„Es wird keinen Wandel in der Stadtpolitik geben“

Felix Wiegand von der Initiative „Grüne Lunge bleibt“ spricht im FR-Interview über die künftige Koalition.
Vor wenigen Wochen hatten zahlreiche Initiativen in einem offenen Brief ihre Forderungen an die nächste Stadtregierung aufgezählt. Das Schreiben richtete sich an die Parteien in einem möglichen Linksbündnis. Doch dazu wird es wohl nicht kommen. Der Sozialwissenschaftler und Stadtforscher Felix Wiegand, der unter anderem in den Initiativen „Grüne Lunge bleibt“ und „Stadt für alle“ aktiv sowie in der Interventionistischen Linken organisiert ist, spricht im FR-Interview über seine Erwartungen an die Kommunalpolitik.
Herr Wiegand, sind Sie enttäuscht, dass es nun wohl doch kein Linksbündnis im Römer geben wird?
Nicht wirklich. Natürlich ist eine Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt, wie sie sich jetzt anbahnt, nicht unsere Wunschlösung. Bei einem Linksbündnis wären die Wege in die Politik für die Initiativen kürzer. Aber auch in dieser Koalition hätte gegolten: Fortschritte hin zu einer gerechten Stadt und einer progressiven Politik werden von unten, aus der Gesellschaft erkämpft, nicht von oben gewährt. Und die Entscheidung der Grünen gegen die Linken hat mich auch nicht überrascht.

Warum nicht?
Die Grünen wollen Volkspartei sein, deshalb konzentrieren sie sich auf die sogenannte politische Mitte. Von linker Politik ist da kaum etwas übrig geblieben, letztlich geht es ihnen um eine grüne Modernisierung des Kapitalismus. Die Hoffnungen in die Grünen waren immer schon übertrieben.
Hat vielleicht Ihr Brief dazu beigetragen, dass sich die Grünen so entschieden haben? Sie haben aufgezeigt bekommen, dass die Erwartungen an ein Linksbündnis riesengroß, womöglich unrealistisch groß sind. Die Stadt Frankfurt sollte viel mehr Geflüchtete aufnehmen, nur noch geförderte Wohnungen bauen, den kostenlosen ÖPNV einführen …
Ich glaube nicht, dass die Grünen ihre Entscheidung von einem einzelnen Brief abhängig machen. Wir haben aber gezeigt, was alles ansteht, damit Frankfurt eine Stadt für alle wird. Und davor schrecken die Grünen zurück. Man kann keine entschlossene Wohnungspolitik für Menschen mit mittleren oder geringen Einkommen machen und gleichzeitig mit den Investoren kuscheln.
Sehen Sie es als Fortschritt, dass die CDU nicht mehr Teil der Stadtregierung sein wird?
Dass wir von einer sozialen und gerechten Stadtgesellschaft weit entfernt sind, haben auch SPD und Grüne zu verantworten. Aber die CDU stand schon für besonders repressive Politik. Allen voran ihr Ordnungsdezernent Markus Frank, der rassistische Polizeikontrollen unterstützt und wohnsitzlose und drogensüchtige Menschen im Bahnhofsviertel massiv unter Druck gesetzt hat. Dass er keine Verantwortung mehr trägt, ist gut.
Was erwarten Sie sich jetzt von einem Mitte-links-Bündnis?
Zunächst einmal führt der Begriff in die Irre. Mit einer FDP in der Regierung wird man keine progressive und linke Politik machen können. Es wird leider keinen klaren Wandel in der Stadtpolitik geben. Die Regierung wird weiterhin versuchen, Brexit-Banker nach Frankfurt zu holen, obwohl dann Menschen mit geringeren Einkommen ihre Wohnung verlieren. Wir werden weiter Druck machen, denn es gibt ja auch Erfolge. Dass die grüne Lunge nun aller Voraussicht nach bleibt, haben wir erkämpft.
Interview: Georg Leppert