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Feministin in der Kirche

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Treffen mit der Pfarrerin Anne Daur-Lyrhammer vom Frauenzentrum EVA. Wir sprechen über die theologisch-feministische Bildungsarbeit des EVA und die Kampagne „Eva wächst im Wandel“
Treffen mit der Pfarrerin Anne Daur-Lyrhammer vom Frauenzentrum EVA. Wir sprechen über die theologisch-feministische Bildungsarbeit des EVA und die Kampagne „Eva wächst im Wandel“ © christoph boeckheler*

Das Frauenbegegnungszentrum EVA stellt sich mit viel Bildungsarbeit neu auf – doch die Pfarrstelle soll gestrichen werden

Die Kombination kirchlich und feministisch ist erst mal ungewöhnlich. Aber für mich passen Kirche und Feminismus gut zusammen“, sagt Anne Daur-Lyrhammer. Seit 2013 leitet die 46-Jährige das evangelische Frauenbegegnungszentrum EVA in der Saalgasse. Als lesbische Pfarrerin habe sie die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) stets als offene, liberale, feministisch interessierte und engagierte Kirche wahrgenommen, sagt sie. „Ich finde es ganz wichtig, dass Frauen gerade in Kirchen ihren Platz haben, der ihnen eben auch zusteht. Auch aus der Geschichte heraus, dass Frauen viel Unterdrückung und Benachteiligung bis hin zu Missbrauch in verschiedenen Kirchen erlebt haben. Das EVA ist auch eine Art Aufholarbeit.“

Seit 1950 gibt es in Frankfurt das Frauenpfarramt, eine bis heute einzigartige Errungenschaft in der evangelischen Kirche in Deutschland. 1997 ist das EVA aus dem Zusammenschluss des evangelischen Pfarramtes für Frauenarbeit und der Bildungseinrichtung „Frau im Beruf“ (FiB) hervorgegangen. Ziel ist es, im Zentrum Frankfurts einen sichtbaren Ort für Frauen zu schaffen, der dem Austausch, der (queer-)feministischen Diskussion und der gegenseitigen Entwicklung und Bestärkung dient. EVA will die aktive Teilhabe von Frauen stärken und zu mehr Geschlechtergerechtigkeit in Gesellschaft und Kirche beitragen.

Das EVA ist Treffpunkt für alle Frauen, egal, ob religiös oder nicht. „Wir fragen nicht nach Glaubensüberzeugungen, wir sind interreligiös“, sagt Daur-Lyrhammer. Mit ihrer Kollegin Gotlind Ulshöfer teilt sie sich das Frauenpfarramt, hinzu kommt ein Team aus Politologinnen, Soziologinnen und Sozialpädagoginnen. Finanziert wird das EVA über die Kirchensteuer.

Im Herbst vergangenen Jahres hat sich das EVA einem Re-launch unterzogen, ist mit einer neuen Website online gegangen und versucht mit der Kampagne „EVA wächst im Wandel: Evangelische Bildungsarbeit: feministisch, digital, divers“ verstärkt auf seine theologisch-feministische Bildungsarbeit aufmerksam zu machen.

Wichtiger Aspekt dieser Neuausrichtung sei es, die Zielgruppe zu erweitern, sagt Daur-Lyrhammer, die das EVA in Studienzeiten kennengelernt hat. „Wir kommen aus dem 80er-Jahre-Feminismus. Wir versuchen uns jetzt breiter aufzustellen, um auch vermehrt junge Frauen anzusprechen, wollen aber gleichzeitig die Tradition nicht wegwerfen.“ Dass das EVA intergenerativ sei und Jung und Alt sich auf Augenhöhe begegnen, findet die Pfarrerin besonders schön.

Die Angebote reichen von Veranstaltungen zu Religion und Spiritualität über solchen zu häusliche Gewalt und Älterwerden, Kreativität, Freizeit und Kultur bis zu Gottesdiensten und Meditation. So gibt es einen feministischen Lesekreis, Diskussionsreihen, Filmabende aber auch Seelsorge, Yoga, Frauenorchester und Ausflüge.

Einmal im Monat hält Daur-Lyrhammer einen Frauengottesdienst in der Alten Nikolaikirche am Römerberg. Vieles läuft wegen der Pandemie aktuell digital. Da sei ihnen der Relaunch entgegengekommen, denn im Zusammenhang damit wurde ohnehin viele digitalisiert und die Mitarbeiterinnen beispielsweise in Zoom geschult, so die Pfarrerin.

Im Rahmen der neuen Kampagne ist zudem die Audiothek „hörbar.feministisch“ entwickelt worden, in der zwei Podcast-Reihen im Entstehen sind. Weitere Formate der Kampagne sind der digitale Treff EVA@Home und Workshops rund um das Thema „Gender“ für Schulklassen oder Konfirmationsgruppen. Bei der aktuellen Kampagne „EVA queer“ hat Daur-Lyrhammer, die auch Religion unterrichtet, mit Schulklassen die Ausstellung „G*tt w/m/d“ im Bibelhaus besucht. Mit Blick auf die allgemeine Entwicklung nimmt das EVA verstärkt Rassismus, Antisemitismus, Homophobie und Diversität ins Visier. „Unser Verständnis von Feminismus schließt Rassismus, Sexismus und alle anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit aus“, heißt es im Leitbild des EVA.

Im April 2021 hat die Synode der EKHN beschlossen, die Förderung und Finanzierung der Pfarrstelle für Frauenarbeit, die im EVA angesiedelt ist, 2025 einzustellen. „Das EVA an sich ist bisher Gott sei Dank nicht in der Diskussion“, sagt Daur-Lyrhammer. „Aber die Pfarrstelle ist auf der Streichungsliste. Wenn das wirklich so kommt, gäbe es das Bildungszentrum ohne Pfarrstelle. Dann müsste jemand anderes hier die Leitung übernehmen.“ Durch das Pfarramt habe das EVA für viele Frauen eine Art Gemeindestruktur, was durch die Streichung der Stelle wegfallen würde. Noch hat die Pfarrerin die Hoffnung, dass der Entschluss gekippt wird. „Wir versuchen durch gute Arbeit zu zeigen, dass das hier sehr wertvoll ist.“

Weitere Infos zu EVA gibt es online unter https://eva-frauenzentrum.de

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