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Einzelhandel Frankfurt: Abschied von der Siegerwurst

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Von: Oliver Teutsch

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Inhaber Michael Ebert in der Filiale auf der Frankfurter Freßgass´. Foto: Michael Schick.
Inhaber Michael Ebert in der Filiale auf der Frankfurter Freßgass´. © Michael Schick

Die beliebte Metzgerei Ebert schließt im Sommer nach 115 Jahren in der Innenstadt. Umsätze sanken, Auflagen nahmen zu, Personal ist knapp.

Der Aufschrei ist groß in Frankfurt. Die Metzgerei Ebert mit dem Feinkostladen auf der Freßgass`macht in einigen Monaten zu. „Die Kunden haben Tränen in den Augen“, sagt Anna Ebert, die Mutter von Inhaber Michael. Anna Ebert arbeitete rund 60 Jahre für das Familienunternehmen, das 1908 gegründet wurde und seinen Stammsitz seit 1938 in der Großen Eschenheimer Straße hat.

Im August soll nun Schluss sein. Leicht hat sich Inhaber Michael Ebert die Entscheidung nicht gemacht. „Ich habe zwei Jahre mit mir gerungen“, sagt der Metzgermeister, der sein Handwerk im Familienbetrieb erlernte. Gründe dafür, sowohl das Stammhaus in der Großen Eschenheimer Straße als auch die Filiale auf der Freßgass zu schließen, gibt es Ebert zufolge mehrere. „Wir haben wie überall im Handwerk Personalmangel.“ Metzgereien seien für junge Leute nicht mehr sehr attraktiv. Das wirke sich auf der Suche nach Fachpersonal aus, aber auch bei der Suche nach Studierenden für Aushilfsjobs.

Generell ist die ganz große Zeit der Metzgereien vorbei. Das Verbraucherverhalten hat sich geändert, vegetarische und vegane Speisen werden immer beliebter. Die goldenen Zeiten waren laut Ebert in den 1960er und 1970er Jahren. Die hat der 57-Jährige gar nicht selbst im Handwerk erlebt. Aber in seiner Ära ist die Nachfrage nach Wurst kontinuierlich zurückgegangen. Früher, erzählt Ebert, habe er 150 Kilo Fleischwurst in der Woche verkauft. Aktuell seien es etwa 60. Damit ist die Fleischwurst noch einer der beliebtesten Artikel, nur noch getoppt von den Frankfurter Würstchen, die bei Ebert einfach nur „Siegerwürstchen“ heißen, nachdem die hauseigene Wurst zweimal zur besten ihrer Art gekürt worden war.

Der Umsatz sank, die Auflagen und Hygienevorschriften indes wurden immer größer, hadert Ebert, der das teilweise schon als „Schikane“ empfunden hat. Um dem Personalmangel vorzubeugen, hat Ebert schon im Januar 2022 nach 18 Jahren die Suppenstube auf der anderen Seite der Freßgass eingestellt. Doch auch das half nicht, denn das Geschäft mit der eigenen Wurstproduktion im Keller der Großen Eschenheimer Straße und dem Mittagstisch ist personalintensiv. „Bei so vielen Mitarbeitern muss es von morgens bis abends brummen, dann geht das auf“, sagt Ebert. Nun sei den Beschäftigten zum 31. August gekündigt worden. Falls viele von ihnen vorher schon etwas anderes finden, müsste Ebert vielleicht noch früher schließen.

An der steigenden Miete übrigens, wie so häufig im Frankfurter Einzelhandel, habe es nicht gelegen, verrät Ebert. Die Miete auf der Freßgass´sei fair, das Haus in der Großen Eschenheimer Straße ist ohnehin Eigentum. Was Ebert nach der Schließung machen will, weiß er noch nicht: „Das lasse ich auf mich zukommen“, sagt er.

Doch noch läuft der Betrieb. „Wie gehts?“, fragt Anna Ebert einen Stammkunden. „Besser als Euch und das ist traurig“, antwortet der Gefragte.

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