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Frankfurt: 5000 fordern mit den „Fridays“ die Verkehrswende

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Von: Thomas Stillbauer

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Zusammen und entschlossen: Demoteilnehmerinnen in Frankfurt.
Zusammen und entschlossen: Demoteilnehmerinnen in Frankfurt. © Christoph Boeckheler

„Fridays for Future“ und Verdi demonstrieren gemeinsam in Frankfurt. Es geht auch um die Energieform, die die Straßenbahn antreibt.

Etwas Denkwürdiges geschieht an diesem sonnigen Freitag in Frankfurt. Es ist Klimastreik, Großdemonstration in der Innenstadt, und erstmals seit Anbeginn der Zeit – oder sagen wir: nicht, dass wir uns an Ähnliches erinnern könnten – haben Polizei und Demoveranstaltung die gleiche Menge der Teilnehmenden gezählt: Etwa 5000 sind es demnach, die sich von der Alten Oper zum Römer bewegen.

Fehlt nur noch, dass sich auch die Ziele in der Gesellschaft angleichen. Wenn es nach den „Fridays for Future“, der Gewerkschaft Verdi und verbündeten Organisationen geht, dann ist das die Klimawende, und am Freitag speziell: die Verkehrswende, Schwerpunkt des globalen Frühjahrsklimastreiks.

Proviant: gerettete Lebensmittel

„Mobilität für alle“, steht auf dem Transparent, das am frühen Vormittag auf dem Bockenheimer Hülyaplatz schon mal probegeschwenkt wird. Nicht nur Mobilität, auch Kaffee, Croissants, Brezeln und Käsestangen gibt es für alle – kostenlos, weil von der Aktion „Food that’s left“ vor dem Wegwerfen gerettet.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) kriegt am Hülyaplatz schon mal ordentlich die Leviten gelesen. „Die Klimakrise eskaliert weiter, und der Verkehrsminister weigert sich, Maßnahmen zu ergreifen“, wettern die Leute von der Initiative „Offenes Klimatreffen“. Mobilität sei unfair organisiert, weil aufs Auto zugeschnitten, was zu immenser Flächenversiegelung für den Straßenbau führe. Aktivisti aus dem im Januar geräumten Protestcamp im Fechenheimer Wald sind da und kritisieren Naturzerstörung für Verkehr und Konzerne weltweit, aber: „In Deutschland fängt die ganze Scheiße an.“

MEHR STREIKS

Zu den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst gibt es in der kommenden Woche weitere Streiks. Am Internationaler Frauentag, Mittwoch, 8. März, sind Warnstreik im Sozial- und Erziehungsdienst angekündigt.

Die Gewerkschaft Verdi ruft zu einem bundesweiten Aktionstag auf. In Hessen gibt es in dem Zusammenhang Demonstrationen und Kundgebungen in Kassel, Marburg, Hanau, Frankfurt und Darmstadt.

In Frankfurt beginnt am Mittwoch um 13 Uhr ein „Care Walk“ vor dem DGB-Haus in der Wilhelm-Leuschner-Straße. Mehr zu den einzelnen Aktionen unter: hessen.verdi.de

Alexis Passadakis von Klima-Attac bezeichnet die Verkehrspolitik der Bundesregierung als Katastrophe und den Umstand, dass Frankfurter Straßenbahnen mit Kohlestrom fahren, als Debakel. Es gebe Ausbaupläne für alle Frankfurter Autobahnen: „Das müssen wir verhindern.“

Forderung: Gratis-ÖPNV

Dann geht es los, einschließlich eines „Gehzeugs“ – das ist ein tragbarer Holzrahmen mit den Ausmaßen eines Autos (also eines Fahrzeugs) und ähnlich schwer zu bändigen. Gleichzeitig machen sich weitere Sternmärsche aus dem Gutleut und vom Südbahnhof auf den Weg zur Alten Oper. Dort berichten die „Fridays“-Mitglieder Lea und Mika, dass die Zahl der Autos in Hessen zuletzt nicht etwa gesunken, sondern gestiegen sei. Wieso, fragen sie, „wenn doch klar ist, dass wir eine Verkehrswende brauchen, und zwar jetzt?“ Der öffentliche Nahverkehr sei dagegen „extrem unattraktiv“. Einen gut ausgebauten, klimafreundlichen und kostenlosen ÖPNV fordern daher viele Rednerinnen und Redner an diesem Tag. Die Demonstrierenden zeigen rote Klimakarten, was einen Platzverweis für neue Autobahnen bedeutet, Schilder wie „Es ist zu spät für schlechte Kompromisse“ und individuelle Bekenntnisse: „Enkel und Opa für Kohleausstieg in Europa“.

In Anwesenheit vieler streikender Verdi-Leute verlangt Viola Rüdele vom Bündnis Verkehrswende den Umstieg auf Ökostrom für die Bahnen, bessere Bezahlung für die Beschäftigten und Umverteilung: „Wir brauchen das Geld für ÖPNV, Fuß- und Radverkehr“, sagt sie – nicht für Autobahnbau. Eine Sprecherin der Verdi-Jugend sagt kämpferisch: „Wir lassen uns nicht einschüchtern“, auch nicht von Arbeitgebern, die die Kooperation mit den „Fridays“ eine „gefährliche Grenzüberschreitung“ genannt hätten. „Die einzige gefährliche Grenzüberschreitung ist, wenn wir das 1,5-Grad-Ziel bei der Klimaerwärmung nicht erreichen“, sagt sie.

Kilometerlange Staus

Auf dem Weg zum Römer tragen die Demonstrierenden ein Transparent mit dem Slogan „Wir fahren zusammen“ in der ersten Reihe. Es ist eine sympathische, eine liebenswerte Demo. Fahnen wehen, schöne Mützen werden gelobt und Kinder brüllen ihren Zukunftsanspruch in die Welt hinaus. Nur in manchen der Autos, die sich am Tag des U-Bahnstreiks kilometerweit stauen, dürfte sich die Zuneigung ein wenig in Grenzen halten. Falls die Leute in den Autos genug von Staus haben, sollten sie am heutigen Samstag die A648 meiden. Das Bündnis „Wald statt Asphalt“ will sich von der Brücke am Römerhof abseilen. Eine Zubringerdemonstration beginnt um 12 Uhr am Bahnhof Rödelheim.

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Die starke Generation, die das Klima rettet – wer denn sonst?
Die starke Generation, die das Klima rettet – wer denn sonst? © Christoph Boeckheler

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