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Die Tränen Allahs

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Von: Stefan Behr

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Nun stellt die Drohung, einer ehrlichen, aber unterbezahlten Arbeit nachgehen zu müssen, für Juristen zwangsläufig ein empfindliches Übel dar. Eine Beleidigung ist es nicht.
Manchmal kann man am Amtsgericht noch was lernen. Etwa Beleidigungen. © Peter Juelich

Eine Insultfluencerin, Kartenkontrolleurskritikerin und Sprühaktivistin präsentiert sich dem staunenden Amtsgericht.

Am 28. Februar 2022 hatte Mokthar el-A. eine Art Damaskus-Erlebnis. Der Fahrkartenkontrolleur wollte in der S4 die Fahrkarten von Soha al-S. und ihrer Freundin kontrollieren. Diese aber hatten keine, stiegen aus und versuchten, dem Kontrolleur per pedes zu entfleuchen. Als der ihnen hinterhereilte, stellte ihn al-S. zur Rede: „Hast du keine Ehre? Was denkt Allah von dir?“

Und wahrlich, als el-A. darüber nachdachte, da schossen ihm Tränen in die Augen, und er hub an ein großes Wehgeschrei, und „mein Hals hat gebrennt“, erinnert er sich am Donnerstagmorgen im Zeugenstand des Amtsgerichts. Das aber habe nichts mit Allah zu tun gehabt, sondern damit, „dass die Dame mich gepfeffert“ habe.

Darum sitzt Soha al-S. wegen gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung auf der Anklagebank. Und das nicht zum ersten mal. Die 26-Jährige, die mangels Arbeit bei ihrer Mutter wohnt, ist kein Kind von Traurigkeit. Neben Autofahren unter Drogen und Schwarzfahren hat sie sich vor allem auf die Kunst der Beleidigung spezialisiert.

Im Haus der Familie ihres Kindsvaters, dessen Vater dort stets am offenen Fenster hockt, fährt sie gerne mal mit dem Auto vor, um den alten, eher traditionellen Muslim dann mit lauter weltlicher Populärmusik zu beschallen. Oder sie sucht das direkte Gespräch und informiert den Senior, dass sie seine „ganze Familie abstechen und ihre Gedärme auf der Straße verteilen“ und danach noch die Bude abzufackeln gedenke. Die Familie des Kindsvaters findet das unangebracht und fragt sich gewiss, ob Soha al-S. möglicherweise keine Ehre habe – und was Allah so von ihr denken möge.

Langsam wird die Schulklasse munter

Vielleicht nicht mehr das Beste, seit al-S. in Alt-Sachsenhausen Polizisten mal als „Nazischweine“ tituliert und wahrheitswidrig behauptet hatte: „Ihr habt meine Großeltern vergast! Ich bin Jüdin! Wenn eine Jüdin sauer wird, gibt’s Ärger!“ Die Frau hat zwar zwiefachen Migrationshintergrund (Jordanien/Offenbach) und eine chronische Gemütsübersäuerung, ist aber keine Jüdin, nicht mal väterlicherseits.

Als der Amtsrichter dann noch verliest, dass die Angeklagte in einem Streit ihrer Kontrahentin versprochen hatte: „Ich ficke alles, was du hast, du Hässlichkeit!“ muss nicht nur die Angeklagte eingedenk der schönen Erinnerung laut losprusten, auch die anfangs etwas gelangweilt wirkende Schulklasse im Zuschauersaal wird wacher, weil man hier noch was für’s Leben lernen kann.

Im Laufe des Prozesses stellt sich heraus, dass auch Kontrolleur el-A. sich schuldig gemacht hat – entweder der Gotteslästerung oder des Schwänzens des Deutschkurses: „Ich habe die Dame gebetet, dass sie Fahrschein zeigt.“ Aber alles Beten habe nichts geholfen. Das el-A. stocktaub ist und an Gedächtnisschwund leidet, macht seine Vernehmung auch nicht einfacher, aber lustiger und ist durch seine 71 Lenze entschuldbar.

Der Prozess nimmt eine überraschende Wendung, als al-S.s Mitschwarzfahrerin im Zeugenstand überraschend aussagt, nicht ihre damalige Freundin (mittlerweile hätten sie sich entfreundet), sondern sie es gewesen sei, die Mokthar el-A. mit einem ihrer drei mitgeführten Reizstoffsprühgeräte „gepfeffert“ habe. In diesem Moment fällt Soha al-S., die zuvor die Verhandlung entgegen ihrem Naturell schweigend verfolgt hatte, plötzlich wieder ein, dass das eine Pfefferspray, das sie dabei hatte, ja noch unbenutzt gewesen sei, auch nach dem Vorfall.

Der Polizist, der sämtliche Pfeffersprays der beiden Frauen damals einkassiert hatte, soll nun am nächsten Verhandlungstag als Zeuge gehört werden. Und wenn er in Soha al-S.s Ohren falsch Zeugnis wider sie ablegen sollte, dann gnade ihm Gott, welcher auch immer.

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