Demo gegen den Iran

Etwa 100 Menschen protestieren und kritisieren die Bundesregierung. Die Frankfurter SPD fordert ein Signal der Stadt
Shahnaz Morattab ruft laut in das Mikrofon: „Zan Zendegi Azadi“ – „Frauen, Leben, Freiheit“. Die Demonstrierenden auf dem Opernplatz an diesem bewölkten Samstagmittag wiederholen die Rufe der Iranerin, halten Schilder und Plakate in die Höhe. Es sind keine Massen, vielleicht etwa 100 Menschen.
Einige Passant:innen laufen an der kleinen Demo vorbei, erkennen die gestreiften Flaggen in den Farben Grün, Weiß und Rot und hören die Ballade Baraye, die zur Hymne der iranischen Revolution geworden ist, über die Lautsprecher. Sie formen im Vorbeigehen das Peace-Zeichen als Zeichen der Solidarität. Die Demonstrierenden erwidern das Zeichen, halten ihre Hände in die Höhe. „Hoch die internationale Solidarität“, ruft Morattab.
Denn auch wenn sich die deutsche Bevölkerung mit der Revolution solidarisiert, die bisherige Unterstützung der Bundesregierung reicht den Iranerinnen und Iranern nicht aus. Die Sanktionen seien zu zögerlich, der politische und diplomatische Druck auf die Führung in Teheran müsse noch stärker werden. „Wir erwarten eine klare Stellungnahme der Bundesregierung“, fordert eine Rednerin.
Abgesehen von den Forderungen an die deutsche Regierung, wollen die Menschen vor der Alten Oper in erster Linie „die Forderungen der iranischen Bevölkerung verteidigen“, sagt Shahnaz Morattab. Sie war selbst eine politische Gefangene, wurde im Gefängnis gefoltert. Mittlerweile lebt sie seit mehreren Jahren in Deutschland und will sich von hier aus für die sofortige und bedingungslose Freilassung aller politischen Gefangenen starkmachen, für den Schutz der Menschen- und speziell der Frauenrechte. Neben zahlreichen Männern sieht man am Samstag viele junge Frauen, die die Gleichstellung einfordern. Nach dem Tod der 22 Jahre alten Kurdin Mahsa Amini im September vergangenen Jahres, die belangt wurde, weil sie ihr Kopftuch nicht richtig trug, legen nun viele Frauen ihres ab. Sie wollen ihre Haare nicht länger verhüllen, wollen sich zeigen, ihre Stimme laut werden lassen. Aus diesem Grund führte das Verhalten der Schweizer Botschafterin, Nadine Olivieri Lozano, zu Verärgerung und Aufregung in der Protestbewegung, denn sie besuchte am letzten Mittwoch die religiöse Pilgerstadt Ghom im Iran – und das in einem Ganzkörperschleier.
Dies wird als Unterstützung des Regimes ausgelegt und sorgte am Samstag für Unverständnis unter den Demonstrierenden. „Es ist beschämend“, sagt Morattab, „während doch alle Frauen ein Zeichen setzen wollen, indem sie ihren Schleier ablegen, ist die Botschafterin diejenige, die einen sogenannten Tschador trägt.“ Deshalb wollen sie und weitere Iranerinnen und Iraner am kommendes Wochenende vor dem Schweizerischen Generalkonsulat in Frankfurt protestieren. Für sie ist ein für alle Mal klar: „Das Terrorregime muss weg“, es sei, „mörderisch und terroristisch“.
Die Frankfurter SPD im Römer fordert derweil, dass die Stadt nicht länger mit dem Iran über einen Grundstückstausch verhandeln solle, der die Anlage eines iranischen Gartens mit Teehaus am Konsulat an der Raimundstraße ermöglichen würde. Nach ihrer Ansicht sollte die Stadt stattdessen ein Enteignungsverfahren für das dem Iran gehörende unbebaute Gelände an der Stadtteilgrenze von Ginnheim und Dornbusch einleiten. Nicht zuletzt, um ein Signal zu setzen.
„Ich wünsche mir einen Garten der Menschenrechte anstatt eines Teehauses für ein Unrechtsregime, das wahllos Todesurteile verhängt“, sagt der Stadtverordnete Simon Witsch. Mit einem „illegalen Unrechtsregime, das Krieg gegen das eigene Volk führt“, verhandele man nicht. Die Abbruch der Gespräche sei somit „die einzige mögliche Konsequenz“.
Für die Forderung nach einer Enteignung nennt Witsch andere Gründe. Der Iran lasse das Grundstück seit Jahrzehnten brachliegen und komme somit seiner Verantwortung offenkundig nicht nach, kritisierte der planungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion. Die Menschen im Viertel wünschten sich eine öffentlich zugängliche Grünfläche, die Teil des Grünzugs „Grünes Ypsilon“ werde, der Ginnheim und den Dornbusch verbindet. „Es ist den Bürger:innen nicht vermittelbar, dass ein Staat seit Ewigkeiten ein Grundstück brachliegen lässt, während wir Grünflächen dringend brauchen“, sagte Witsch. (Katharina Kleint und Christoph Manus)