Ein Dorf im Dorf

Im Niederfeld werden Wohnungen für Migrantenfamilien und Senioren fertiggestellt.
Nächste Woche können die Flüchtlingsfamilien in ihre neuen Wohnungen umziehen. Dann können sie endlich ihre Unterkünfte verlassen, in denen die meisten mit der ganzen Familie ein Zimmer bewohnt, in Hochbetten geschlafen und sich Küche und Bad mit anderen geteilt haben. Dass in Zeiten von großer Wohnungsnot ein Teil der beliebten Neubausiedlung Im Niederfeld in Frankfurt-Harheim zur Flüchtlingsunterkunft wird, fanden nicht alle Harheimer gut, dabei könnte das „Kultur- und Generationsübergreifendes Wohnen“ unter der Trägerschaft des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) ein Vorzeigeprojekt in Sachen Integration werden.
„Die Bewohner werden vom Sozialdezernat nach dem größten Bedarf ausgewählt. Auch von der Geschäftsführung des Roten Kreuzes weiß ich, dass die Entscheidung, wer genau einzieht, erst ganz kurzfristig fällt“, sagt Ortsvorsteher Frank Immel (CDU). Bisher sei nur klar, dass geflüchtete Familien in den Stadtteil im Norden ziehen werden, die schon in Frankfurt untergebracht sind.
Doch im Konzept der ersten Harheimer Flüchtlingsunterbringung sind auch Bewohner ohne Fluchterfahrung fester Bestandteil. Der gemeinnützige Verein Hestia mietet 25 Wohnungen im selben Komplex an, die für Menschen ab 55 Jahren reserviert sind. „Aufgeschlossene Einzelpersonen und Paare, Harheimer bevorzugt“, betont Beatrice Scherzer von Hestia. „Da steckt ein Dorf-Gedanke dahinter.“
„Eine schöne Freifläche, auf der die Bewohner sich treffen können, bietet der Innenhof. Dort soll ein Grillplatz, ein Pavillon und eine Sandfläche für die Kinder entstehen“, sagt Beatrice Scherzer. „Es gibt auch einen Kreativraum.“ Ein weiterer Gemeinschaftsraum steht allen zur Verfügung. Dafür gäbe es viele Veranstaltungsideen, wie gemeinsames Essen, so die Sprecherin des Hestia-Vereins. „Die möchten wir dann auch nach Harheim öffnen.“ So könne die Entstehung einer Parallelwelt vermieden werden, sagt Sylvie Berlit, stellvertretende Geschäftsführerin des DRK. „Im Sommer, wenn alles fertig ist, soll es ein Fest geben.“
Sozialarbeiter der Stadt und des Roten Kreuzes werden ganztägig vor Ort präsent sein. „Die Betreuung beinhaltet Hausaufgabenhilfe für Kinder, aber auch Hilfestellung beim Deutschlernen“, sagt Sylvie Berlit. „Lotsen sollen den Kontakt zu Vereinen erleichtern und der Kulturverein hat zeitnah einen Rundgang geplant, um den Stadtteil zu erkunden.“ Sie teilt die Erfahrung, die Stimmung vor Ort würde sich entspannen, sobald die Nachbarn sich kennengelernt haben.
„Wir hatten hier keine besonders ausgeprägten Einwände. Den Eindruck, der entstanden ist, finde ich auch nicht ganz richtig“, nimmt der Ortsvorsteher Frank Immel die Harheimer in Schutz. Bei Ortsbeiratssitzungen in der Vergangenheit äußerten Bewohner ihre Bedenken – und blieben dabei nicht immer sachlich. „Die Diskussion, ob man das jetzt sinnvoll findet oder nicht, ist seit zwei Jahren abgeschlossen und eine Entscheidung gefallen“, sagt Immel.
Viele weitere und wichtige Entscheidungen werden jetzt an einem Runden Tisch getroffen, an dem momentan etwa 15 Personen beteiligt sind: Projektverantwortliche, aber auch Ehrenamtliche von Initiativen, Vereinen und Kirchengemeinden, die sich für eine gelungene Integration im Stadtteil stark machen wollen. Ortsvorsteher Frank Immel ist sicher, dass die 5000 Harheimer ihre neuen Nachbarn – die rund 90 Geflüchteten und 40 Senioren – gut in ihrer Mitte aufnehmen werden.