Equal Pay Day in Frankfurt: „Schluss mit der Lohnungerechtigkeit“

Am Equal Pay Day fordern Frauendezernentin Heilig und Künstlerinnen gleiche Bezahlung für Frauen und Männer. Aber auch einen größeren Frauenanteil, denn gerade in der Kreativ-Branche werden Frauen oft gar nicht erst gebucht oder angestellt.
Wie hoch ist der Frauenanteil in Spitzenorchestern?“ Als Antwortmöglichkeiten gibt es auf der Quizkarte folgende Optionen: A: 22 Prozent; B: 34 Prozent oder C: 41 Prozent. Die richtige Antwort steht auf der Rückseite: Es sind ernüchternde 22 Prozent. Die Karten liegen am Dienstagmittag unweit der Katharinenkirche an der Hauptwache aus. Einen Tag vor dem Internationalen Frauentag ist der Equal Pay Day.
Die Frankfurter Frauendezernentin Rosemarie Heilig (Grüne) sagt gleich zu Beginn, dass es „beschämend ist“, dass Frauen und Männer in einem Land wie Deutschland immer noch so ungleich entlohnt werden. Das bundesweite Motto „Die Kunst der gleichen Bezahlung“ stellt die Kunst- und Kulturbranche in diesem Jahr in den Fokus. „Die Unterrepräsentanz von Frauen im Kunst- und Kulturbetrieb ist eine der vielen strukturellen Ursachen, die zu einer eklatanten Lohnungleichheit in vielen künstlerischen Berufsfeldern führen“, so Heilig. Hinzu käme oft Diskriminierung wie beim Thema Frauen und Alter. „Schauspielerinnen haben meist Probleme überhaupt noch Rollen zu bekommen, wenn sie über 50 sind“, sagt Heilig.
Sie und das Team des Frauenreferats fordern „Schluss mit der Lohnungerechtigkeit, schließt die Lücke“, Das gelte für alle Berufsbranchen. Denn laut Statistischem Bundesamt haben Frauen im Jahr 2022 im Schnitt 18 Prozent weniger pro Stunde brutto verdient. Betrachtet man den Lohn von Männern und Frauen mit vergleichbarer Tätigkeit, haben Frauen immer noch sieben Prozent weniger verdient. „Im Kunstbereich ist der Unterschied noch größer“, sagt Heilig. So verdienten freie Theaterregisseurinnen 39 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Auch das steht auf einer Quizkarte, „Ein Problem ist, dass viele eben gar nicht wissen, dass es solche Ungleichheiten gibt. Wir wollen diese Stimmen auf der Straße hörbar machen“, sagt Timnit Schäfer-Ghirmai vom Frauenreferat. Um die Wut und Empörung publik zu machen, erzählen sieben Frankfurter Frauen aus der Kreativbranche in einer Videoinstallation an der Hauptwache über ihre Erfahrungen. Einige von ihnen sind an dem Tag persönlich da, unter ihnen Salome Roessler und Angelika Zinzow vom Frankfurter Female Photoclub. Roessler betont, dass der Photoclub nicht nur ein Ort sei, wo sich Fotografinnen vernetzten, sondern eben auch ohne Männer in einem geschützten Raum über Honorar-Ungleichheit sich austauschen können. „Auch das hat mir geholfen, dass ich selbstbewusster bei Honorarverhandlungen auftrete.“
Equal Pay Day und Weltfrauentag
Weniger als die Hälfte der hessischen Frauen mit Kindern unter sechs Jahren ist im Jahr 2021 erwerbstätig gewesen. Von den 133 000 erwerbstätigen Müttern waren rund drei Viertel (74,5 Prozent) in Teilzeit beschäftigt, wie das Statistische Landesamt am Dienstag mitteilte. Der Anteil von 48,6 Prozent der erwerbstätigen Mütter mit kleinen Kindern sei im Vergleich zum Jahr 2011 nahezu unverändert geblieben. Die Erwerbstätigenquote bei Männern mit Kindern unter sechs Jahren sei dagegen deutlich höher gewesen. Im Jahr 2021 habe die Quote 88,5 Prozent betragen. Von den 208 000 erwerbstätigen Vätern hätten 7,8 Prozent in Teilzeit gearbeitet. dpa/rose
Die 520-Euro-Arbeit ist weiblich : Von den rund 82 990 Mini-Jobs in Frankfurt sind 56 Prozent in Frauenhand – in der Nahrungsmittelindustrie liegt der Anteil sogar bei 61 Prozent. Auch die rund 163 360 Teilzeitstellen werden zu 69 Prozent von Frauen gemacht. Das teilte die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten mit. Hendrik Hallier, Geschäftsführer der NGG-Region Rhein-Main, spricht von einer „Lohn- und Renten-Falle“. Ziel müsse es sein, die Lohnscheren zwischen Männern und Frauen zu schließen. „Wie dick die Lohntüte ist, das darf nicht vom Geschlecht abhängen. Aber auch nicht davon, wie gut jemand das Lohnpokern beherrscht. Wir brauchen ein neues ‚Lohn-Fair-Play‘“, so Hendrik Hallier.
Am heutigen Weltfrauentag gibt es einige Veranstaltungen in Frankfurt. Ziel der Demonstration, zu der ein breites Bündnis aus (queer)feministischen und internationalistischen Gruppen ab 17 Uhr an der Konstablerwache aufruft, ist es, die Aufmerksamkeit auf feministische Kämpfe im Iran, aber auch in Deutschland, Europa und weltweit zu lenken.
Beim Feministischen Kampftag im Internationalen Theater, Hanauer Landstraße 5 -7 gibt es ab 19 Uhr Gespräch, Lesung mit anschließendem Tanzen. Preise und Tickets auf: www.internationales-theater.de
Zinzow sagt: „Bis heute ist es so, dass große Produktionen meist immer noch an Männer vergeben werden. Mit Ausnahme von Magazinen wie ‚Eltern‘ sind es meist Fotografen, die die Titelseite fotografieren. Bei Werbung sieht es nicht viel besser aus.“ Ein Grund sei, dass Redaktionen und andere Auftraggeber eben noch meist männlich besetzt seien. Beim Female Photo Club gibt es zudem auch Informationen darüber, dass freie Fotografinnen, wenn sie in der Künstlersozialkasse sind, ein Recht auf Kinderkrankentage und somit Bezahlung haben. „Das wusste ich lange nicht, weil es keine richtige Info dazu gab. Jetzt ist mein Sohn schon elf Jahre alt“, sagt Zinzow.
Neben ihr stehen Lathivia und Johanna von der siebenköpfigen Female DJ Crew GG Vybe, die später mit anderen Künstlerinnen hier auftreten werden. Zuvor berichten sie davon wie männliche Kollegen ihnen ungefragt ins DJ Pult griffen, weil ihnen als Frauen Technik oft nicht zugetraut werde. Lathivia erzählt auch wie ein Veranstalter sie bat, ihm doch andere Fotos für die Ankündigung ihres Auftritts zu schicken: „Denn da hast du ja einen Hoodie an.“