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Frankfurt: Auf der Flucht mit sterbenskranken Kindern

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Von: Steven Micksch

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Thorsten Haase sorgt mit seinem Team für ukrainische Kinder.
Thorsten Haase sorgt mit seinem Team für ukrainische Kinder. © Renate Hoyer

Ein Frankfurter Hospizverein kümmert sich um ukrainische Familien, die mit lebensverkürzt erkrankten Kindern vor dem Krieg fliehen mussten. Besonders fehlende Rollstühle sind ein Problem.

Thorsten Haase ist sich sicher: „Die Betreuung von 20 Familien von jetzt auf gleich ist eine große Herausforderung.“ Doch der Projektleiter der Deutschen Kinderhospizdienste und sein Team wollen sich dieser Aufgabe stellen und die aus der Ukraine geflüchteten Familien mit den lebensverkürzt erkrankten Kindern helfen.

Seit einigen Wochen befinden sich rund 50 aus der Ukraine geflüchtete Familien im Airport-Hotel Kelsterbach in der Nähe des Frankfurter Flughafens. Territorial ist die Gemeinde Kelsterbach für sie zuständig. Sie hat aber den Frankfurter Hospizdienst angefragt, ob er helfen könne.

Kurz vor Ostern wurden die Familien aus dem Raum Kiew von der bayrischen Fritz-Kreuzer-Stiftung evakuiert. Fast alle haben Kinder mit schwersten Erkrankungen und teilweise eben auch lebensverkürzenden Erkrankungen. Momentan werden bundesweit Wohnungen für die Geflüchteten gesucht, doch bis diese Suche erfolgreich ist, möchte sich der Hospizdienst um die Familien mit den Kindern zwischen drei und siebzehn Jahren kümmern.

„Wir haben gerade zehn frisch ausgebildete Ehrenamtliche, die mit der Arbeit beginnen können“, sagt Haase. Er rechnet damit, dass man einen längeren Begleitzeitraum mitgestalten könne. Zunächst wird es jedoch darum gehen, alle kennenzulernen und die akuten Probleme der Familien zu lösen.

Denn viele mussten ihre Spezialrollstühle bei der Flucht zurücklassen. Beispielsweise die Kinder mit einer Tetraspastik (Lähmung aller vier Extremitäten) sind auf die Hilfsgeräte angewiesen, weil sie sonst nicht sitzen können. Zurzeit könnten sie im Hotel nur im Bett liegen. Haase möchte mit Spenden schnell und unkompliziert Abhilfe leisten, weil der Weg über die Krankenkassen zu langwierig sei.

Spenden und Ehrenamt

Wer das Projekt der Deutschen Kinderhospiz Dienste unterstützen möchte:
Spendenkonto: Frankfurter Volksbank: IBAN: DE52 5019 0000 6200 3636 45

Wer ehrenamtlich helfen möchte oder sich für eine Begleitung interessiert, kann sich per Telefon oder per E-Mail melden:

Deutscher Kinderhospiz Dienst Löwenzahn Frankfurt am Main,
Wittelsbacher Allee 21, 60316 Frankfurt am Main, Telefon: 069/247 541 200
kontakt@ambulanter-kinderhospizdienst-frankfurt.de
https://ambulanter-kinderhospizdienst-frankfurt.de/

Nächste Infoabende: 6. und 13. Juli 2022, Beginn 18.00 Uhr

Die Situation der ukrainischen Familien im Hotel sei aber gut. Der 60-Jährige hat sich selbst ein Bild davon gemacht. Es gibt eine Kinderbetreuung, Spielmöglichkeiten und zweimal wöchentlich eine ärztliche Sprechstunde. „Man kann nur den Hut ziehen vor dem, was die Verantwortlichen geleistet haben.“

Bei den Eltern herrsche dennoch Verunsicherung. Zum einen wegen der Situation in der Ukraine, zum anderen wegen der Kinder. Vielen falle es schwer, sich auf die Situation einzulassen. Sind die akuten Probleme behoben und die Familien in einer stabilen Situation, gehe es in die kinderhospizliche Begleitung und um die Entlastung der Familien im Alltag. Die Sprache stelle dabei nicht das Problem dar. „Häufig gibt es andere Wege der Kommunikation.“ Auch, weil manche Kinder wegen ihrer Beeinträchtigung gar nicht sprechen könnten oder über keinen großen Wortschatz verfügten. Trotzdem stehen im Hotel zwei Dolmetscher zur Verfügung, um mit den Eltern kommunizieren zu können. Ein elektronisches Übersetzungsprogramm leiste ebenfalls gute Dienste.

Durch die Betreuung der 20 Familien kämen auf den Dienst zusätzliche Kosten von 100 000 Euro zu, sagt Haase. Auch müssten zeitnah weitere Ehrenamtliche ausgebildet werden, um Frankfurter Familien zu betreuen. Dieser Tage beginnt in der Frankfurter Niederlassung des Hospizdienstes eine Koordinatorin mit der Arbeit. Sie wird verstärkt Netzwerke aufbauen, um die Familien in der Stadt zu erreichen. Angesichts der schieren Menge an Arbeit will Haase eine zweite Koordinationsstelle schaffen.

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