur Bekämpfung des Coronavirus sei kein Versammlungsverbot geregelt – und das ganz unabhängig von der Frage, ob eine solche generelle Regelung juristisch überhaupt möglich sei. Die Versammlungsfreiheit ist in Artikel 8 des Grundgesetzes als Grundrecht geschützt und schwer einzuschränken. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig: Die Polizei kann Berufung beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel beantragen.

Die teils recht rabiate Auflösung der Kundgebung hatte im April vergangenen Jahres für Aufsehen und einige Kritik auch in der Frankfurter Rundschau gesorgt. Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) hatte das Vorgehen der Polizei dagegen verteidigt: Die Versammlung sei viel zu groß gewesen, um dem Infektionsschutz gerecht werden zu können, hatte Beuth im Innenausschuss des hessischen Landtags argumentiert. (Hanning Voigts)

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